Die konstituierende Sitzung des Betriebsrats

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Die konstituierende Betriebsratssitzung ist die erste Sitzung eines neu gewählten Betriebsrats. Mit dieser ersten Sitzung wird die Arbeitsfähigkeit des Betriebsrats hergestellt. Aber was genau passiert eigentlich auf der konstituierenden Betriebsratssitzung? Und wie läuft diese Sitzung ab?  Hier finden Sie Antworten auf die wichtigsten Fragen zur konstituierenden Betriebsratssitzung.

von Rechtsanwalt Dr. Kluge, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Hannover

Welche Bedeutung hat die konstituierende Sitzung des Betriebsrats?

Die konstituierende Sitzung des Betriebsrats dient der Wahl des Betriebsratsvorsitzenden und des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden und ist deshalb außerordentlich wichtig. Denn solange sich der Betriebsrat noch nicht durch die Wahl eines Betriebsratsvorsitzenden und eines Stellvertreters konstituiert hat, existiert praktisch kein handlungsfähiger Betriebsrat.

Der Arbeitgeber braucht mit einem Betriebsrat, der sich noch nicht konstituiert hat, nicht zu verhandeln. Dem Betriebsrat stehen grundsätzlich auch noch nicht die gesetzlichen Beteiligungsrechte zu, solange er sich noch nicht konstituiert hat. Beispielsweise besteht die Pflicht des Arbeitgebers zur Anhörung des Betriebsrats vor Ausspruch einer Kündigung erst nach der Konstituierung des Betriebsrats. Der Betriebsrat kann auch noch keine Beschlüsse fassen, wenn er sich noch nicht konstituiert hat. Wenn der Betriebsrat vor seiner Konstituierung einen „Beschluss“ fasst, handelt es sich dabei nicht um einen echten Betriebsratsbeschluss, sondern um eine bloße unverbindliche Meinungsäußerung des Betriebsrats.

Wie wird die konstituierende Betriebsratssitzung einberufen?

Zuständig für die Einberufung der konstituierenden Betriebsratssitzung ist der Wahlvorstand.

Die Einberufung erfolgt durch die Einladung aller gewählten Betriebsratsmitglieder unter Mitteilung von Ort, Zeitpunkt und Tagesordnung der Sitzung. Wenn ein Betriebsratsmitglied an der Teilnahme an der Sitzung verhindert ist (z.B. durch Urlaub oder Krankheit), ist das entsprechende Ersatzmitglied zu laden (siehe “Wann ist ein Ersatzmitglied zu einer Betriebsratssitzung einzuladen?”). Nicht zu der Sitzung einzuladen sind weitere Personen, die bei einer „normalen“ Betriebsratssitzung gegebenenfalls eine Teilnahmerecht haben können wie z.B. der Arbeitgeber, Gewerkschaftsvertreter, die Schwerbehindertenvertretung und die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV).

Die Einberufung der konstituierenden Betriebsratssitzung muss spätestens eine Woche nach dem Tag der Betriebsratswahl erfolgen (§ 29 Abs. 1 Satz 1 BetrVG). Wenn die Wahl z.B. an einem Freitag stattgefunden hat, muss die Sitzung bis zum Freitag der folgenden Woche einberufen werden. Innerhalb der einwöchigen Frist müssen die Betriebsratsmitglieder nur zu der Sitzung eingeladen werden. Die Sitzung muss nicht innerhalb dieser Frist stattfinden.

Die konstituierende Betriebsratssitzung muss vom Wahlvorstand auch dann fristgemäß einberufen werden, wenn die Betriebsratswahl angefochten worden ist.

Den Zeitpunkt der konstituierenden Betriebsratssitzung bestimmt der Wahlvorstand nach seinem Ermessen. Wenn die Amtszeit des alten Betriebsrats bereits abgelaufen ist, sollte die Sitzung allerdings so schnell wie möglich stattfinden. Wenn die Amtszeit des alten Betriebsrats noch nicht abgelaufen ist, sollte die konstituierende Sitzung spätestens am ersten Tag der Amtszeit des neuen Betriebsrats stattfinden. Die Sitzung kann aber auch bereits vor Beginn der Amtszeit des neuen Betriebsrats durchgeführt werden.

Wer nimmt an der konstituierenden Betriebsratssitzung teil?

An der konstituierenden Betriebsratssitzung nehmen nur die Mitglieder des neu gewählten Betriebsrats und bei Verhinderung die entsprechenden Ersatzmitglieder teil, und außerdem der Vorsitzende des Wahlvorstands, der zu Beginn für die Leitung der Sitzung zuständig ist.

Weitere Personen, die an den normalen Betriebsratssitzungen gegebenenfalls teilnehmen dürfen, wie z.B. die Schwerbehindertenvertretung, ein Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung und Gewerkschaftsbeauftragte, dürfen an der konstituierenden Betriebsratssitzung nicht teilnehmen.

Welche Tagesordnungspunkte werden auf der konstituierenden Betriebsratssitzung behandelt?

Grundsätzlich werden auf der konstituierenden Betriebsratssitzung nur die Tagesordnungspunkte “Wahl des Betriebsratsvorsitzenden” und “Wahl des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden” behandelt. Besteht der Betriebsrat aus 9 oder mehr Betriebsratsmitgliedern, kann auf der Tagesordnung der konstituierenden Sitzung aber nach der Wahl des Betriebsratsvorsitzenden und des Stellvertreters auch noch die Wahl der Mitglieder des Betriebsausschusses stehen.

Weitere Entscheidungen kann der Betriebsrat auf der konstituierenden Betriebsratssitzung eigentlich nicht treffen. Grund dafür ist zum einen die begrenzte Tagesordnung dieser Sitzung. Der Wahlvorstand, der diese Sitzung einberuft, darf nur die Wahl des Betriebsratsvorsitzenden und des Stellvertreters sowie die Wahl der Mitglieder des Betriebsausschusses auf die Tagesordnung setzen. Zum anderen müsste das Recht der Schwerbehindertenvertretung und der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) zur Teilnahme an Betriebsratssitzungen beachtet werden. Die Schwerbehindertenvertretung und die Jugend- und Auszubildendenvertretung werden aber vom Wahlvorstand gar nicht zu der konstituierenden Betriebsratssitzung eingeladen.

Trotzdem kann es natürlich sein, dass der neu gewählte Betriebsrat auf seiner Sitzung gleich noch einige andere wichtige organisatorische Dinge erledigen will wie z.B. die Bestellung der Mitglieder für den Gesamtbetriebsrat und den Wirtschaftsausschuss, die Bildung weiterer Ausschüsse und die Wahl der Mitglieder für diese Ausschüsse und der Erlass einer Geschäftsordnung. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass der Betriebsrat diese und vielleicht sogar auch noch weitere Entscheidungen auf der konstituierenden Sitzung trifft. Eine Voraussetzung dafür wäre allerdings, dass zunächst einmal die Tagesordnung der Sitzung entsprechend ergänzt wird. Diese Ergänzung der Tagesordnung müsste von den anwesenden Betriebsratsmitgliedern einstimmig beschlossen werden. Außerdem müsste sichergestellt sein, dass die Schwerbehindertenvertretung und gegebenenfalls auch ein Vertreter der Jugend- und Auszubildendenvertretung die Möglichkeit hat, an der Sitzung teilzunehmen.

Wie ist der Ablauf der konstituierenden Sitzung des Betriebsrats?

Die konstituierende Betriebsratssitzung wird zunächst vom Vorsitzenden des Wahlvorstands geleitet. Der Vorsitzende des Wahlvorstands eröffnet die Sitzung und hat dann dafür zu sorgen, dass der Betriebsrat ein Betriebsratsmitglied zum Wahlleiter für die Wahl des Betriebsratsvorsitzenden wählt. Zum Wahlleiter kann jedes Betriebsratsmitglied gewählt werden, auch ein Mitglied, das zur Wahl des Betriebsratsvorsitzenden kandidiert. Als Wahlleiter gewählt ist der Kandidat, der die meisten Stimmen erhalten hat.

Für die Wahl des Wahlleiters muss der Betriebsrat beschlussfähig sein. Das heißt, es müssen mindestens die Hälfte der Betriebsratsmitglieder an der Wahl teilnehmen. Ist in der konstituierenden Betriebsratssitzung nicht mindestens die Hälfte der Betriebsratsmitglieder anwesend, muss der Wahlvorstand eine neue konstituierende Betriebsratssitzung einberufen.

Nach seiner Wahl übernimmt der Wahlleiter die weitere Leitung der konstituierenden Betriebsratssitzung. Der Vorsitzende des Wahlvorstands darf nach erfolgter Wahl des Wahlleiters nicht weiter an der Sitzung teilnehmen, es sei denn er ist zugleich auch selbst Betriebsratsmitglied.

Der Wahlleiter hat dann zunächst die Wahl des Betriebsratsvorsitzenden und anschließend die Wahl des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden durchzuführen.

Im Anschluss übernimmt der frisch gewählte Betriebsratsvorsitzende die weitere Leitung der konstituierenden Betriebsratssitzung. Falls der Wahlvorstand den Punkt “Wahl der Mitglieder des Betriebsausschusses” auf die Tagesordnung der konstituierenden Sitzung gesetzt hatte, führt der Betriebsratsvorsitzende jetzt diese Wahl durch.

Danach könnte die konstituierende Sitzung dann schon durch den Betriebsratsvorsitzenden geschlossen werden. Wenn der Betriebsrat aber auch noch weitere Entscheidungen auf der Sitzung treffen will, wie z.B. die Bestellung der Betriebsratsmitglieder, die in den Gesamtbetriebsrat entsendet werden sollen, dann müsste der Betriebsratsvorsitzende das Gremium darüber abstimmen lassen, ob die Tagesordnung der Sitzung entsprechend ergänzt werden soll.  Wenn sich alle anwesenden Betriebsratsmitglieder einstimmig dafür aussprechen, kann der Betriebsrat auch noch über weitere Themen entscheiden. Falls nicht alle Betriebsratsmitglieder damit einverstanden sind, müssten diese weiteren Entscheidungen auf die nächste Betriebsratssitzung vertagt werden.

Darf die konstituierende Betriebsratssitzung per Videokonferenz durchgeführt werden?

Nein, die konstituierende Betriebsratssitzung darf nicht per Videokonferenz durchgeführt werden. Sie muss zwingend als Präsenzsitzung abgehalten werden. Grund dafür ist, dass eine Betriebsratssitzung per Videokonferenz nur dann zulässig ist, wenn es dazu eine Regelung in der Geschäftsordnung des Betriebsrats gibt. Eine Geschäftsordnung kann es aber noch gar nicht geben, wenn sich der Betriebsrat noch nicht konstituiert hat.

Muss über die konstituierende Sitzung des Betriebsrats ein Protokoll aufgenommen werden?

Ja, über die konstituierende Sitzung ist wie über jede andere Betriebsratssitzung eine Niederschrift (= Protokoll) aufzunehmen. Das Protokoll muss die Namen der Gewählten (Betriebsratsvorsitzender, Stellvertreter und ggf. Betriebsausschussmitglieder) und die Anzahl der auf die Kandidaten entfallenden Stimmen enthalten. Das Protokoll ist von dem Betriebsratsvorsitzenden und einem weiteren Betriebsratsmitglied zu unterschreiben.

Video: Konstituierende Sitzung des Betriebsrats

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Autor: Dr. jur Henning Kluge

Dr. Henning Kluge ist Rechtsanwalt und Fachwanwalt für Arbeitsrecht. Er berät und unterstützt Betriebsräte bei rechtlichen Fragen und bei Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber.

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