Das Verbot der Behinderung der Wahl ergibt sich aus § 20 Absatz 1 BetrVG. Dabei wird insbesondere hervorgehoben, dass kein Arbeitnehmer in der Ausübung seines aktiven und passiven Wahlrechts beschränkt werden darf. § 20 Absatz 2 BetrVG untersagt darüber hinaus die Beeinflussung der Wahl durch Androhung oder Zufügung von Nachteilen bzw. durch Gewährung oder Versprechen von Vorteilen. Verstöße gegen diese Verbote können gegebenenfalls eine strafrechtliche Ahndung gemäß § 119 Absatz 1 Nr. 1 BetrVG nach sich
ziehen. Dabei können Verstöße mit einer Geldstrafe oder sogar einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr geahndet werden. Indirekt gewährt § 20 BetrVG auch einen Kündigungsschutz.
Das ist der Fall, wenn eine ausgesprochene Kündigung dem Zwecke der Wahlbeeinflussung/Wahlbehinderung dient. Ist eine Kündigung aus diesem Grunde erfolgt, liegt ein Verstoß gegen § 20 BetrVG und damit gegen ein gesetzliches Verbot vor, das über § 134 BGB die Nichtigkeit der Kündigung zur Folge hat. Allerdings liegt die Beweislast dafür, dass die Kündigung dem Zwecke der Wahlbeeinflussung/Wahlbehinderung dient, beim Arbeitnehmer. Inwiefern eine Kündigung gegen § 20 BetrVG verstößt und inwieweit sich dieser Nachweis führen lässt, ist immer eine Frage des jeweiligen Einzelfalles.
Der Wahlschutz umfasst dabei auch nicht erst die eigentliche Wahl, sondern erstreckt sich auch auf den Zeitraum ab der Einladung zu einer Betriebsversammlung zur Wahl eines Wahlvorstands. So ist gemäß § 15 Absatz 3a KSchG die ordentliche Kündigung eines Arbeitnehmers ausgeschlossen, der zu einer Betriebsversammlung gemäß § 17 Absatz 3 BetrVG, einer Wahlversammlung gemäß § 17a Nr. 3 Satz 2 BetrVG einlädt oder einen Antrag auf Bestellung des Wahlvorstands durch das Arbeitsgericht gemäß § 16 Absatz 2 Satz 1 BetrVG, § 17 Absatz 4 BetrVG oder § 17a Nr. 4 BetrVG stellt. Der Kündigungsschutz besteht jedoch erst vom Zeitpunkt der Einladung bzw. Antragstellung an und endet mit Bekanntgabe des Wahlergebnisses.
Das Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung bleibt vom Kündigungsschutz jedoch unberührt. Von den einladenden/antragstellenden Arbeitnehmern ist vor allem darauf zu achten, dass der Schutz vor ordentlicher Kündigung auch nur für die ersten sechs in der Einladung oder die ersten drei in der Antragstellung aufgeführten Arbeitnehmer gilt. Sofern trotz Einladung oder Antragstellung dennoch kein Betriebsrat gewählt werden sollte, besteht der Kündigungsschutz vom Zeitpunkt der Einladung oder Antragstellung an drei Monate.
Wichtig!
Der Kündigungsschutz nach § 15 Absatz 3a KSchG besteht erst ab dem Zeitpunkt der Einladung zur Betriebsversammlung bzw. Antragstellung beim Arbeitsgericht. Die Einladung muss derart bekannt gemacht werden, dass alle Arbeitnehmer die Möglichkeit der Kenntnisnahme haben. Des Weiteren muss die Einladung mindestens Ort, Zeit und Gegenstand der Versammlung sowie die Namen der ersten drei Einladenden enthalten!
Durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz, welches seit dem 18.06.2021 in Kraft ist, wurde § 15 KSchG noch um Absatz 3b) erweitert. Das bringt den Vorteil mit sich, dass jetzt auch für den Zeitraum vor der Einladung zu einer Betriebsversammlung ein besonderer Kündigungsschutz erlangt werden kann. Die Vorbereitungshandlungen zur Errichtung eines Betriebsrats sind damit auch vom Kündigungsschutz erfasst. Um den besonderen Kündigungsschutz zu erlangen, muss der Arbeitnehmer lediglich eine öffentlich beglaubigte Erklärung mit dem Inhalt abgeben, dass er die Absicht hat, einen Betriebsrat zu errichten. Dabei darf man sich nicht von dem Erfordernis der „öffentlichen Beglaubigung“ abschrecken lassen. Eine öffentliche Beglaubigung erfordert lediglich, dass die Erklärung schriftlich abgefasst und die Unterschrift des Arbeitnehmers notariell beglaubigt werden muss (§ 129 Absatz 1 Satz 1 BGB). Die Kosten für eine reine Unterschriftenbeglaubigung belaufen sich hier voraussichtlich auf ca. 30,00 €. Da die Kosten der Betriebsratswahl vom Arbeitgeber zu tragen sind, können die Kosten für die Unterschriftenbeglaubigung vom Arbeitgeber ersetzt verlangt werden. Es empfiehlt sich hier dringend, die Kosten für die Unterschriftenbeglaubigung zunächst zu verauslagen, um erst den besonderen Kündigungsschutz zu erlangen und den Arbeitgeber nicht bereits vorher um entsprechende Kostenübernahme zu bitten. Der erlangte Kündigungsschutz gilt von der Abgabe der Erklärung bis zur Einladung zu einer Betriebsversammlung zur Wahl des Wahlvorstands, jedoch für maximal drei Monate.
Wichtig!
Der besondere Kündigungsschutz für wahlvorbereitende Maßnahmen entsteht erst, wenn der Arbeitnehmer eine öffentlich beglaubigte Erklärung mit dem Inhalt, dass er die Absicht hat einen Betriebsrat zu gründen, abgegeben hat.
Beispiel für eine Absichtserklärung
Hiermit erkläre ich, Peter Müller, geb. am 24.12.1969 in Hannover, dass ich die Absicht habe, im Betrieb Hannover des Unternehmens Tire Solutions einen Betriebsrat zu errichten.
Ort, Datum Unterschrift
Für Mitglieder des Wahlvorstands sowie Wahlbewerber sieht § 15 Absatz 3 KSchG sogar noch einen weitergehenden Kündigungsschutz vor. Danach ist die Kündigung eines Mitglieds des Wahlvorstands oder eines Wahlbewerbers unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund berechtigen, und dass die nach § 103 BetrVG erforderliche Zustimmung des Betriebsrats vorliegt oder durch eine gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Die fristlose Kündigung bedarf hier also auch der Zustimmung des Betriebsrats oder muss durch gerichtliche Entscheidung ersetzt werden. Für den Beginn des Kündigungsschutzes muss zwischen Wahlvorstand und Wahlbewerber unterschieden werden. Für Wahlvorstandsmitglieder beginnt der Kündigungsschutz mit dem Zeitpunkt ihrer Bestellung oder gegebenenfalls Wahl auf der Betriebsversammlung oder Wahlversammlung. Für Wahlbewerber beginnt der Kündigungsschutz mit der Aufstellung des Wahlvorschlags. Das ist dann der Fall, wenn bereits ein Wahlvorstand besteht, die mindestens erforderlichen Stützunterschriften gesammelt sind und der Wahlbewerber zum Zeitpunkt der Wahl auch wählbar ist. Dieser Kündigungsschutz besteht bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses. Nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses ist die ordentliche Kündigung ehemaliger Mitglieder des Wahlvorstands sowie nicht gewählter Wahlbewerber für eine Zeit von sechs Monaten unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung berechtigen. Die fristlose Kündigung setzt nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses also nicht mehr die Zustimmung des Betriebsrats oder deren Ersetzung durch Entscheidung des Arbeitsgerichts voraus. Der nachwirkende Kündigungsschutz gilt auch nicht für (ehemalige) Wahlvorstände, die durch gerichtliche Entscheidung durch einen anderen Wahlvorstand ersetzt worden sind.
Wichtig!
Der Kündigungsschutz besteht für Wahlvorstände erst ab dem Zeitpunkt ihrer Bestellung bzw. Wahl auf der Betriebs- oder Wahlversammlung.
Für Wahlbewerber beginnt der Kündigungsschutz erst mit Aufstellung des Wahlvorschlags.
Wahlvorstände und Wahlbewerber genießen aber nicht nur besonderen Kündigungsschutz. Auch eine Versetzung, die entweder den Verlust des Amtes im Wahlvorstand oder der Wählbarkeit mit sich bringen würde, kann der Arbeitgeber nur mit Zustimmung des Betriebsrats oder entsprechender Ersetzung der Zustimmung durch das Arbeitsgericht, vornehmen. Das gilt natürlich nicht, wenn der jeweilige Arbeitnehmer mit der Versetzung einverstanden ist. Diesen Schutz vor einer Versetzung, die den Verlust des Amts im Wahlvorstand oder die Wählbarkeit mit sich bringen würde, gewährt § 103 Absatz 3 BetrVG.