Betriebsrat: Überwachung des Arbeitgebers

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Der Gesetzgeber hat dem Betriebsrat die Aufgabe übertragen, darauf zu achten, dass der Arbeitgeber sich an die zu Gunsten der Arbeitnehmer geltenden Vorschriften hält.

Aber welche Möglichkeiten hat ein Betriebsrat eigentlich, um dieser Überwachungsaufgabe nachzukommen? Und was muss und was kann der Betriebsrat tun, wenn er einen Verstoß des Arbeitgebers gegen eine Vorschrift feststellt?

Die Überwachungsaufgabe des Betriebsrats

In Deutschland gibt es viele Vorschriften zum Schutz von Arbeitnehmern, die die Arbeitgeber einhalten müssen. Es gibt aber keine staatliche Behörde oder sonstige Stelle, die wirklich regelmäßig und systematisch kontrolliert, ob ein Arbeitgeber diese Vorschriften auch tatsächlich einhält. Wohl nicht zuletzt aus diesem Grund hat der Gesetzgeber dem Betriebsrat die Aufgabe übertragen, zu kontrollieren, ob der Arbeitgeber die zum Schutz der Arbeitnehmer geltenden Regeln einhält.

Die Aufgabe des Betriebsrats, den Arbeitgeber im Hinblick auf die Einhaltung von Vorschriften zu überwachen, findet sich im Gesetz an einer sehr prominenter Stelle und zwar an allererster Stelle der in § 80 BetrVG aufgezählten “allgemeinen Aufgaben” des Betriebsrats.

Dort heißt es:

Der Betriebsrat hat folgende allgemeine Aufgaben:

1. darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden;

In Deutschland gibt es eine Vielzahl verschiedener Gesetze, die zugunsten der Arbeitnehmer gelten. Ein Beispiel für ein solches zugunsten der Arbeitnehmer geltendes Gesetz ist das Arbeitszeitgesetz. Das Arbeitszeitgesetz enthält Regelungen zur Begrenzung der Arbeitszeit. Das Arbeitszeitgesetz schreibt z.B. vor, dass die werktägliche Arbeitszeit normalerweise nicht mehr als 8 Stunden betragen darf und dass Arbeitnehmer spätestens nach 6 Stunden Arbeitszeit eine Pause bekommen müssen.

Neben dem Arbeitszeitgesetz gibt es aber noch viele weitere Gesetze, die Vorschriften zum Schutz von Arbeitnehmern erhalten, z.B.

  • das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz,
  • das Arbeitsschutzgesetz und
  • das Teilzeit- und Befristungsgesetz.

Der Betriebsrat hat aber nicht nur die Aufgabe, die Einhaltung von gesetzlichen Vorschriften zu kontrollieren, sondern er hat darüber hinaus die Einhaltung von

  • Verordnungen,
  • Unfallverhütungsvorschriften,
  • Tarifverträgen und
  • Betriebsvereinbarungen

zu kontrollieren.

Damit der Betriebsrat die Einhaltung all dieser Vorschriften kontrollieren kann, müssen sich die Betriebsratsmitglieder natürlich mit diesen Vorschriften auskennen. Nicht zuletzt aus diesem Grund haben die Betriebsratsmitglieder einen Anspruch darauf, auf Kosten des Arbeitgebers an Schulungen teilzunehmen, bei denen sie die nötigen Kenntnisse über die arbeitsrechtlichen Vorschriften vermittelt bekommen.

Wie kann der Betriebsrat seiner Überwachungsaufgabe nachkommen?

Wenn der Betriebsrat kontrollieren will, ob sich der Arbeitgeber an bestimmte Vorschriften hält, ist der Betriebsrat auf Informationen angewiesen. Wenn der Betriebsrat z.B. kontrollieren will, ob der Arbeitgeber die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes eingehalten hat, muss er wissen, zu welchen Zeiten die Arbeitnehmer gearbeitet haben.

Oder wenn der Betriebsrat z.B. kontrollieren will, ob der Arbeitgeber bei der Zahlung des Weihnachtsgeldes den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz eingehalten hat, muss er wissen, ob alle Arbeitnehmer ein Weihnachtsgeld in gleicher Höhe bekommen haben und wenn nicht, was die Gründe für die unterschiedlichen Zahlungen waren.

Für einen Betriebsrat gibt es verschiedene Möglichkeiten, an die Informationen zu gelangen, die er für die Wahrnehmung seiner Überwachungsaufgabe benötigt. Auf die aus meiner Sicht wichtigsten Möglichkeiten will ich jetzt kurz aufzählen.

Informationen vom Arbeitgeber verlangen

Der Betriebsrat hat gegen den Arbeitgeber einen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat alle Informationen übermittelt, die der Betriebsrat benötigt, um seine gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen zu können.

Wie wir gesehen haben, gehört es zu den gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats, den Arbeitgeber hinsichtlich der Einhaltung gesetzlicher und sonstiger Vorschriften zu überwachen. Der Betriebsrat hat deshalb das Recht, vom Arbeitgeber alle Informationen zu bekommen, die er benötigt, um dieser Überwachungsaufgabe nachkommen zu können.

Wenn der Betriebsrat eine bestimmte Information benötigt, um prüfen zu können, ob der Arbeitgeber eine bestimmte Vorschrift eingehalten hat, dann kann er einfach den Arbeitgeber auffordern, ihm diese Information zukommen zu lassen.

Wenn der Betriebsrat z.B. kontrollieren will, ob der Arbeitgeber die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes eingehalten hat, dann kann er den Arbeitgeber auffordern, ihm mitzuteilen, zu welchen genauen Zeiten die Arbeitnehmer z.B. im letzten Monat gearbeitet haben.

Arbeitnehmer befragen

Eine weitere Möglichkeit, um an Informationen zu kommen, die der Betriebsrat für die Wahrnehmung seiner Überwachungsaufgabe benötigt, besteht darin, die Arbeitnehmer des Betriebs zu befragen. Der Betriebsrat ist berechtigt, Arbeitnehmer während ihrer Arbeitszeit an ihren Arbeitsplätzen aufzusuchen und zu Themen zu befragen, die zum Aufgabenbereich des Betriebsrats gehören.

Ein vorherige Erlaubnis des Arbeitgeber oder der Vorgesetzten braucht der Betriebsrat dafür nicht. Der Betriebsrat sollte aber trotzdem so weit wie möglich darauf achten, dass es durch eine solche Befragung von Arbeitnehmern nicht zu Störungen im Betriebsablauf kommt.

Eine Betriebsbegehung durchführen

Wenn der Betriebsrat die Einhaltung von Unfallverhütungsvorschriften und sonstiger Vorschriften aus dem Bereich Arbeitsschutz kontrollieren will, kann der Betriebsrat eine sogenannte Betriebsbegehung durchführen. Der Betriebsrat ist berechtigt, alle Bereiche des Betriebs zu betreten, um zu kontrollieren, ob überall die arbeitnehmerschützenden Vorschriften eingehalten werden. Der Betriebsrat darf dabei auch solche Bereiche betreten, die „Unbefugte“ normalerweise nicht betreten dürfen.

Wenn der Betriebsrat eine Betriebsbegehung durchführen will, braucht er dazu nicht die vorherige Erlaubnis des Arbeitgebers. Meiner Meinung nach muss er die Betriebsbegehung grundsätzlich auch nicht vorher beim Arbeitgeber ankündigen, denn eine vorherige Ankündigung könnte den Zweck der Betriebsbegehung vereiteln, Verstöße gegen Vorschriften aufzudecken.

Was muss der Betriebsrat tun, wenn er einen Verstoß des Arbeitgebers gegen eine Vorschrift feststellt?

Wenn der Betriebsrat einen Verstoß gegen eine zugunsten der Arbeitnehmer geltende Vorschrift feststellt, hat der Betriebsrat die Aufgabe, den Arbeitgeber darauf aufmerksam zu machen und ihn aufzufordern, zukünftig für die Einhaltung der Vorschrift zu sorgen. Dazu könnte er z.B. eine entsprechende E-Mail an den Arbeitgeber schreiben.

Wenn der Betriebsrat das getan hat, hat er seine gesetzliche Pflicht erfüllt. Alle weiteren Maßnahmen liegen dann erst einmal ausschließlich im Verantwortungsbereich des Arbeitgebers.

Falls der Arbeitgeber aber nach der Aufforderung des Betriebsrats weiterhin gegen die Vorschrift verstoßen sollte, stellt sich die Frage, ob der Betriebsrat nicht noch mehr tun kann, um den Arbeitgeber dazu zu bringen, die Vorschrift einzuhalten.

Was kann der Betriebsrat tun, wenn der Arbeitgeber sich weiterhin nicht an die Vorschriften hält?

Ob der Betriebsrat noch mehr tun kann, als den Arbeitgeber bloß zur Einhaltung der Vorschriften aufzufordern, hängt davon ab, gegen was für eine Art von Vorschrift der Arbeitgeber verstoßen hat.

Arbeitgeber verstößt gegen ein Gesetz

Bei einem Verstoß des Arbeitgebers gegen eine gesetzliche Vorschrift ist der Betriebsrat zunächst einmal darauf beschränkt, den Arbeitgeber aufzufordern, die Vorschrift in Zukunft einzuhalten. Jedenfalls kann der Betriebsrat den Arbeitgeber nicht direkt mit gerichtlicher Hilfe zur Einhaltung gesetzlicher Vorschriften zwingen. Der Betriebsrat könnte beispielsweise nicht beim Arbeitsgericht gegen den Arbeitgeber auf Einhaltung der Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes klagen.

Es stellt sich aber die Frage, ob der Betriebsrat nicht trotzdem noch weitere Möglichkeiten hat, wenn der Arbeitgeber sich trotz ggf. mehrfacher Aufforderung nicht an eine gesetzliche Vorschrift hält.

In vielen Fällen stellt ein Verstoß des Arbeitgebers gegen eine arbeitnehmerschützende gesetzliche Vorschrift eine Ordnungswidrigkeit oder sogar eine Straftat dar. So ist z.B. ein Verstoß gegen die Pausenregelung des Arbeitszeitgesetzes eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße bis zu 15.000 Euro geahndet werden kann. Ein vorsätzlicher Verstoß gegen die Pausenregelung des Arbeitszeitgesetzes ist sogar eine Straftat, die mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft wird.

Wenn der Arbeitgeber gegen eine straf- oder bußgeldbewehrte Vorschrift verstoßen sollte, könnte der Betriebsrat auf die Idee kommen, eine Strafanzeige oder Ordnungswidrigkeitenanzeige gegen den Arbeitgeber zu erstatten. Ich persönlich würde davon allerdings fast immer abraten. Die Erstattung einer Straf- oder Ordnungswidrigkeitenanzeige gegen den Arbeitgeber sollte für den Betriebsrat erst als allerletztes Mittel in Betracht ziehen, wenn wirklich alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, den Arbeitgeber zur Einhaltung der gesetzlichen Vorschrift zu bewegen.

Mehr Sinn macht es normalerweise, sich als Betriebsrat zu überlegen, ob man den Arbeitgeber nicht mit Hilfe der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats und dann notfalls über ein Einigungsstellen- und/oder Arbeitsgerichtsverfahren zu einem rechtskonformen Verhalten zwingen kann. Das wird z.B. dann relativ gut möglich sein, wenn es um das Einhalten der Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes geht, weil der Betriebsrat bei den Arbeitszeiten ein sehr weitgehendes Mitbestimmungsrecht hat.

Arbeitgeber verstößt gegen eine Betriebsvereinbarung

Viel stärker als bei einem Verstoß gegen eine gesetzliche Vorschrift ist die Position des Betriebsrats, wenn der Arbeitgeber gegen eine Regelung aus einer Betriebsvereinbarung verstoßen sollte. Denn der Betriebsrat hat gegen den Arbeitgeber einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber sich an alle Regelungen hält, die Betriebsrat und Arbeitgeber in Betriebsvereinbarungen festgelegt haben.

Wenn der Arbeitgeber gegen eine Regelung aus einer Betriebsvereinbarung verstoßen sollte, kann der Betriebsrat einfach ein Arbeitsgerichtsverfahren einleiten und den Arbeitgeber mit Hilfe des Arbeitsgerichts zur Einhaltung der Betriebsvereinbarung zwingen.

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Autor: Dr. jur Henning Kluge

Dr. Henning Kluge ist Rechtsanwalt und Fachwanwalt für Arbeitsrecht. Er berät und unterstützt Betriebsräte bei rechtlichen Fragen und bei Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber.

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