Jede Betriebsratssitzung muss dokumentiert werden – doch was gehört zwingend ins Protokoll? Wer ist für die Erstellung verantwortlich? Und wer darf Einsicht nehmen? In diesem Artikel erfährst du alles rund um die rechtlichen Vorgaben zu den Protokollen der Betriebsratssitzungen.
von Rechtsanwalt Dr. jur. Henning Kluge
Für jede Betriebsratssitzung muss ein Sitzungsprotokoll angefertigt werden. Das Protokoll einer Betriebsratssitzung erfüllt zwei wichtige Funktionen:
- Es dient als Nachweis für die auf der Sitzung gefassten Beschlüsse.
- Es gibt Betriebsratsmitgliedern, die nicht an der Sitzung teilgenommen haben, die Möglichkeit, sich über die Vorgänge auf der Sitzung zu informieren.
Erstellung des Protokolls
Wer die Protokolle einer Betriebsratssitzung erstellt, ist nicht vorgeschrieben. Die Erstellung der Protokolle gehört zur laufenden Geschäftsführung des Betriebsrats und ist deshalb bei Betriebsräten, die aus neun oder mehr Mitgliedern bestehen, Aufgabe des Betriebsausschusses. Bei kleineren Betriebsräten ist die Erstellung der Sitzungsprotokolle Aufgabe des gesamten Gremiums. Es ist allerdings üblich, dass der Betriebsrat ein Betriebsratsmitglied mit der Erstellung der Protokolle beauftragt. Dazu wird in der Regel ein Betriebsratsmitglied zum Schriftführer bestellt. Dieses Betriebsratsmitglied ist dann für die Erstellung der Sitzungsprotokolle zuständig. Die Bestellung eines Schriftführers erfolgt durch einen Beschluss des Betriebsrats. Der Betriebsratsvorsitzende ist nicht berechtigt, eigenmächtig ein Betriebsratsmitglied als Schriftführer zu bestimmen.
Muster:
Tagesordnungspunkt
Bestellung eines SchriftführersBeschlusstext
Herr / Frau … [Name] wird zum / zur Schriftführer / in bestellt. Ihm/ihr wird die Aufgabe übertragen, die Protokolle der Betriebsratssitzungen zu erstellen.Abstimmungsergebnis:
Ja … / Nein … / Enthaltungen …
Gerade in größeren Betrieben kann der Betriebsrat auch eine Schreibkraft, die kein Betriebsratsmitglied ist, mit der Erstellung des Sitzungsprotokolls beauftragen. Die Schreibkraft darf dann an den Betriebsratssitzungen teilnehmen, um das Protokoll erstellen zu können. Die Hinzuziehung einer externen Schreibkraft gilt nicht als Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit von Betriebsratssitzungen.
Inhalt des Protokolls
Für die Protokolle der Betriebsratssitzungen gibt es einen gesetzlich vorgeschriebenen Mindestinhalt. Ein Sitzungsprotokoll muss mindestens
- den Wortlaut der in der Sitzung gefassten Beschlüsse und
- die Angabe des Stimmenverhältnisses enthalten, mit dem diese gefasst worden sind.
Ob und welche weiteren Vorgänge darüber hinaus mit in das Sitzungsprotokoll aufgenommen werden, kann die Person, die das Protokoll anfertigt, grundsätzlich selbst entscheiden. Der Betriebsrat kann allerdings durch einen Beschluss oder durch eine Regelung in seiner Geschäftsordnung nähere Vorgaben zum Inhalt der Protokolle machen. Diese Vorgaben wären dann von der Person, die das Protokoll erstellt, einzuhalten.
Über den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestinhalt hinaus, sollten in das Protokoll einer Betriebsratssitzung auch noch aufgenommen werden
- eine kurze Zusammenfassung der wesentlichen Diskussionsinhalte zu den einzelnen Tagesordnungspunkten sowie
- ausdrücklich zu Protokoll gegebene Erklärungen von Sitzungsteilnehmern, sofern es solche geben sollte.
Muster für das Protokoll einer Betriebsratssitzung:
Protokoll der Betriebsratssitzung vom … [Datum]
Ort: …
Beginn: … Uhr
Ende: … UhrAnwesende:
siehe beigefügte AnwesenheitslisteTOP 1: Eröffnung der Sitzung und Beschlussfassung zur Tagesordnung
Der Betriebsratsvorsitzende eröffnet die Sitzung.
Der Betriebsratsvorsitzende stellt den folgenden Antrag zur Abstimmung:
„Die Tagesordnung soll um den folgenden Punkt ergänzt werden: …“
Abstimmung:
Ja … / Nein … / Enthaltungen …Ergebnis:
Die Tagesordnung wird ergänzt/nicht ergänzt.TOP 2: Genehmigung des Protokolls der Sitzung vom … [Datum]
Der Betriebsratsvorsitzende stellt den folgenden Antrag zur Abstimmung:
„Das Protokoll der Betriebsratssitzung vom … [Datum] wird genehmigt.“
Abstimmung:
Ja … / Nein … / Enthaltungen …Ergebnis:
Das Protokoll ist damit genehmigt/nicht genehmigt.TOP 3: Einleitung eines Arbeitsgerichtsverfahrens wegen nicht genehmigter Überstunden
Die Anwesenden beraten über das Thema Überstunden.
Der Betriebsratsvorsitzende stellt den folgenden Antrag zur Abstimmung:
„Es soll ein Arbeitsgerichtsverfahren mit dem Ziel eingeleitet werden, dass dem Arbeitgeber vom Gericht aufgeben wird, keine Überstunden mehr leisten zu lassen, solange der Betriebsrat nicht zugestimmt hat. Der Betriebsrat beauftragt Frau
Rechtsanwältin Dr. Schlau, Kanzleistraße 17, 30159 Hannover, mit der Einleitung und Durchführung dieses Verfahrens.“Abstimmung:
Ja … / Nein … / Enthaltungen …Ergebnis:
Der Antrag ist damit abgelehnt/angenommen.TOP 4: Personelle Einzelmaßnahmen
4.1 Einstellung des Herrn Sascha Schmidt
Es wird über die beabsichtigte Einstellung des Herrn Sascha Schmidt beraten.
Der Betriebsratsvorsitzende stellt anschließend den folgenden Antrag zur Abstimmung:
„Der Betriebsrat verweigert seine Zustimmung zu der Einstellung des Herrn Sascha Schmidt.“
Abstimmung:
Ja … / Nein … / Enthaltungen …Ergebnis:
Der Antrag ist damit abgelehnt/angenommen.4.2 Versetzung der Frau Marion Müller
Es wird über die beabsichtigte Versetzung der Frau Marion Müller beraten. Der Betriebsratsvorsitzende stellt anschließend den folgenden Antrag zur Abstimmung:
„Der Betriebsrat verweigert seine Zustimmung zu der Versetzung der Frau Marion Müller.“
Abstimmung:
Ja … / Nein … / Enthaltungen …Ergebnis:
Der Antrag ist damit abgelehnt/angenommen.4.3 Kündigung des Herrn Michael Meyer
Es wird über die beabsichtigte Kündigung des Herrn Michael Meyer beraten.
Der Betriebsratsvorsitzende stellt anschließend den folgenden Antrag zur Abstimmung: „Der Betriebsrat widerspricht der Kündigung des Herrn Michael Meyer.“Abstimmung:
Ja … / Nein … / Enthaltungen …Ergebnis:
Der Antrag ist damit abgelehnt/angenommen.TOP 5: Beschlussfassung zu der Betriebsvereinbarung „Arbeitszeit“
Es wird über den vorliegenden Entwurf der Betriebsvereinbarung „Arbeitszeit“ beraten.
Der Betriebsratsvorsitzende stellt anschließend den folgenden Antrag zur Abstimmung:
„Der Betriebsrat stimmt dem Entwurf der Betriebsvereinbarung ‚Arbeitszeit‘ vom … zu.“
Abstimmung:
Ja … / Nein … / Enthaltungen …Ergebnis:
Der Antrag ist damit abgelehnt / angenommen.TOP 6: …
TOP 7: Verschiedenes
Es wurde über die folgenden weiteren Themen gesprochen: …
(Betriebsratsvorsitzende/r)
(Betriebsratsmitglied)
Formalien
Das Protokoll einer Betriebsratssitzung muss vom Betriebsratsvorsitzenden und einem weiteren Betriebsratsmitglied unterschrieben werden. Mit diesen Unterschriften soll bestätigt werden, dass der Inhalt des Protokolls richtig ist. Welches Betriebsratsmitglied ein Protokoll neben dem Betriebsratsvorsitzenden unterschreibt, ist nicht vorgeschrieben. Es muss jedoch ein Mitglied des Betriebsrats sein, das an der Sitzung teilgenommen hat.
Dem Sitzungsprotokoll muss eine Anwesenheitsliste beigefügt werden, in die sich jeder Sitzungsteilnehmer eigenhändig mit seiner Unterschrift eingetragen hat (siehe dazu „Anwesenheitsliste“ auf Seite 35). Wenn eine Person nicht an der gesamten Betriebsratssitzung teilgenommen hat, muss auch der Zeitraum der Teilnahme in der Anwesenheitsliste festgehalten sein. Falls eine Person virtuell an der Sitzung teilgenommen hat, muss sie ihre Teilnahme an der Sitzung in Textform bestätigen (siehe Seite <?>). Diese Bestätigung ist dann so wie die Anwesenheitsliste ebenfalls dem Protokoll beizufügen.
Wer darf sich die Protokolle ansehen?
Die Protokolle der Betriebsratssitzungen sind interne Dokumente des Betriebsrats. Deshalb haben nur die Betriebsratsmitglieder das Recht, sich diese anzusehen. Jedes Betriebsratsmitglied hat das Recht, sich jederzeit sämtliche Protokolle der Betriebsratssitzungen anzusehen. Ein bestimmter Grund oder Anlass ist dafür nicht erforderlich.
Die Ersatzmitglieder haben das Recht, sich die Protokolle der Betriebsratssitzungen anzusehen, wenn und solange sie für ein verhindertes Betriebsratsmitglied in den Betriebsrat nachgerückt sind.
Andere Personen als die Betriebsratsmitglieder (und ggf. Ersatzmitglieder) haben kein Einsichtsrecht in die Sitzungsprotokolle, insbesondere nicht der Arbeitgeber. Allerdings kann der Arbeitgeber in bestimmten Fällen einen Anspruch auf Überlassung einer Kopie eines Sitzungsprotokolls oder eines Protokollauszugs haben.
Aushändigung von Kopien eines Sitzungsprotokolls
Es gibt Situationen, in denen Außenstehende einen Anspruch auf eine Kopie eines Sitzungsprotokolls bzw. eines Protokollauszugs haben. Einen solchen Anspruch können haben
- der Arbeitgeber und
- Gewerkschaftsvertreter.
Wenn der Arbeitgeber oder ein Gewerkschaftsvertreter an einer Betriebsratssitzung teilgenommen haben, muss der Betriebsrat ihnen nach der Sitzung unaufgefordert eine Kopie des Teils des Protokolls der Betriebsratssitzung zukommen lassen, der ihre Teilnahme betrifft. Außerdem muss auch eine Kopie der Anwesenheitsliste mit übersandt werden. Falls der Arbeitgeber oder der Gewerkschaftsvertreter an der gesamten Sitzung teilgenommen haben, bekommen sie eine Kopie des gesamten Protokolls. Wenn der Betriebsrat zu dem Tagesordnungspunkt, an dem der Arbeitgeber bzw. der Gewerkschaftsvertreter teilgenommen haben, auch einen Beschluss gefasst haben sollte, muss der Protokollauszug auch diese Beschlussfassung enthalten (Beschlusstext und Angabe des Stimmenverhältnisses).
Der Arbeitgeber hat noch in einer weiteren Situation einen Anspruch auf eine Kopie des Protokolls einer Betriebsratssitzung bzw. eines Protokollauszugs (einschließlich Beschlussfassung und Anwesenheitsliste), auch wenn er nicht an der Betriebsratssitzung teilgenommen hat. Das ist dann der Fall, wenn der Betriebsrat auf einer Sitzung einen Beschluss gefasst hat, mit dem er dem Abschluss einer Betriebsvereinbarung zugestimmt hat. Grund dafür ist, dass der Arbeitgeber prüfen können soll, ob der Betriebsrat der Betriebsvereinbarung mit einem rechtswirksamen Beschluss zugestimmt hat. Denn ein solcher Beschluss ist Voraussetzung für das rechtswirksame Zustandekommen einer Betriebsvereinbarung. Der Betriebsrat muss dem Arbeitgeber die Kopie in diesem Fall aber nicht von sich aus zukommen lassen, sondern nur nach Aufforderung durch den Arbeitgeber.
Auch ein Betriebsratsmitglied kann einen Anspruch auf eine Kopie eines Sitzungsprotokolls haben. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass das Betriebsratsmitglied eine solche Kopie aus einem besonderen Grund benötigt. Andernfalls hat ein Betriebsratsmitglied keinen Anspruch auf eine Kopie, sondern nur das ihm immer zustehende Einsichtsrecht.
Alle übrigen Teilnehmer einer Betriebsratssitzung haben keinen Anspruch auf eine Kopie des Sitzungsprotokolls.
Aufbewahrung der Protokolle
Der Betriebsrat muss die Protokolle seiner Betriebsratssitzungen aufbewahren, und zwar so lange, wie deren Inhalt von rechtlicher Bedeutung ist.
Beispiel:
Der Betriebsrat hat mit dem Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit abgeschlossen. Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Betriebsvereinbarung ist, dass der Betriebsrat dieser mit einem rechtswirksamen Beschluss zugestimmt hat. Der Betriebsrat muss deshalb das Protokoll der Betriebsratssitzung, auf der er seinen Beschluss zur Zustimmung zu der Betriebsvereinbarung gefasst hat, so lange aufbewahren, wie diese Betriebsvereinbarung in Kraft ist.
Die Pflicht zur Aufbewahrung des Protokolls einer Betriebsratssitzung kann sogar über das Ende der Amtsperiode eines Betriebsrats hinausgehen. In diesem Fall muss der Betriebsrat, dessen Amtszeit abgelaufen ist, die Protokolle an den neu gewählten Betriebsrat übergeben. Ein Betriebsrat, dessen Amtszeit abläuft, darf also die Protokolle seiner Betriebsratssitzungen nicht einfach vernichten.