Betriebsrat: Mitbestimmung bei “technischen Überwachungseinrichtungen”

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Betriebsrat: Mitbestimmung bei “technischen Überwachungseinrichtungen”

Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht bei dem Einsatz sogenannter “technischer Überwachungseinrichtungen”. “Technische Überwachungseinrichtungen” sind Geräte, die arbeitnehmerbezogene Informationen speichern und mit denen der Arbeitgeber die Leistung oder das Verhalten von Arbeitnehmern kontrollieren kann. 

Was hier häufig übersehen wird, ist, dass “technische Überwachungseinrichtungen” im Sinne des Gesetzes nicht nur Geräte sind, mit denen der Arbeitgeber auch wirklich die Absicht verfolgt, Mitarbeiter zu kontrollieren, wie das z.B. bei Videokameras oder elektronischen Zeiterfassungssystemen der Fall ist, sondern auch Geräte, die eine Kontrolle der Mitarbeiter nur ermöglichen, selbst wenn der Arbeitgeber gar nicht die Absicht hat, mit ihnen die Mitarbeiter zu kontrollieren. Auch solche Geräte gelten als mitbestimmungspflichtige “technische Überwachungseinrichtungen”.

Und weil der Betriebsrat hier ein echtes Mitbestimmungsrecht hat, müsste der Arbeitgeber dann auch bei diesen Geräten eigentlich immer erst einmal den Betriebsrat fragen, ob mit diesen Geräten überhaupt gearbeitet werden darf bzw. ob diese Geräte überhaupt im Betrieb eingesetzt werden dürfen. Denn ohne die Zustimmung des Betriebsrats darf ein Gerät, das als “technische Überwachungseinrichtungen” gilt, nicht zum Einsatz kommen.

In diesem Artikel geht es um 5 ganz alltägliche Dinge, die praktisch alle Arbeitgeber im Einsatz haben und bei denen es sich eigentlich um mitbestimmungspflichtige “technische Überwachungseinrichtungen” handelt, bei denen der Betriebsrat – entgegen der gesetzlichen Vorgabe – aber häufig gar nicht gefragt wird, ob er mit deren Einsatz einverstanden ist. 

PC, Notebook, Smartphone

Jeder PC, jedes Notebook, jedes Tablet und jedes Smartphone ist eine mitbestimmungspflichtige “technische Überwachungseinrichtung”, weil jedes dieser Geräte Nutzungsdaten speichert, mit denen der Arbeitgeber, wenn er diese Daten auswerten würde, Rückschlüsse ziehen könnte auf das Verhalten oder die Leistung des Arbeitnehmers, der das Gerät genutzt hat. 

Das fängt schon damit an, dass ein Computer in den System-Protokollen speichert, wann er hochgefahren wird und wann er wieder heruntergefahren wird. Mit diesen Informationen kann ein Arbeitgeber kontrollieren, von wann bis wann ein Arbeitnehmer mit dem Computer gearbeitet hat und das reicht schon aus, um den Computer als “technische Überwachungseinrichtung” einzustufen.

Software-Anwendungen

Jetzt ist aber nicht nur jeder PC, jedes Notebook, jedes Tablet und jedes Smartphone eine mitbestimmungspflichtige “technische Überwachungseinrichtung”, sondern grundsätzlich auch jede einzelne Softwareanwendung oder App, die auf einem solchen Gerät installiert ist.

Der Arbeitgeber braucht also auch für jede Softwareanwendung oder App, die er installieren will, zunächst einmal die Zustimmung des Betriebsrats.

Auch eine Softwareanwendung oder App gilt als “technische Überwachungseinrichtung”, weil diese eben auch Nutzerdaten speichern, mit denen der Arbeitgeber Rückschlüsse auf die Leistung oder das Verhalten eines Arbeitnehmers ziehen könnte.

Auch das Starten einer Software-Anwendung oder App speichert nämlich Einträge in einer Protokolldatei auf dem Gerät, so dass der Arbeitgeber also zumindest überwachen könnte, wann ein Arbeitnehmer die Anwendung oder App gestartet hat.

In der Regel werden von  einer Software-Anwendung aber auch noch viele weitere Informationen gespeichert, die dem Nutzer zugeordnet werden können und so eine Überwachung der Leistung oder des Verhaltens durch den Arbeitgeber ermöglichen.

Telefon

Auch ein Telefon ist eine mitbestimmungspflichtige “technische Überwachungseinrichtung” weil auch bei der Benutzung eines Telefons Informationen erfasst und gespeichert werden, mit denen der Arbeitgeber Rückschlüsse auf die Leistung oder das Verhalten der Mitarbeiter ziehen könnte, die das Telefon benutzen.

Das gilt natürlich insbesondere  für moderne IP-Telefone und Telefonanlagen, die ja softwarebasiert laufen, es gilt aber auch für die mittlerweile wohl veralteten ISDN-Telefone, mit denen ja zumindest gespeichert worden ist, wie lange jemand mit wem telefoniert hat.

Auch für den Einsatz von Telefonen bräuchte der Arbeitgeber also eigentlich das ausdrückliche Einverständnis des Betriebsrats.

Dienstfahrzeug

Ein Arbeitsmittel, das ganz viele Arbeitgeber und Betriebsräte nicht als “technische Überwachungseinrichtung” auf dem Schirm haben, sind Fahrzeuge wie Autos, Transporter, Lieferfahrzeuge usw.

Auch ein Auto oder ein sonstiges motorisiertes Fahrzeug ist in aller Regel eine mitbestimmungspflichtige “technische Überwachungseinrichtung” und  ich meine jetzt gar nicht Fahrzeuge, die der Arbeitgeber zu Überwachungszwecken mit speziellen Geräten ausgerüstet hat, z.B. mit einem GPS-Sender, mit einem elektronischen Fahrtenschreiber oder einer Dashcam, sondern ich meine ganz normal ausgestattete Autos, Transporter, Lieferfahrzeuge usw..

In praktisch allen modernen Fahrzeugen, die heutzutage auf den Straßen unterwegs sind, werden Daten zu fast allen Vorgängen im Fahrzeug erfasst, wie z.B. die Motordrehzahl, die Geschwindigkeit, der Kilometerstand, wann das Fahrzeug auf- und abgeschlossen wird und teilweise sogar die Blinker-Betätigung und die Sitzposition des Fahrers.

Die gesammelten Daten werden gespeichert und können über eine Schnittstelle ausgelesen werden und der Arbeitgeber könnte diese Daten natürlich für eine Leistungs- oder Verhaltenskontrolle der Arbeitnehmer verwenden, die mit dem Fahrzeug gefahren sind. 

Deshalb sind auch Autos, Transporter und auch alle sonstigen motorisierten Fahrzeuge in der Regel technische Überwachungseinrichtungen im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6, so dass also eigentlich erst einmal der Betriebsrat zustimmen müsste, bevor Arbeitnehmer mit solchen Fahrzeugen arbeiten dürfen.

Facebook-Seite/Internetseite

Die letzte Sache, die ich in diesem Video ansprechen möchte, haben ebenfalls viele Arbeitgeber und Betriebsräte nicht als mitbestimmungspflichtige “technische Überwachungseinrichtung” auf dem Schirm, und zwar handelt es sich hierbei um die Internetseite des Arbeitgebers.

Auch eine vom Arbeitgeber betriebene Internetseite ist eine mitbestimmungspflichtige “technische Überwachungseinrichtung”, wenn es auf dieser Internetseite die Möglichkeit für Besucher gibt, Beiträge zu hinterlassen.

Grund dafür ist, dass ein Beitrag eines Besuchers der Internetseite – je nach seinem Inhalt –  einem bestimmten Arbeitnehmer zugeordnet werden könnte und dass in dem Beitrag Informationen zur Leistung oder zum Verhalten des Arbeitnehmers enthalten sein können, womit dann eine Überwachung der Leistung oder des Verhaltens von Arbeitnehmern möglich wäre. Und mehr ist für die Einordnung einer Sache als mitbestimmungspflichtige “technische Überwachungseinrichtung” ja nicht erforderlich.

Entsprechendes gilt übrigens auch für eine Facebook-Seite und auch für jede andere Social-Media-Präsenz des Arbeitgebers. Wenn dort für Nutzer die Möglichkeit besteht, Kommentare zu hinterlassen, dann handelt es sich bei einer Social-Media-Präsenz des Arbeitgebers  um eine mitbestimmungspflichtige “technische Überwachungseinrichtung”, weil dadurch eine Kontrolle der Leistung oder des Verhaltens von Arbeitnehmern möglich ist.

Video: Auch der Einsatz dieser 5 alltäglichen Dinge muss erst vom Betriebsrat abgesegnet werden!

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Autor: Dr. jur Henning Kluge

Dr. Henning Kluge ist Rechtsanwalt und Fachwanwalt für Arbeitsrecht. Er berät und unterstützt Betriebsräte bei rechtlichen Fragen und bei Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber.

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