Betriebsrat: Mitbestimmung bei Rückkehr eines Arbeitnehmers aus dem Home-Office?

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Hat der Betriebsrat ein Mitspracherecht, wenn der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer, der aktuell im Home-Office arbeitet, zukünftig wieder dauerhaft im Betrieb vor Ort arbeiten lassen will? Wenn ja, worauf muss der Betriebsrat achten, wenn er hier sein Mitspracherecht ausüben will? Und welche Folgen hätte es, wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat übergehen würde?

von Rechtsanwalt Dr. Kluge, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Hannover

Nach welchen gesetzlichen Vorschriften kommt ein Mitspracherecht des Betriebsrats in Betracht?

Für ein Mitspracherecht des Betriebsrats bei der dauerhaften Rückkehr eines Arbeitnehmers aus dem Home-Office in den Betrieb kommen insbesondere zwei gesetzliche Vorschriften in Betracht: § 87 Abs. 1 Nr. 14 und § 99 BetrVG.

Nach § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei mobiler Arbeit und auch die Arbeit im Home-Office fällt unter den Begriff “mobile Arbeit” im Sinne dieser Vorschrift. Mitbestimmungspflichtig ist nach § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG aber nur die Ausgestaltung mobiler Arbeit, also vereinfacht ausgedrückt die Frage, wie mobil gearbeitet wird. Die Frage, ob mobil gearbeitet wird, ob also Arbeitnehmer überhaupt im Home-Office arbeiten dürfen oder ob sie im Betrieb arbeiten müssen, ist nicht nach § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG mitbestimmungspflichtig. Mit dieser Vorschrift wird man als Betriebsrat deshalb nicht so einfach weiterkommen, wenn man bei der Frage mitreden will, ob ein Arbeitnehmer aus dem Home-Office dauerhaft zurück in den Betrieb kommen soll.

Deshalb schauen wir uns die zweite gesetzliche Vorschrift an, nach der dem Betriebsrat ein Mitspracherecht zustehen könnte, wenn der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer vom Home-Office zurück in den Betrieb beordern will: § 99 BetrVG. Nach § 99 BetrVG hat der Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrats zu beantragen, wenn er einen Arbeitnehmer versetzen will. Und die Anweisung, zukünftig nicht mehr im Home-Office zu arbeiten, sondern die Arbeitsleistung im Betrieb vor Ort zu erbringen, könnte eine Versetzung sein.

Ist die Rückkehr aus dem Home-Office eine zustimmungspflichtige Versetzung?

Nach der gesetzlichen Definition liegt eine zustimmungspflichtige Versetzung bei der Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs vor, die die Dauer von voraussichtlich einem Monat überschreitet oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist.

Der Begriff “Arbeitsbereich” ist dabei räumlich und funktional zu verstehen. Ein anderer Arbeitsbereich kann insbesondere dann vorliegen, wenn sich der Arbeitsort oder die Art der Tätigkeit ändert.

Es war bislang schon herrschende Meinung in der juristischen Literatur, dass die dauerhafte Rückkehr aus dem Home-Office eine Versetzung darstellt, bei der der Betriebsrat beteiligt werden muss. Jetzt hat aber auch das Bundesarbeitsgericht in einer aktuellen Entscheidung, zu der vor kurzem die Entscheidungsbegründung veröffentlicht worden ist, bestätigt, dass jedenfalls dann eine mitbestimmungspflichtige Versetzung vorliegt, wenn ein Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung bislang ganz überwiegend zu Hause an seinem häuslichen Arbeitsplatz erbracht hat und zukünftig ausschließlich im Betrieb vor Ort arbeiten soll (Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 20.10.2021 – 7 ABR 34/20).

Die Begründung des Bundesarbeitsgerichts ist dabei ganz einfach: Das Bundesarbeitsgericht sagt, dass in einem solchen Fall ein dauerhafter Wechsel des regelmäßigen Arbeitsortes vorliegt und die Maßnahme bereits aus diesem Grund als Versetzung anzusehen ist.

Wie kann der Betriebsrat bei der Rückkehr aus dem Home-Office mitentscheiden?

Weil es sich bei der dauerhaften Rückkehr aus dem Home-Office um eine Versetzung handelt, muss der Arbeitgeber vor der Umsetzung einer solchen Maßnahme den Betriebsrat informieren und die Zustimmung des Betriebsrats beantragen. Und der Betriebsrat hat dann die Möglichkeit seine Zustimmung zu verweigern.

Wenn der Betriebsrat seine Zustimmung zu einer Versetzung vom Home-Office in den Betrieb verweigern will, muss der Betriebsrat dem Arbeitgeber seine Zustimmungsverweigerung innerhalb einer Frist von einer Woche schriftlich mitteilen.

Dabei muss der Betriebsrat dem Arbeitgeber auch den Grund für seine Zustimmungsverweigerung nennen und der angegebene Grund muss sich einem der im Gesetz für den Betriebsrat vorgesehenen Zustimmungsverweigerungsgründe zuordnen lassen, damit die Zustimmungsverweigerung für den Arbeitgeber rechtlich beachtlich ist.

Ein solcher Grund für die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats kann z.B. sein, dass auf den Arbeitnehmer, der zukünftig nicht mehr zu Hause sondern im Betrieb vor Ort und arbeiten soll, entsprechende Fahrtzeiten und Fahrtkosten für die Fahrt zum Betrieb zukommen.

Welche Folgen hat die Nichtbeachtung des Mitspracherechts des Betriebsrats?

Wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat vor der Versetzung eines Arbeitnehmers vom Home-Office in den Betrieb nicht nach seiner Zustimmung fragen sollte, sondern er den Arbeitnehmer einfach so in den Betrieb beordern würde, hätte dies vor allem zwei Rechtsfolgen:

Im Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat wäre die Folge, dass der Betriebsrat beim Arbeitsgericht beantragen könnte, dem Arbeitgeber aufzugeben, die Versetzung rückgängig zu machen.

Und im Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer wäre die Folge, dass der Arbeitnehmer die Anweisung des Arbeitgebers, im Betrieb vor Ort zu arbeiten, nicht befolgen müsste, wenn diese Anweisung gegen den Willen des Arbeitnehmers erfolgt. Denn eine Versetzung, die der Arbeitgeber ohne die erforderliche Zustimmung des Betriebsrats durchführt, ist  – jedenfalls wenn sie für den betroffenen Arbeitnehmer nachteilig ist – zugunsten des Arbeitnehmers rechtlich unwirksam.

VIDEO: Betriebsrat – Mitbestimmung bei Rückkehr aus dem Home-Office?

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Autor: Dr. jur Henning Kluge

Dr. Henning Kluge ist Rechtsanwalt und Fachwanwalt für Arbeitsrecht. Er berät und unterstützt Betriebsräte bei rechtlichen Fragen und bei Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber.

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