Der Wahlvorstand hat dafür Sorge zu tragen, dass allen wahlberechtigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Teilnahme an der Wahl ermöglicht wird. Der Wahlvorstand hat daher gegebenenfalls auch Vorkehrungen für eine nachträgliche schriftliche Stimmabgabe (Briefwahl) gemäß §§ 36 Absatz 4, 35, 24 und 25 WO zu treffen. Dabei sind zwei Konstellationen zu unterscheiden: zum einen diejenige, in der Wahlberechtigte die Aushändigung aller erforderlichen Wahlunterlagen verlangen, und zum anderen diejenige, in welcher der Wahlvorstand von sich aus bereits zur Übersendung der Wahlunterlagen verpflichtet ist, ohne dass es dafür eines besonderen Verlangens bedarf.
Wichtig!
Es ist nicht möglich, dass der Wahlvorstand allgemein für die gesamte Wahl die Briefwahl beschließt. Der Regelfall ist die persönliche Stimmabgabe durch die Wahlberechtigten im Wahllokal.
Was gehört zu den erforderlichen Wahlunterlagen?
Für eine nachträgliche schriftliche Stimmabgabe müssen den jeweiligen Wahlberechtigten vom Wahlvorstand zwingend
- das Wahlausschreiben,
- die Wahlvorschläge,
- der Stimmzettel,
- der Wahlumschlag,
- eine vorgedruckte von der Wählerin oder dem Wähler abzugebende Erklärung, in der gegenüber dem Wahlvorstand zu versichern ist, dass der Stimmzettel persönlich gekennzeichnet worden ist, sowie
- ein großer Freiumschlag, der die Anschrift des Wahlvorstands und als Absender den Namen und die Anschrift der oder des Wahlberechtigten sowie den Vermerk „Schriftliche Stimmabgabe“ enthält,
übersandt oder ausgehändigt werden.
Wichtig!
Der Wahlvorstand hat die Aushändigung oder die Übersendung der Wahlunterlagen in der Wählerliste zu vermerken. Dadurch soll verhindert werden, dass ein Wähler zweimal an der Wahl teilnimmt.
Nicht zwingend, aber sehr zu empfehlen ist auch die Übersendung eines Merkblattes über die Art und Weise der schriftlichen Stimmabgabe, § 34 Absatz 1 Satz 2 WO.
Wann hat der Wahlvorstand die Wahlunterlagen von sich aus zu versenden?
Wahlberechtigten, von denen dem Wahlvorstand bekannt ist, dass sie
- im Zeitpunkt der Wahl nach der Eigenart ihres Beschäftigungsverhältnisses, oder
- vom Erlass des Wahlausschreibens bis zum Zeitpunkt der Wahl aus anderen Gründen,
voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein werden, muss der Wahlvorstand die Briefwahlunterlagen unaufgefordert zukommen lassen, § 24 Absatz 2 Satz 1 WO. Das betrifft insbesondere folgende Fälle:
- im Außendienst Beschäftigte
- mit Telearbeit Beschäftigte
- in Heimarbeit Beschäftigte
- Arbeitnehmer in Elternzeit
- Arbeitnehmer in Mutterschutz
- Arbeitnehmer die länger arbeitsunfähig sind.
Um dieser Pflicht nachkommen zu können, muss der Arbeitgeber dem Wahlvorstand die dafür erforderlichen Informationen zur Verfügung stellen.
Gehören dem Betrieb auch räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernte Betriebsteile und Kleinstbetriebe an, kann der Wahlvorstand für diese die nachträgliche schriftliche Stimmabgabe beschließen, § 24 Absatz 3 WO. Wurde die nachträgliche schriftliche Stimmabgabe beschlossen, so sind den Wahlberechtigten dieser Betriebsteile und Kleinstbetriebe die Unterlagen ebenfalls vom Wahlvorstand zu übersenden. Eines besonderen ausdrücklichen Verlangens der betroffenen Wahlberechtigten bedarf es in diesen Fällen nicht.
Wann hat der Wahlvorstand die Wahlunterlagen auf Verlangen zu versenden/übergeben?
Sind Wahlberechtigte im Zeitpunkt der Wahl wegen Abwesenheit vom Betrieb verhindert, ihre Stimme persönlich abzugeben, hat der Wahlvorstand diesen auf ihr Verlangen hin die Wahlunterlagen für eine nachträgliche schriftliche Stimmabgabe auszuhändigen oder zu übergeben.
Der Grund für die Abwesenheit vom Betrieb ist unerheblich und kann vielfältig sein. Gründe wären zum Beispiel kurzfristige Arbeitsunfähigkeit, Urlaub oder auch eine Geschäftsreise.
Eine besondere Form ist für das Verlangen der Übersendung der Wahlunterlagen nicht vorgeschrieben. Es bedarf also insbesondere nicht der Schrift- oder Textform, sodass auch ein mündlich geäußertes Verlangen ausreicht. Wird das Verlangen mündlich geäußert, sollte sich der Wahlvorstand einen entsprechenden Vermerk darüber anfertigen und zu seinen Wahlunterlagen nehmen.
Im vereinfachten Wahlverfahren muss der Wahlberechtigte sein Verlangen auf nachträgliche schriftliche Stimmabgabe dem Wahlvorstand spätestens drei Tage vor dem Tag der Wahlversammlung zur Wahl des Betriebsrats mitgeteilt haben.
Beispiele
(1) Die Wahl des Betriebsrats findet am Freitag, den 11.05., statt. Der Antrag auf nachträgliche schriftliche Stimmabgabe ist also spätestens am Montag, den 07.05., beim Wahlvorstand zu stellen.
(2) Die Wahl des Betriebsrats findet am Montag, den 14.05.2018, statt. Der Antrag auf nachträgliche schriftliche Stimmabgabe wäre eigentlich spätestens am Donnerstag, den 10.05.2018, beim Wahlvorstand zu stellen. Da der 10.05.2018 aber ein Feiertag war (Christi Himmelfahrt/Vatertag), muss der Antrag in diesem Beispiel bereits spätestens am Mittwoch, den 09.05.2018, gestellt werden.
(3) Die Wahl des Betriebsrats findet am Dienstag, den 03.04.2018, statt. Der Antrag auf nachträgliche schriftliche Stimmabgabe wäre eigentlich spätestens am Freitag, den 30.03.2018, beim Wahlvorstand zu stellen. Da der 30.03.2018 aber ein Feiertag war (Karfreitag), muss der Antrag in diesem Beispiel bereits spätestens am Donnerstag, den 29.03.2018, gestellt werden.
Wann sollten die Wahlunterlagen erstellt und versendet/übergeben werden?
Die Wahlunterlagen für eine schriftliche Stimmabgabe sollten so schnell wie möglich erstellt werden, nachdem die gültigen Wahlvorschläge feststehen. Steht im vereinfachten Wahlverfahren zu diesem Zeitpunkt noch nicht fest, ob eine nachträgliche schriftliche Stimmabgabe erforderlich ist, sollte der Wahlvorstand trotz dessen bereits rein vorsorglich entsprechende Briefwahlunterlagen vorbereiten und bereithalten.
Den betroffenen Wahlberechtigten sollten die Wahlunterlagen möglichst schon überreicht werden, bevor diese vom Betrieb abwesend sind. Wurde für Betriebsteile oder Kleinstbetriebe ohnehin die nachträgliche schriftliche Stimmabgabe beschlossen, sollten die Briefwahlunterlagen spätestens am Tag der Bekanntmachung der gültigen Wahlvorschläge an die Briefwähler versendet/übergeben werden.
Sind nach Versand oder Übergabe der Wahlunterlagen eventuell Änderungen oder Berichtigungen des Wahlausschreibens erfolgt, muss das berichtigte oder geänderte Wahlausschreiben an die Wahlberechtigten, die ihre Stimme schriftlich abgeben, nachgesandt werden.
Es kann auch vorkommen, dass Wahlberechtigten bereits die Unterlagen zur Briefwahl übersandt oder übergeben wurden, diese dann aber doch an der
Wahlversammlung zur Wahl des Betriebsrats im Betrieb anwesend sind und ihre Stimme persönlich abgeben wollen. Das ist auch möglich, allerdings muss dann sichergestellt sein, dass keine doppelte Stimmabgabe erfolgt (schriftlich und persönlich). Das kann zum Beispiel dadurch geschehen, dass der Wahlberechtigte die Unterlagen für die schriftliche Stimmabgabe bereits vorher an den Wahlvorstand zurückgibt oder für die persönliche Stimmabgabe den ihm bereits übersandten Stimmzettel verwendet. In beiden Fällen ist das in der Wählerliste unbedingt zu vermerken.