Betriebsrat gründen – Wie gründet man einen Betriebsrat?

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In § 1 Absatz 1 Satz des Betriebsverfassungsgesetzes heißt es:

„In Betrieben mit in der Regel mindestens fünf ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen drei wählbar sind, werden Betriebsräte gewählt.“

Diese gesetzliche Formulierung hört sich so an, als würden in allen Betrieben mit der erforderlichen Anzahl an Arbeitnehmern ganz automatisch Betriebsräte gewählt. Dem ist leider nicht so. Vielmehr müssen in einem Betrieb, in dem es noch keinen Betriebsrat gibt, die Arbeitnehmer selbst die Gründung eines Betriebsrats aktiv vorantreiben. Dies ist nur dann anders, wenn ein Betrieb zu einem Unternehmen oder Konzern gehört, in dem es schon einen Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat. In diesen Fällen ist es die Aufgabe des Gesamt- bzw. Konzernbetriebsrats, in den zu dem Betrieb bzw. Konzern gehörenden noch betriebsratslosen Betrieben die Gründung eines Betriebsrats einzuleiten.

Voraussetzungen für die Gründung eines Betriebsrats

Damit Ihr bei Eurem Arbeitgeber einen Betriebsrat gründen könnt, müssen nur drei Voraussetzungen erfüllt sein, die in den meisten Fällen völlig unproblematisch gegeben sind:

  1. Ihr müsst bei einem privaten Arbeitgeber angestellt sein.
  2. Es darf noch keinen für Euch zuständigen Betriebsrat geben.
  3. Es muss bei Euch mindestens fünf Arbeitnehmer geben

Privater Arbeitgeber

Damit Ihr einen Betriebsrat gründen könnt, müsst Ihr bei einem privaten Arbeitgeber angestellt sein. Wenn Ihr in der öffentlichen Verwaltung arbeiten solltet, könnt Ihr keinen Betriebsrat gründen. In der öffentlichen Verwaltung gibt es keine Betriebsräte, sondern Personalräte.

Wenn Ihr bei einem privaten Arbeitgeber beschäftigt seid, könnt Ihr einen Betriebsrat gründen, ganz egal, welche Rechtsform Euer Arbeitgeber hat:

Es ist völlig egal, ob Euer Arbeitgeber z.B. eine GmbH ist, eine Aktiengesellschaft, eine KG, eine GmbH & Co. KG, eine OHG, ein eingetragener Verein, ein Einzelkaufmann (e.K) oder eine ganz normale natürliche Person, z.B. Herr Müller oder Frau Meier.

Betriebsratsloser Betrieb

Ein Betriebsrat kann nur für solche Organisationseinheiten eines Arbeitgebers gegründet werden, die einen eigenständigen Betrieb darstellen, für den es noch keinen Betriebsrat gibt. Wenn Ihr in einem Betrieb beschäftigt seid, für den es bereits einen Betriebsrat gibt, dann könnt Ihr für diesen Betrieb keinen zweiten Betriebsrat gründen. Für ein und denselben Betrieb kann es immer nur einen Betriebsrat geben.

Es ist aber möglich, dass ein und derselbe Arbeitgeber mehrere Betriebe hat. Das ist z.B. dann der Fall, wenn ein Unternehmen mehrere Niederlassungen hat, z.B. eine in Hamburg, eine in Berlin und eine in München. Die einzelnen Niederlassungen sind dann jeweils eigenständige Betriebe.

Wenn ein und derselbe Arbeitgeber mehrere eigenständige Betriebe hat, dann kann für jeden Betrieb ein eigener Betriebsrat gegründet werden. Wenn Euer Arbeitgeber also z.B. mehreren Standorte hat, und es gibt in einem anderen Standort einen Betriebsrat, an eurem Standort aber nicht, dann könnt Ihr für Euren Standort einen eigenen Betriebsrat gründen.

Beispiel

Die Logistik GmbH unterhält Standorte in Hamburg, Berlin und München. Da diese Standorte räumlich weit voneinander entfernt sind, gelten sie als eigenständige Betriebe. Für jeden einzelnen Standort kann ein eigener Betriebsrat gewählt werden.

Die Frage, ob ein eigenständiger Betrieb vorliegt, kann insbesondere dann schwierig zu beantworten sein, wenn ein Arbeitgeber verschiedene Betriebsstätten unterhält, die räumlich nicht weit voneinander entfernt liegen. In diesen Fällen kommt es darauf an, ob die verschiedenen Betriebsstätten unter einer einheitlichen Leitung des Arbeitgebers stehen oder ob es getrennte Leitungsstrukturen gibt.

In Zweifelsfällen kann man die Frage, ob ein eigenständiger Betrieb vorliegt, vor der Durchführung einer Betriebsratswahl vom Arbeitsgericht klären lassen.

Fünf Arbeitnehmer

In einem Betrieb muss eine bestimmte Mindestanzahl von Arbeitnehmern beschäftigt sein, damit ein Betriebsrat gegründet werden kann. Die Zahl ist aber nicht besonders hoch. Ausreichend sind

  • fünf aktiv wahlberechtigte Arbeitnehmer,
  • von denen drei auch passiv wahlberechtigt sein müssen.

Aktiv wahlberechtigt sind die Arbeitnehmer die bei der Betriebsratswahl ihre Stimme abgeben dürfen. Aktiv wahlberechtigt sind alle Arbeitnehmer des Betriebs, die das 18. Lebensjahr vollendet haben.

Passiv wahlberechtigt sind die Arbeitnehmer, die in den Betriebsrat gewählt werden können. Das sind alle Arbeitnehmer des Betriebs, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und die mindestens sechs Monate dem Betrieb angehören.

Damit ein Betriebsrat gewählt werden kann, müssen in dem Betrieb also

  • mindestens fünf Arbeitnehmer über 18 Jahre alt sein und
  • von diesen müssen mindestens drei dem Betrieb mindestens sechs Monate angehören.

Wann kann mit der Gründung eines Betriebsrats begonnen werden?

Ein Betriebsrat kann immer dann gegründet werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, das heißt ein eigenständiger Betrieb und die erforderliche Mindestanzahl an Arbeitnehmern. Wenn diese beiden Voraussetzungen gegeben sind, kann sofort mit der Gründung eines Betriebsrats begonnen werden.

Es müssen nicht die sogenannten regelmäßigen Betriebsratswahlen abgewartet werden, die alle vier Jahre in der Zeit vom 01.03. bis 31.05. stattfinden. Diese regelmäßigen Betriebsratswahlen sind nur für solche Betriebe von Bedeutung, in denen es bereits einen Betriebsrat gibt.

Wie läuft die Gründung eines Betriebsrats ab?

Die Gründung eines Betriebsrats läuft in zwei Schritten ab:

  1. Bestellung eines Wahlvorstands
  2. Durchführung der Betriebsratswahl durch den Wahlvorstand

Bestellung eines Wahlvorstands

Der erste Schritt bei der Gründung eines Betriebsrats besteht in der Bestellung eines Wahlvorstands. Der Wahlvorstand ist dafür zuständig, die Betriebsratswahl vorzubereiten und durchzuführen.

Die Bestellung eines Wahlvorstands ist relativ einfach, wenn es in dem Unternehmen oder dem Konzern, zu dem der Betrieb gehört, bereits einen Gesamt- oder Konzernbetriebsrat gibt. In diesem Fall kann der Gesamt- oder Konzernbetriebsrat durch einen einfachen Beschluss für jeden zu dem Unternehmen bzw. Konzern betriebsratslosen Betrieb einen Wahlvorstand bestellen. Arbeitnehmer, die einem solchen Betrieb angehören und einen Betriebsrat gründen wollen, sollten sich deshalb einfach an den Gesamt- bzw. Konzernbetriebsrat wenden und diesen um die Bestellung eines Wahlvorstands für ihren Betrieb bitten.

Wenn kein Gesamt- oder Konzernbetriebsrat existiert, an den sich die Arbeitnehmer eines betriebsratslosen Betriebs wenden können, müssen die Arbeitnehmer dieses Betriebs selbst die Initiative zur Gründung eines Betriebsrats ergreifen. Dazu müssen sich mindestens drei volljährige Arbeitnehmer des Betriebs zusammentun und zu einer Betriebsversammlung einladen, auf der ein Wahlvorstand gewählt wird. Auch eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft kann zu einer solchen Betriebsversammlung einladen.

Den genauen Termin für die Betriebsversammlung können die Arbeitnehmer, die zu der Versammlung einladen wollen, selbst festlegen. Sie brauchen für die Einberufung der Betriebsversammlung nicht die Erlaubnis des Arbeitgebers und sie brauchen auch für den Termin der Versammlung nicht das Einverständnis des Arbeitgebers.

Der Termin der Betriebsversammlung ist aber so festzulegen, dass diese während der persönlichen Arbeitszeit der Mehrzahl der Arbeitnehmer des Betriebs stattfindet. Alle Arbeitnehmer des Betriebs dürfen an der Versammlung teilnehmen und bekommen die Zeit der Teilnahme wie Arbeitszeit bezahlt.

Die Einladung muss so bekannt gemacht werden, dass alle Arbeitnehmer des Betriebs die Möglichkeit haben, von der Einladung Kenntnis zu nehmen. Für die Bekanntmachung genügt in der Regel ein Aushang an einer geeigneten Stelle im Betrieb (z.B. am „Schwarzen Brett“). Hat ein Betrieb mehrere Betriebsstätten, sollte die Einladung in jeder Betriebsstätte ausgehängt werden.

Die Einladung kann auch per E-Mail versendet werden. Wenn die Einladung aber ausschließlich per E-Mail versendet wird, muss sichergestellt werden, dass sie auch an alle Arbeitnehmer des Betriebs gesendet wird. Es reicht nicht aus, wenn zwar die weit überwiegende Mehrheit der Arbeitnehmer, aber eben nicht alle Arbeitnehmer die Einladung erhalten.

Die Einladung muss rechtzeitig vor dem Versammlungstermin bekannt gemacht werden, damit alle Arbeitnehmer von der Versammlung erfahren und sich auf die Teilnahme einstellen können. Die Einladung sollte deshalb mindestens eine Woche, besser noch mindestens zwei Wochen vor dem Tag der Betriebsversammlung veröffentlicht werden.

Die Betriebsversammlung wird durch die einladenden Arbeitnehmer eröffnet. Anschließend sollte zunächst einer der anwesenden Arbeitnehmer des Betriebs zum Versammlungsleiter gewählt werden. Der Versammlungsleiter übernimmt dann die weitere Leitung der Versammlung und führt die Wahl des Wahlvorstands durch.

Der Wahlvorstand besteht in der Regel aus drei Personen. In den Wahlvorstand können nur volljährige Arbeitnehmer gewählt werden, die dem Betrieb angehören. Jeder an der Betriebsversammlung teilnehmende Arbeitnehmer kann Kandidaten für den Wahlvorstand vorschlagen. Die einzelnen Mitglieder des Wahlvorstands müssen jeweils mit der Mehrheit der Stimmen der bei der Betriebsversammlung anwesenden Arbeitnehmer gewählt werden (absolute Mehrheit). Die Mehrheit der abgegebenen Stimmen genügt nicht.

Nach der Wahl der Wahlvorstandsmitglieder muss von der Betriebsversammlung noch der Vorsitzende des Wahlvorstands gewählt werden.

Wenn trotz Einladung keine Betriebsversammlung zur Wahl eines Wahlvorstandes stattfindet oder eine Versammlung zwar stattfindet, auf dieser aber – aus welchen Gründen auch immer – kein Wahlvorstand gewählt wird, wird der Wahlvorstand vom Arbeitsgericht bestellt. Dafür muss aber zunächst einmal ein entsprechender Antrag beim Arbeitsgericht gestellt werden. Diesen Antrag können mindestens drei wahlberechtigten Arbeitnehmer oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft stellen.

Durchführung der Betriebsratswahl durch den Wahlvorstand

Wenn der Wahlvorstand bestellt ist, hat dieser die Aufgabe, die Betriebsratswahl vorzubereiten und durchzuführen. Die Vorbereitung und Durchführung einer Betriebsratswahl ist eine anspruchsvolle Aufgabe. In der Regel eignen sich die Wahlvorstandsmitglieder deshalb zunächst das erforderliche Wissen durch die Teilnahme an einer entsprechenden Schulung an. Die anfallenden Schulungskosten hat der Arbeitgeber zu tragen.

Schulungen zur Vorbereitung und Durchführung einer Betriebsratswahl werden von verschiedenen Veranstaltern angeboten. Sinnvoll ist die Durchführung einer firmeninternen Schulung, an der nur die Wahlvorstandsmitglieder des Betriebs und nicht auch noch Wahlvorstandsmitglieder anderer Betriebe teilnehmen. Auf einer firmeninternen Schulung kann ausführlich auf die individuellen Besonderheiten des Betriebs eingegangen werden. Wenn ein Wahlvorstand eine firmeninterne Schulung durchführen will, sollte er mehrere Angebote verschiedener Veranstalter einholen und diese vergleichen.

Ablauf der Wahl im Kleinbetrieb (mit bis zu 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern)

In kleinen Betrieben mit bis zu 50 wahlberechtigten Arbeitnehmern gelten bei dem Ablauf der Gründung eines Betriebsrats Besonderheiten:

  1. Auf einer ersten Wahlversammlung wird der Wahlvorstand gewählt.
  2. Bereits eine Woche später wird auf einer zweiten Wahlversammlung der Betriebsrat gewählt.

Die Einladung zu der ersten Wahlversammlung muss – wie im Falle von größeren Betrieben – von mindestens drei volljährigen Arbeitnehmern des Betriebs kommen. Sie muss mindestens sieben Tage vor dem Tag der Wahlversammlung an geeigneten Stellen im Betrieb ausgehängt werden.

Wenn der Chef dagegen ist: Kann der Arbeitgeber die Gründung eines Betriebsrats verhindern?

Häufig stößt die Gründung eines Betriebsrats beim Arbeitgeber auf eine ablehnende Haltung, obwohl die Bildung eines Betriebsrats vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgeschrieben ist und das Bestehen eines Betriebsrats für den Arbeitgeber auch Vorteile haben kann. Ein Arbeitgeber darf die Gründung eines Betriebsrats aber nicht verhindern. Ein Arbeitgeber, der die Wahl des Betriebsrats behindert, macht sich sogar strafbar. Die Behinderung der Wahl eines Betriebsrats ist eine Straftat, die mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bedroht ist.

Dennoch müssen Arbeitnehmer, die einen Betriebsrat gründen wollen, mit Widerständen auf Seiten des Arbeitgebers rechnen.

Arbeitnehmer, die die Initiative zur Wahl eines Betriebsrats ergreifen, sind aber durch besondere gesetzliche Vorschriften gegen Sanktionen durch den Arbeitgeber geschützt. Nachteilige rechtliche Maßnahmen, die der Arbeitgeber gegenüber Arbeitnehmern ergreift, weil diese eine Betriebsratswahl initiieren, verstoßen gegen das gesetzliche Verbot der Behinderung der Betriebsratswahl. Sie sind deshalb grundsätzlich unwirksam.

Darüber hinaus genießen die Arbeitnehmer, die zwecks Gründung eines Betriebsrats zu einer Betriebsversammlung zur Wahl eines Wahlvorstands einladen, einen besonderen Kündigungsschutz. Der Arbeitgeber kann diesen Arbeitnehmern nicht ordentlich kündigen. Möglich wäre nur eine außerordentliche (fristlose) Kündigung. Für eine außerordentliche Kündigung muss aber ein besonders schwerwiegender Grund vorliegen. Eine Kündigung aus betriebsbedingten und personenbedingten Gründen wäre grundsätzlich ausgeschlossen. Denkbar wäre eine außerordentliche Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen. Dazu müsste der Arbeitnehmer aber eine schwerwiegende Pflichtverletzung begangen haben wie z.B. einen (versuchten) Arbeitszeitbetrug, eine schwerwiegende Beleidigung eines Vorgesetzten oder eine andauernde Arbeitsverweigerung. Eine einfache Pflichtverletzung wie z.B. ein Zuspätkommen zur Arbeit, eine verspätete Krankmeldung oder eine schlechte Arbeitsleistung reicht für eine außerordentliche Kündigung nicht aus.

Der besondere Kündigungsschutz für die Initiatoren einer Betriebsratswahl gilt allerdings nur für die drei Arbeitnehmer, die zu der Betriebsversammlung zur Wahl eines Wahlvorstands einladen. Wenn mehr als drei Arbeitnehmer zu dieser Betriebsversammlung einladen, genießen nur die ersten drei Arbeitnehmer den besonderen Kündigungsschutz, die weiteren Arbeitnehmer dagegen nicht.

Der besondere Kündigungsschutz greift ab dem Zeitpunkt der Bekanntmachung der Einladung. Er endet sechs Monate nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses.

Video: „Wann kann man einen Betriebsrat gründen?“

Video: „So gründet man einen Betriebsrat“

 

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