5 Reiz-Themen, bei denen der Betriebsrat mitzubestimmen hat

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Was ist eine Einstellung im Sinne von § 99 BetrVG?

Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht bei Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb, der Betriebsrat entscheidet über diese Fragen gleichberechtigt mit dem Arbeitgeber mit. Zu den mitbestimmungspflichtigen Fragen, die der Betriebsrat gleichberechtigt mit dem Arbeitgeber mitentscheiden kann, gehören z.B. Vorgaben zur Arbeitskleidung oder der Erlass eines Rauchverbots oder Alkoholverbots, das wird den meisten bekannt sein.

Es gibt aber auch noch ganz viele weitere Themen, die vom Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats beim betrieblichen Ordnungsverhalten umfasst sind. In diesem Artikel geht es um 5 mitbestimmungspflichtige Themen, die entweder von ganz besonders wichtiger Bedeutung für alle Arbeitnehmer sind oder es sind Themen, bei denen es sich um echte Reizthemen handeln kann, bei denen die Emotionen durchaus auch einmal überkochen können und bei denen es schnell zu Konflikten oder Streit im Betrieb kommen kann.

AU-Bescheinigung ab dem 1. Krankheitstag

Bei dem ersten Thema geht es um Fälle, in denen ein Arbeitnehmer krankheitsbedingt arbeitsunfähig ist.

Nach dem Gesetz ist es ja so, dass ein Arbeitnehmer, der krankheitsbedingt nicht arbeiten kann, sich seine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit nur dann von einem Arzt attestieren lassen muss, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als 3 Tage dauert. Das steht so in § 5 Entgeltfortzahlungsgesetz.

Was allerdings auch im Gesetz steht, ist, dass der Arbeitgeber von einem Arbeitnehmer verlangen kann, sich die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit auch schon zu einem früheren Zeitpunkt von einem Arzt bescheinigen zu lassen, also z.B. auch schon dann, wenn die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit nur 1 Tag dauert.

Und von dieser Möglichkeit, eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung schon ab dem ersten Krankheitstag zu verlangen, machen viele Arbeitgeber auch Gebrauch.

Bei der Anweisung, eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung schon ab dem ersten Krankheitstag vorzulegen, handelt es sich aber um eine Maßnahme des Arbeitgebers, die zum mitbestimmungspflichtigen Ordnungsverhalten nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG zählt.

Der Arbeitgeber braucht für eine solche Anweisung deshalb grundsätzlich erst einmal die ausdrückliche Zustimmung des Betriebsrats. 

“Hygieneregeln”

Das nächste Thema spielte vor allem in der Zeit der Corona-Pandemie eine große Rolle, es gibt davon aber in ganz vielen Betrieben immer noch Überbleibsel, und zwar geht es hier um Hygienemaßnahmen im Betrieb. 

In vielen Betrieben findet man immer noch Aushänge mit Regeln zum Händewaschen, mit Abstandsvorschriften, mit Regeln dazu, wie viele Personen sich maximal in einem Raum aufhalten oder den Fahrstuhl benutzen dürfen usw., die es in diesem Ausmaß vor der Corona-Pandemie so nicht gab.

Solche Regeln sind mitbestimmungspflichtig nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, weil sie nicht dazu dienen, die vertragsgemäße Erfüllung der von den Arbeitnehmern geschuldeten Arbeit zu gewährleisten, sondern weil sie das sonstige Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb regeln.

Falls es im Betrieb noch strenge Hygienemaßnahmen aus der Zeit der Corona-Pandemie geben sollte und der Betriebsrat diese für nicht oder nicht mehr nötig halten sollte, könnte der Betriebsrat vom Arbeitgeber Änderungen an diesen Regeln verlangen.

Denn der Betriebsrat hat hier im Zusammenhang mit seinem Mitbestimmungsrecht beim betrieblichen Ordnungsverhalten natürlich auch ein Initiativrecht, das heißt, er kann von sich aus aktiv werden und vom Arbeitgeber Änderungen an bestehenden Regeln fordern.

Regeln zum Aufräumen 

Ein Thema, das ein echtes Reizthema im Betrieb sein kann, ist das Thema Sauberkeit und Ordnung in Pausenräumen.

In den meisten Betrieben gibt es ja Pausenräume, die z.B. ausgestattet sind mit Tischen und Stühlen, einer Kaffeemaschine, einer Mikrowelle oder sogar mit einer kompletten Küche einschließlich Geschirrspüler.

Was jetzt vorkommen kann ist, dass sich in einem solchen Pausenraum nach einem Arbeitstag das benutzte Geschirr stapelt oder dass nach der Mittagspause die Tische verschmutzt zurückgelassen werden und das gefällt natürlich nicht jedem.

Deshalb gibt es in vielen Pausenräumen Aushänge, mit denen die Mitarbeiter durch verschiedene Regeln dazu angehalten werden, den Pausenraum sauber und ordentlich zu halten

Und solche Regeln gehören natürlich zum mitbestimmungspflichtigen Ordnungsverhalten, d.h. der Betriebsrat muss solchen Regeln eigentlich erst einmal zustimmen, bevor sie ausgehängt werden dürfen und der Betriebsrat könnte solche Regeln aufgrund seines Initiativrechts auch selbst vorschlagen und durchsetzen, wenn der Betriebsrat ein Problem mit der Ordnung und Sauberkeit in den Pausenräumen sieht.

Mitbringen von Haustieren

Auch das Verbot, Haustiere wie z.B. einen Hund mit zur Arbeit bringen zu dürfen, oder umgekehrt die ausdrückliche Erlaubnis, ein Haustier mit zur Arbeit bringen zu dürfen, kann ein Thema sein, bei dem der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG hat. 

Mitbestimmungspflichtig ist dieses Thema aber nur dann, wenn die Anwesenheit des Tieres keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Arbeitsleistung hat.

Wenn ein Arbeitnehmer z.B. direkten, persönlichen Kontakt zu Kunden hat und die Anwesenheit des Haustieres diesen Kundenkontakt stören könnte, dann würden Regelungen zum Mitbringen eines Haustieres wohl nicht dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats unterliegen.

Wenn ein Arbeitnehmer dagegen beispielsweise in einem Büro arbeitet, das nicht von Kunden oder sonstigen externen Personen aufgesucht wird, dann ist durch die Anwesenheit eines Haustieres nicht die Art und Weise der Arbeitsleistung betroffen und dann wären Regelungen zu der Frage, ob ein Haustier wie z.B. ein Hund mit ins Büro gebracht werden darf, nach meiner Rechtsauffassung mitbestimmungspflichtig.

Leitlinien zum Gendern

Ein echtes Reizthema, bei dem ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG in Betracht kommt,  ist das Thema “Gendern”.

Mit dem Begriff “Gendern” ist das Verwenden einer geschlechtergerechten Sprache gemeint, womit die Gleichbehandlung aller Geschlechter zum Ausdruck gebracht werden soll.

Es gibt schon viele Arbeitgeber, die sogenannte  „Leitlinien zu einer gendergerechten Sprache“ oder Ähnliches in ihren Betrieben bekannt gegeben haben und in diesen Leitlinien sind dann Regeln enthalten, die die Mitarbeiter anwenden sollen, um in ihrer Kommunikation eben die Gleichbehandlung aller Geschlechter zum Ausdruck zu bringen.

Eine solche Regel könnte z.B. sein, dass in schriftlichen Dokumenten das Gender-Sternchen verwendet werden soll.

Regeln zum Gendern können mitbestimmungspflichtig nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG sein, man muss hier aber wahrscheinlich unterscheiden.

Sollen die Regeln für die dienstliche Kommunikation der Mitarbeiter gegenüber Außenstehenden gelten, z.B. für geschäftliche E-Mails an Kunden des Arbeitgebers, dann wären Vorgaben zum Gendern nicht mitbestimmungspflichtig, weil diese Vorgaben unmittelbar die Art und Weise der Arbeitsleistung der Arbeitnehmer betreffen, es geht hier letztlich um die Inhalte und die Gestaltung eines Arbeitsprodukts, in meinem Beispiel um das Arbeitsprodukt “E-Mail an Kunden”.

Soweit die Vorgaben aber für die interne Kommunikation im Betrieb unter den Mitarbeitern gelten sollen, wären sie nach meiner Rechtsauffassung mitbestimmungspflichtig, weil es beim  Gendern unter Kollegen nicht schwerpunktmäßig darum geht, wie eine bestimmte Arbeitsleistung aussehen soll, sondern es geht hier eher um das Zusammenleben der Arbeitnehmer und die Umgangsformen untereinander und damit nicht in erster Linie um das Arbeitsverhalten, sondern um das sonstige Verhalten im Betrieb.

Video: Bei diesen 5 Reiz-Themen hat der Betriebsrat mitzubestimmen!

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Autor: Dr. jur Henning Kluge

Dr. Henning Kluge ist Rechtsanwalt und Fachwanwalt für Arbeitsrecht. Er berät und unterstützt Betriebsräte bei rechtlichen Fragen und bei Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber.

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