Muster für ein Schreiben, mit dem der Betriebsrat gegenüber dem Arbeitgeber Bedenken gegen eine beabsichtigte außerordentliche Kündigung äußert.
Absender: Betriebsrat
Empfänger: Arbeitgeber
Stichworte: Fristlose Kündigung, Bedenken
Paragraphen: § 102 Abs. 2 Satz 3 BetrVG
Der Betriebsrat der Firma …
An die
Geschäftsleitung
Ort, Datum
Beabsichtigte außerordentliche Kündigung des Herrn A
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Betriebsrat hat sich in seiner Sitzung am … mit der von Ihnen beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Herrn A befasst. Nach umfassender Beratung hat der Betriebsrat beschlossen, Bedenken gegen diese Kündigung zu äußern.
Sie begründen die beabsichtige außerordentliche Kündigung damit, Herr A sei am … gegenüber dem Kollegen Herrn B handgreiflich geworden und habe diesem eine Ohrfeige gegeben.
Es ist zwar richtig, dass eine Tätlichkeit gegenüber einem Kollegen ein Verhalten ist, das an sich eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen kann. Der Betriebsrat ist jedoch in diesem konkreten Fall der Ansicht, dass eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht gerechtfertigt ist.
Denn eine wirksame außerordentliche Kündigung setzt immer voraus, dass dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
Nach Ansicht des Betriebsrats muss im vorliegenden Fall die zwingend vorzunehmende Interessenabwägung zugunsten des Herrn A ausfallen. Selbstverständlich will der Betriebsrat keine körperlichen Auseinandersetzungen unter Kollegen dulden. Im Betrieb ist aber allgemein bekannt, dass das Verhältnis zwischen Herrn A und Herrn B schon seit längerer Zeit angespannt ist. Nach den dem Betriebsrat vorliegenden Informationen liegt die Ursache dafür ganz überwiegend im Verhalten des Herrn B begründet. Herr B hat den Herrn A in der Vergangenheit ohne jeden Grund wiederholt beleidigt und sich bei Kollegen abfällig über Herrn A geäußert. Recherchen des Betriebsrats haben ergeben, dass es am … erneut zu beleidigenden Äußerungen des Herrn B gegenüber Herrn A gekommen. In dieser Situation wusste sich Herr A offenbar nicht mehr anders zu helfen und es kam zu der in Ihrem Anhörungsschreiben geschilderten körperlichen Auseinandersetzung. Die Tätlichkeit des Herrn A wurde von Herrn B also regelrecht provoziert. Nach Ansicht des Betriebsrats kann diese deshalb nicht zum Anlass für eine außerordentliche Kündigung genommen werden. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass sich Herr A seit über 15 Jahren bei uns beschäftigt ist, ohne jemals negativ aufgefallen zu sein.
Nach Ansicht des Betriebsrats wäre noch nicht einmal eine ordentliche Kündigung berechtigt. Denn auch eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung setzt voraus, dass eine Abwägung der Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu Lasten des Arbeitnehmers ausfällt.
Der Betriebsrat bittet Sie deshalb darum, von der beabsichtigten Kündigung abzusehen.
Mit freundlichen Grüßen
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(Betriebsratsvorsitzende/r)