Betriebsratsmitglied: Recht auf Einsicht in Betriebsratsunterlagen

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Im Zusammenhang mit der Arbeit des Betriebsrats sammeln sich im Laufe der Zeit eine Menge an Unterlagen an. Dazu gehören z.B. Sitzungsprotokolle, Schriftverkehr mit dem Arbeitgeber oder Dritten, Betriebsvereinbarungen usw. Jedes Betriebsratsmitglied hat das Recht, sich die Unterlagen des Betriebsrats und seiner Ausschüsse jederzeit anzusehen. Dies sieht § 34 Abs. 3 BetrVG vor.

Sinn und Zweck des Einsichtsrechts

Das Gesetz räumt den Betriebsratsmitgliedern ein Einsichtsrecht in die Unterlagen des Betriebsrats und der Ausschüsse ein, damit jedes Betriebsratsmitglied sich einen Überblick über die Gesamttätigkeit des Betriebsrats verschaffen kann. Durch das Einsichtsrecht soll das einzelne Betriebsratsmitglied die Aufgabenwahrnehmung des Betriebsrats und der anderen Betriebsratsmitglieder kontrollieren können.

Außerdem soll die gleichmäßige und vollständige Information aller Betriebsratsmitglieder sichergestellt werden. Damit dient das Einsichtsrecht zugleich auch dem Schutz von Minderheitengruppen im Betriebsrat.

Unterlagen des Betriebsrats und seiner Ausschüsse

Das Einsichtsrecht besteht hinsichtlich sämtlicher Unterlagen des Betriebsrats und seiner Ausschüsse. Dazu gehören Ankeralle schriftlichen Aufzeichnungen und Materialien, die der Betriebsrat oder ein Ausschuss angefertigt hat oder die ihm ständig zur Verfügung stehen. Dazu zählen z.B. Protokolle, Anträge, Betriebsvereinbarungen, Schriftverkehr und Bücher. Kein Anspruch auf Einsicht besteht jedoch im Hinblick auf Dokumente, die sich noch im Entwurfsstadium befinden.

Das Einsichtsrecht umfasst außerdem nur Unterlagen, die dem Betriebsrat bzw. Ausschuss auch tatsächlich vorliegen. Ein Betriebsratsmitglied kann nicht verlangen, dass der Betriebsrat oder ein Ausschuss bestimmte Unterlagen (wie z.B. ein Protokoll) anfertigt.

Das Recht zur Einsichtnahme gilt nicht nur für Unterlagen, die in Papierform vorhanden sind, sondern auch für Unterlagen, die elektronisch auf Datenträgern gespeichert sind. Das Einsichtsrecht umfasst auch die E-Mail-Korrespondenz des Betriebsrats.

Kein Grund erforderlich

Das Recht eines Betriebsratsmitglieds, sich die Unterlagen des Betriebsrats oder eines Ausschusses anzusehen, ist nicht an das Vorliegen eines bestimmten Grundes oder eines besonderen Interessen gebunden. Ein Betriebsratsmitglied kann ohne besonderen Anlass Einsicht in die Unterlagen nehmen. Es muss sein Verlangen nach Einsicht auch nicht begründen.

Ohne zeitliche Verzögerung

Das Gesetz sieht vor, dass die Einsichtnahme in die Betriebsratsunterlagen „jederzeit“ erfolgen kann. Für das Einsichtsrecht bestehen deshalb keine zeitlichen Beschränkungen. Jedes Betriebsratsmitglied soll sich ohne zeitliche Verzögerung über die Vorgänge im Betriebsrat informieren können. Es soll ausgeschlossen werden, dass Mitglieder des Betriebsrats aufgrund ihres Status oder aufgrund übertragener Sonderaufgaben (z.B. als Vorsitzender, als Ausschussmitglied, Systemadministrator oder aufgrund einer Freistellung) gegenüber anderen Betriebsratsmitgliedern ohne besondere Funktionen über einen Informationsvorsprung verfügen.

Grundsätzlich unzulässig ist es deshalb auch, die Einsichtnahme von einer vorherigen Terminvereinbarung abhängig zu machen. Die durch das Erfordernis einer Terminvereinbarung entstehenden Verzögerungen sind nicht mit dem Sinn und Zweck des Einsichtsrechts in Einklang zu bringen.

Die Gewährleistung des Rechts auf „jederzeitige“ Einsichtnahme kann es erfordern, dass ein Betriebsratsmitglied einen Schlüssel für das Betriebsratsbüro bekommen muss, in dem die Unterlagen aufbewahrt werden. Das hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg für den Fall entschieden, dass die jederzeitige Einsichtnahme in die Betriebsratsunterlagen auf andere Weise nicht gesichert ist (Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. Februar 2013 – 13 TaBV 11/12).

Bei elektronisch gespeicherten Unterlagen (Dateien, E-Mails) können Betriebsratsmitglieder einen Anspruch auf einen eigenen Zugang zu dem Server haben, auf dem die Unterlagen gespeichert sind (Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 12. August 2009 – 7 ABR 15/08).

Unabdingbarkeit des Einsichtsrechts

Das Recht der einzelnen Betriebsratsmitglieder zur Einsichtnahme der Betriebsratsunterlagen ist unabdingbar. Es kann weder durch die Geschäftsordnung des Betriebsrats noch durch einen Betriebsratsbeschluss eingeschränkt werden.

Allerdings muss das Betriebsratsmitglied das Einsichtsrecht so ausüben, dass die Arbeit des Betriebsrats bzw. des Ausschusses nicht gestört oder behindert wird. Auch darf das Einsichtsrecht nicht missbräuchlich ausgeübt werden.

Keine Einschränkung durch Datenschutz und Betriebsgeheimnisse

Das Einsichtsrecht eines Betriebsratsmitglieds in Unterlagen kann nicht unter Hinweis auf Datenschutzgesichtspunkte eingeschränkt werden. Ein Betriebsratsmitglied hat auch dann das Recht, sich Unterlagen anzusehen, wenn diese personenbezogene Daten enthalten. Dem Datenschutz wird durch die den Betriebsratsmitgliedern obliegende Verschwiegenheitspflicht Genüge getan.

Die Einsicht in Unterlagen darf einem Betriebsratsmitglied auch nicht mit der Begründung verweigert werden, die Unterlagen würden Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse enthalten. Auch die Wahrung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen ist durch die Verschwiegenheitspflicht der Betriebsratsmitglieder gewährleistet.

Anfertigung von Kopien

Fraglich ist, ob sich Betriebsratsmitglieder von den Betriebsrats- bzw. Ausschussunterlagen auch Kopien anfertigen dürfen. In einer älteren Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht ein Recht auf Anfertigung von Kopien abgelehnt. In der juristischen Literatur wird demgegenüber mittlerweile überwiegend die Auffassung vertreten, dass sich ein Betriebsratsmitglied durchaus auch Kopien der Unterlagen anfertigen kann.

Was ist, wenn die Einsichtnahme verweigert wird?

Wenn einem Betriebsratsmitglied die Einsicht in Unterlagen des Betriebsrats oder eines Ausschusses verweigert oder nur verzögert gewährt wird, kann das Mitglied sein Einsichtsrecht mit gerichtlicher Hilfe durchsetzen. Dazu kann es entweder selbst oder durch einen Rechtsanwalt einen entsprechenden Antrag beim Arbeitsgericht einreichen. Die entstehenden Anwaltsgebühren muss grundsätzlich der Arbeitgeber tragen.

Wenn einem Betriebsratsmitglied die Einsicht in Unterlagen wiederholt verweigert wird, kann dies eine grobe Pflichtverletzung im Sinne des § 23 Abs. 1 BetrVG darstellen, die sogar eine Auflösung des Betriebsrats rechtfertigen kann.

Video: Betriebsrat-E-Mails, Protokolle und Schriftverkehr – Was darf sich ein Betriebsratsmitglied ansehen?

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Autor: Dr. jur Henning Kluge

Dr. Henning Kluge ist Rechtsanwalt und Fachwanwalt für Arbeitsrecht. Er berät und unterstützt Betriebsräte bei rechtlichen Fragen und bei Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber.

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