Unterlaufen bei der Durchführung der Wahl Fehler, kann das zur Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl führen. Sind die Fehler derart gravierend gewesen, dass nicht einmal der Anschein einer ordnungsgemäßen Wahl gewahrt ist, kann das sogar zur Nichtigkeit der Wahl führen. Wird eine Betriebsratswahl für nichtig erklärt, dann sind alle bis zur Feststellung der Nichtigkeit vorgenommenen Amtshandlungen des Betriebsrats, (rückwirkend) unwirksam.
Den Grundsatz über die Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl enthält § 19 Absatz 1 BetrVG. Danach kann die Betriebsratswahl beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über
- das Wahlrecht,
- die Wählbarkeit oder
- das Wahlverfahren
verstoßen worden ist und
- eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.
Eine Wahlanfechtung kommt also nur bei einem Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften bezüglich Wahlrecht, Wählbarkeit oder Wahlverfahren in Betracht. Dabei führt aber nicht jeder Verstoß gegen eine wesentliche Wahlvorschrift auch zur Unwirksamkeit der Wahl. Das gilt auch, wenn der Fehler nicht berichtigt wurde, und zwar dann, wenn durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Für eine erfolgreiche Wahlanfechtung heißt das wiederum, dass die Möglichkeit der Änderung oder Beeinflussung des Wahlergebnisses aufgrund des Verstoßes ausreichend ist. Es ist nicht erforderlich, dass das Wahlergebnis aufgrund des Verstoßes gegen eine wesentliche Wahlvorschrift auch tatsächlich geändert oder beeinflusst wurde.
Beispiele
(1) Ein Wahlberechtigter wurde fälschlicherweise nicht in die Wählerliste eingetragen und konnte infolgedessen nicht an der Wahl teilnehmen. Es liegt ein Verstoß gegen eine wesentliche Wahlvorschrift, nämlich das aktive Wahlrecht, vor. Eine Anfechtung der Wahl aus diesem Grunde ist möglich, wird aber nur dann auch zur ihrer Unwirksamkeit führen, wenn diese Stimme das Wahlergebnis hätte beeinflussen können. Sind die Wahlergebnisse so eindeutig, dass eine Beeinflussung durch eine Stimme nicht möglich ist, führt die Anfechtbarkeit auch nicht zur Unwirksamkeit.
(2) Wie Beispiel 1, nur das hier versehentlich einer/mehrere nicht Wahlberechtigte an der Wahl teilgenommen haben.
Wurde eine Wahl erfolgreich angefochten und hat das Gericht die Wahl rechtskräftig für Unwirksamkeit erklärt, verliert der Betriebsrat mit Eintritt der Rechtskraft sein Amt. Das führt aber nicht dazu, dass ggf. zwischenzeitig getroffene Entscheidungen oder Vereinbarungen (z. B. eine Betriebsvereinbarung) des Betriebsrats rückwirkend unwirksam werden. Die bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts vorgenommenen Handlungen des Betriebsrats bleiben also dennoch wirksam.
Hier besteht der wesentliche Unterschied zwischen einer anfechtbaren und nichtigen Wahl. Leidet eine Betriebsratswahl an dermaßen schwerwiegenden Fehlern, dass nicht nur ihre Anfechtbarkeit gegeben ist, sondern sie vielmehr als nichtig zu betrachten ist, gilt die Nichtigkeit von vornherein. Das heißt, der in nichtiger Wahl gewählte Betriebsrat wird als von Anfang an nicht existent betrachtet, womit auch alle gegebenenfalls zwischenzeitig von ihm getroffenen Entscheidungen oder vorgenommene Handlungen rückwirkend ihre Wirksamkeit verlieren.
Wer anfechtungsberechtigt ist, ergibt sich aus § 19 Absatz 2 Satz 1 BetrVG. Danach sind zur Anfechtung berechtigt
- mindestens drei Wahlberechtigte,
- eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder
- der Arbeitgeber.
Eine Wahlanfechtung ist gemäß § 19 Absatz 3 Satz 1 BetrVG jedoch ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist, wenn nicht zuvor aus demselben Grund ordnungsgemäß Einspruch gegen die Richtigkeit Wählerliste eingelegt wurde. Jedoch gilt das wiederum nicht, wenn die anfechtenden Wahlberechtigten an der Einlegung eines Einspruchs gehindert waren. Hingegen ist die Anfechtung durch den Arbeitgeber ausgeschlossen, wenn sie darauf gestützt wird, dass die Wählerliste unrichtig ist und diese Unrichtigkeit auf seinen Angaben beruht, § 19 Absatz 3 Satz 3 BetrVG.
Zu beachten ist, dass eine Wahlanfechtung nur innerhalb relativ kurzer Frist möglich ist. Nach § 19 Absatz 2 Satz 2 BetrVG ist eine Wahlanfechtung nämlich nur binnen von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntmachung des Wahlergebnisses (§ 18 WO) an gerechnet, zulässig.
Beispiel
Die Bekanntmachung des Wahlergebnisses erfolgt am Mittwoch, den 16.05. Die Frist zur Wahlanfechtung läuft dann ab am Mittwoch, den 30.05.
Die zweiwöchige Anfechtungsfrist beginnt also nur zu laufen, wenn die Bekanntmachung des endgültigen Wahlergebnisses (§ 18 WO) ordnungsgemäß erfolgt ist. Erfolgt keine Bekanntmachung, beginnt die Anfechtungsfrist also auch nicht zu laufen. Die Wahl ist dann weiterhin anfechtbar.