Bei einer Betriebsratswahl dürfen grundsätzlich alle volljährigen Arbeitnehmer kandidieren, die dem Betrieb seit mindestens sechs Monaten angehören. Was aber ist mit Arbeitnehmern, die vor der Wahl eine Kündigung bekommen haben? Dürfen gekündigte Arbeitnehmer ebenfalls an einer Betriebsratswahl teilnehmen?
Wenn ein Arbeitnehmer eine Kündigung bekommt, heißt dies noch lange nicht, dass das Arbeitsverhältnis auch tatsächlich endet. Denn in vielen Fällen ist eine vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung unwirksam. Um aber wieder an den Arbeitsplatz zurückkehren zu können, muss der gekündigte Arbeitnehmer zunächst einmal einen Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht führen. Ein solcher Kündigungsschutzprozess kann dauern, in extremen Fällen zwei Jahre und länger. Was ist nun, wenn in der Zwischenzeit Betriebsratswahlen stattfinden, bei denen der gekündigte Arbeitnehmer eigentlich kandidieren will? Darf ein gekündigter Arbeitnehmer an der Betriebsratswahl teilnehmen?
Gekündigte Arbeitnehmer behalten das passive Wahlrecht
Ein Arbeitnehmer, der die Kündigung bekommen hat, verliert das aktive Wahlrecht. Er kann also bei der Betriebsratswahl nicht selbst wählen. Allerdings besitzt er trotz der Kündigung weiterhin das passive Wahlrecht, er kann also bei der Wahl als Bewerber antreten und in den Betriebsrat gewählt werden. Dies hat das Bundesarbeitsgericht bereits ausdrücklich entschieden (Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 10. November 2004 – 7 ABR 12/04). Durch das Fortbestehen des passiven Wahlrechts im Falle einer Kündigung soll ausgeschlossen werden, dass ein Arbeitgeber durch eine Kündigung die Kandidatur eines ihm unliebsamen Bewerbers verhindert.
Voraussetzung für die weitere Wählbarkeit eines gekündigten Arbeitnehmers ist nur, dass dieser eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht eingereicht hat und der Kündigungsschutzprozess noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. Bis rechtskräftig gerichtlich geklärt ist, ob die Kündigung wirksam war, bleibt der Arbeitnehmer in den Betriebsrat wählbar.
Dürfen gekündigte Arbeitnehmer im Betrieb Wahlwerbung machen?
Eine gute Chance, in den Betriebsrat gewählt zu werben, haben vor allem die Wahlkandidaten, denen es gelingt, möglichst viele Wähler auf sich aufmerksam zu machen. Deshalb ist jedem Bewerber um ein Betriebsratsamt zu raten, vor der Betriebsratswahl Wahlwerbung zu machen.
Wahlwerbung kann z.B. dadurch betrieben werden, dass die Wahlkandidaten im Betrieb Gespräche mit den wahlberechtigten Arbeitnehmern führen oder Handzettel (Flyer) mit Wahlwerbung verteilen.
Auch Arbeitnehmer, die eine Kündigung erhalten haben, die aber dennoch bei der Betriebsratswahl kandidieren wollen, haben grundsätzlich das Recht, im Betrieb Wahlwerbung zu machen. Dieses Recht folgt aus § 20 Abs. 1 Satz BetrVG. Nach dieser Vorschrift darf kein Arbeitnehmer in der Ausübung seines passiven Wahlrechts beschränkt werden. Zur Ausübung des passiven Wahlrechts gehört auch das Betreiben von Wahlwerbung.
Um im Betrieb Wahlwerbung machen zu können, haben Wahlbewerber gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Zugang zum Betrieb. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Arbeitgeber ihnen ein Hausverbot erteilt hat. Ihren Anspruch auf Zugang zum Betrieb können Wahlbewerber notfalls auch mit Hilfe des Arbeitsgerichts durchsetzen, in Eilfällen mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Arbeitgeber.