Man spricht von einem Betriebsübergang, wenn ein Betrieb oder ein Betriebsteil von dem ursprünglichen Betriebsinhaber auf einen neuen Inhaber übergeht. Bei einem Betriebsübergang ergeben sich zum einen Folgen für die von dem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer. Zum anderen kann ein Betriebsübergang auch Auswirkungen auf die Rechtsstellung des Betriebsrats und der Betriebsratsmitglieder haben.
Was ist ein Betriebsübergang?
Wenn von einem Betriebsübergang gesprochen wird, ist normalerweise ein Betriebsübergang im Sinne des § 613a BGB gemeint. In dieser Vorschrift sind die Rechtsfolgen eines Betriebsübergangs geregelt. Ein Betriebsübergang im Sinne des § 613a BGB ist die Übertragung eines Betriebs auf einen neuen Inhaber durch eine Vereinbarung zwischen dem alten und dem neuen Betriebsinhaber.
Voraussetzungen für einen Betriebsübergang
Ein Betriebsübergang im Sinne des § 613a BGB liegt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor, wenn ein neuer Inhaber „eine bestehende wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität fortführt“. Unter einer „wirtschaftlichen Einheit“ versteht das Bundesarbeitsgericht dabei jede „hinreichend strukturierte und selbständige Gesamtheit von Personen und Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigenem Zweck“.
Die Frage, ob ein Betriebsübergang vorliegt, ist in vielen Fällen einfach und eindeutig zu beantworten und dann normalerweise auch zwischen allen Beteiligten unstreitig. Im Einzelfall kann die Beantwortung dieser Frage aber auch äußerst schwierig sein.
In problematischen Fällen muss die Frage, ob ein Betriebsübergang vorliegt, anhand einer Gesamtbewertung aller Umstände des Einzelfalls beantwortet werden. Dabei sind z.B. die folgenden Aspekte zu berücksichtigen:
- Art des Betriebs (z.B. reiner Produktionsbetrieb oder Dienstleistungsbetrieb)
- Übergang der materiellen Betriebsmittel (z.B. Gebäude und bewegliche Sachen)
- Übernahme der Hauptbelegschaft
- Übergang der Kundschaft / Übertragung der Kundenkartei
- Eintritt des Erwerbers in laufende Verträge
- Grad der Ähnlichkeit zwischen den vorher und nachher ausgeübten betrieblichen Tätigkeiten
- Dauer einer eventuellen Unterbrechung der betrieblichen Tätigkeiten
Übergang eines Betriebsteils
Es können nicht nur ganze Betriebe, sondern auch einzelne Teile eines Betriebs auf einen neuen Inhaber übergehen. Auch für einen solchen Betriebsteilübergang gilt die Vorschrift des § 613a BGB. Ein Betriebsteilübergang hat grundsätzlich dieselben Rechtsfolgen wie ein vollständiger Betriebsübergang.
Betriebsteile sind Teileinheiten (Teilorganisationen) eines Betriebes, mit denen innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt wird.
Damit ein Betriebsteilübergang mit den Rechtsfolgen des § 613a BGB vorliegt, muss der Betriebsteil beim Übergang – ebenso wie ein Betrieb beim Betriebsübergang – seine Identität bewahren.
Folgen eines Betriebsübergangs für die einzelnen Arbeitnehmer
Der Übergang eines Betriebs bzw. eines Betriebsteils hat rechtliche Folgen für die Arbeitnehmer, die in dem Betrieb bzw. Betriebsteil beschäftigt werden.
Übergang des Arbeitsverhältnisses
Die wichtigste Rechtsfolge eines Betriebsübergangs besteht darin, dass die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer des Betriebs von dem alten Betriebsinhaber auf den neuen Betriebsinhaber übergehen. Dadurch werden die Arbeitsverhältnisse mit dem ursprünglichen Betriebsinhaber beendet und der neue Betriebsinhaber wird der neue Arbeitgeber. Bei dem Übergang eines Betriebsteils gehen (nur) die Arbeitsverhältnisse der in diesem Betriebsteil beschäftigten Arbeitnehmer auf den neuen Inhaber über.
Dieser gesetzlich angeordnete Übergang der Arbeitsverhältnisse ist zwingend. Der Verkäufer und der Erwerber des Betriebs können diese Rechtsfolge nicht durch eine Vereinbarung ausschließen.
Übergang mit allen Rechten und Pflichten
Die Arbeitsverhältnisse gehen mit allen Rechten und Pflichten auf den neuen Betriebsinhaber über. Es ändert sich nur die Person des Arbeitgebers. Alle anderen vertraglichen Regelungen bleiben so wie sie sind. Man kann sich das so vorstellen, als würde im Arbeitsvertrag einfach der Name des alten Betriebsinhabers gestrichen und der Name des neuen Betriebsinhabers eingefügt.
Rechte und Pflichten aus Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen
Besonderheiten gelten, wenn die Rechte und Pflichten eines Arbeitsverhältnisses in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung geregelt sind. Regelungen aus einem Tarifvertrag und aus einer Betriebsvereinbarung werden bei einem Betriebsübergang kraft Gesetzes in arbeitsvertragliche Regelungen umgewandelt und Bestandteil des Arbeitsverhältnisses zwischen Arbeitnehmer und neuem Betriebsinhaber. Man kann sich dies so vorstellen, als würden die entsprechenden Texte aus den Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen mit in den Arbeitsvertrag geschrieben.
Rechte und Pflichten aus Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen werden aber nicht Bestandteil des Arbeitsverhältnisses mit dem neuen Betriebsinhaber, wenn diese Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber bereits durch andere Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen geregelt werden.
Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses
Die von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer haben die Möglichkeit, dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den neuen Betriebsinhaber zu widersprechen (§ 613a Abs. 6 BGB).
Der Widerspruch muss schriftlich erfolgen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Betriebsinhaber erklärt werden.
Die Frist für den Widerspruch beträgt einen Monat. Sie beginnt mit der schriftlichen Unterrichtung über den Betriebsübergang.
Wenn ein Arbeitnehmer form- und fristgerecht widerspricht, geht sein Arbeitsverhältnis nicht auf den neuen Betriebsinhaber über. Es bleibt dann unverändert gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber bestehen.
Ob ein Arbeitnehmer bei einem Betriebsübergang von seinem Widerspruchsrecht Gebraucht macht, sollte er vorher sorgfältig prüfen. Denn es kann sein, dass der bisherige Arbeitgeber gar keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr für ihn hat, weil er seinen Betrieb ja nicht mehr besitzt. Wenn der bisherige Arbeitgeber keinen Bedarf mehr an der Arbeitskraft eines dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprechenden Arbeitnehmers hat, kann er dessen Arbeitsverhältnis grundsätzlich betriebsbedingt kündigen.
Kündigungsverbot
Der Erwerber eines Betriebs ist häufig darin interessiert, den Betrieb in verschlankter Form – also mit weniger Personal – zu übernehmen. Das Gesetz verbietet aber den Ausspruch von Kündigungen wegen eines Betriebsübergangs (§ 613a Abs. 4 BGB).
Wenn der bisherige Arbeitgeber oder der neue Betriebsinhaber das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers wegen des Betriebsübergangs kündigen, ist die Kündigung unwirksam. Eine Kündigung aus anderen Gründen ist aber möglich.
Eine Kündigung erfolgt wegen des Betriebsübergangs, wenn dieser der tragende Grund und nicht nur der äußere Anlass für die Kündigung ist. Das Kündigungsverbot greift nicht, wenn es neben dem Betriebsübergang einen sachlichen Grund gibt, der “aus sich heraus” die Kündigung rechtfertigt. Dies kann insbesondere auch ein betriebsbedingter Grund sein. Deshalb kann z.B. eine Kündigung auf Basis eines Sanierungskonzepts auch im zeitlichen Zusammenhang mit einem Betriebsübergang trotz des Kündigungsverbots des § 613a Abs. 4 BGB zulässig sein.
Eine unwirksame Kündigung wegen eines Betriebsübergangs kann z.B. dann vorliegen, wenn sie damit begründet wird, der neue Betriebsinhaber habe die Übernahme eines bestimmten Arbeitnehmers abgelehnt, weil der „ihm zu teuer sei“.
Unwirksamkeit eines Aufhebungsvertrages
Bei einem Betriebsübergang kommt es häufig vor, dass der bisherige Arbeitgeber die Arbeitnehmer Aufhebungsverträge unterschreiben lässt, damit diese bei dem neuen Betriebsinhaber neue Arbeitsverträge unterschreiben. Die neuen Arbeitsverträge enthalten dann oft für die Arbeitnehmer schlechtere Regelungen als die alten.
Ein mit dem alten Arbeitgeber geschlossener Aufhebungsvertrag ist jedoch wegen Umgehung der Folgen des § 613a BGB unwirksam, wenn mit dem Arbeitnehmer zugleich ein neues Arbeitsverhältnis mit dem neuen Betriebsinhaber vereinbart oder zumindest in Aussicht gestellt wird. Ebenfalls unwirksam ist der mit dem neuen Betriebsinhaber geschlossene Arbeitsvertrag. Es bleibt dann also bei den Rechtsfolgen des § 613a BGB: Das Arbeitsverhältnis ist unverändert mit allen Rechten und Pflichten auf den neuen Betriebsinhaber übergegangen.
Ein Arbeitnehmer kann aber aus Anlass eines Betriebsübergangs mit dem bisherigen Arbeitgeber einen wirksamen Aufhebungsvertrag abschließen, wenn er nicht bei dem neuen Betriebsinhaber weiterarbeiten, sondern ganz aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden will.
Rechte des Betriebsrats bei einem Betriebsübergang
Ein Betriebsübergang hat auch Folgen im Verhältnis Arbeitgeber und Betriebsrat. Dem Betriebsrat können bei einem Betriebsübergang verschiedene Rechte gegenüber dem Arbeitgeber zustehen.
Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses
Der Arbeitgeber muss zunächst frühzeitig den Wirtschaftsausschuss über einen bevorstehenden Betriebsübergang unterrichten und dabei die erforderlichen Unterlagen vorlegen (§ 106 Abs. 2 BetrVG). Außerdem muss er den Betriebsübergang mit dem Wirtschaftsausschuss beraten (§ 106 Abs. 1 BetrVG). Denn ein Betriebsübergang ist eine „wirtschaftliche Angelegenheit“ im Sinne des § 106 Abs. 3 Nr. 10 BetrVG. Der Wirtschaftsausschuss hat die Aufgabe, anschließend den Betriebsrat über den geplanten Betriebsübergang und seine Beratungen mit dem Arbeitgeber zu unterrichten.
Die Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses muss rechtzeitig erfolgen. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber den Wirtschaftsausschuss unterrichten muss, noch bevor er eine endgültige Entscheidung über den Betriebsübergang getroffen hat. Denn der Betriebsrat soll noch Zeit haben, auf die Willensbildung des Arbeitgebers Einfluss zu nehmen.
Wenn der Arbeitgeber den Wirtschaftsausschuss nicht rechtzeitig oder nur ungenügend informiert, kann der Betriebsrat notfalls über die Einigungsstelle die rechtzeitige und vollständige Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses durchsetzen (§ 109 BetrVG).
Falls es im Unternehmen keinen Wirtschaftsausschuss gibt, besteht keine Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers nach § 106 Abs. 2 BetrVG gegenüber dem Betriebsrat. Es kommt dann aber ein Informationsanspruch des Betriebsrats nach allgemeinen Regeln in Betracht (§ 80 Abs. 2 BetrVG).
Betriebsübergang = Betriebsänderung?
Eine besonders wichtige Frage ist, ob ein Betriebsübergang zugleich auch eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG darstellt. Denn wenn dem so ist, hat der Betriebsrat grundsätzlich die folgenden Rechte:
- Rechtzeitige und umfassende Unterrichtung über die geplante Betriebsänderung durch den Arbeitgeber
- Hinzuziehung eines Beraters (bei mehr als 300 Arbeitnehmern)
- Beratung der geplanten Betriebsänderung mit dem Arbeitgeber
- Verhandlungen mit dem Arbeitgeber über einen Interessenausgleich
- Aufstellung eines Sozialplans
Bei der Beantwortung der Frage, ob bei einem Betriebsübergang zugleich eine Betriebsänderung vorliegt, ist zwischen einem Übergang des gesamten Betriebs und dem Übergang eines Betriebsteils zu unterscheiden.
Vollständiger Betriebsübergang
Der Übergang eines gesamten Betriebs stellt ohne das Hinzutreten weiterer Umstände für sich allein noch keine Betriebsänderung dar. Denn bei einem Betriebsübergang wechselt zunächst einmal nur der Inhaber des Betriebs. Der Betrieb selbst bleibt unverändert.
Allerdings kann es im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang zu Maßnahmen kommen, die eine Betriebsänderung darstellen. So kann z.B. der übergehende Betrieb mit einem bereits bestehenden Betrieb des Erwerbers zu einem neuen Betrieb zusammengefasst werden. Dabei können durch den Zusammenschluss aus dem übergehenden Betrieb und dem bestehenden Betrieb des Erwerbers ein neuer Betrieb entstehen (Zusammenlegung). Es kann aber z.B. auch ein Betrieb den anderen Betrieb aufnehmen, so dass die Identität des aufnehmenden Betriebs gewahrt bleibt (Eingliederung). In beiden Fällen liegt ein Zusammenschluss von Betrieben im Sinne des § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG und damit eine Betriebsänderung vor.
Betriebsteilübergang
Anders sieht es bei Betriebsteilübergängen aus. Der Übergang eines Betriebsteils ist in der Regel zugleich auch eine Betriebsänderung. Denn wenn ein Teil eines Betriebs ausgegliedert und auf einen neuen Inhaber übertragen wird, liegt darin grundsätzlich eine Spaltung des Betriebs im Sinne von § 111 Satz 3 Nr. 3 BetrVG und damit eine mitbestimmungspflichtige Betriebsänderung.
Fraglich ist, ob auch dann eine Betriebsänderung vorliegt, wenn zwar ein Betriebsteil auf einen neuen Inhaber übertragen wird, der Betrieb dann aber mitsamt des übertragenen Betriebsteils von dem ursprünglichen Inhaber und dem neuen Inhaber des übertragenen Betriebsteils zusammen als Gemeinschaftsbetrieb fortgeführt wird. Wenn der Betrieb ansonsten unverändert fortgeführt wird, dürfte in diesem Fall wohl eher keine Betriebsänderung vorliegen. Wenn aber infolge der Übertragung des Betriebsteils neue Leitungsstrukturen geschaffen werden, dürfte eine grundlegende Änderung der Betriebsorganisation im Sinne des § 111 Satz 3 Nr. 4 BetrVG vorliegen, so dass eine Betriebsänderung gegeben ist.
Inhalt eines Sozialplans bei einem Betriebsübergang
Bei einer Betriebsänderung kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber die Aufstellung eines Sozialplans verlangen. Durch einen Sozialplan sollen die Nachteile ausgeglichen bzw. gemildert werden, die den Arbeitnehmern durch eine Betriebsänderung entstehen.
Wenn ein Betriebsübergang mit einer Betriebsänderung einhergeht, muss bei der Aufstellung eines Sozialplans zwischen den Nachteilen unterschieden werden, die allein durch den Betriebsübergang entstehen und den Nachteilen, die durch die Betriebsänderung entstehen. Denn in einem Sozialplan sind nicht die Folgen des Betriebsübergangs – also des Wechsels des Betriebsinhabers – auszugleichen, sondern nur die Nachteile, die durch die Betriebsänderung entstehen. Daran muss sich jedenfalls die Einigungsstelle bei der Aufstellung eines Sozialplans halten. In einem einvernehmlich zustande gekommenen Sozialplan könnten Arbeitgeber und Betriebsrat natürlich zusätzlich auch die nur auf dem Betriebsübergang beruhenden Nachteile ausgleichen.
Allein auf einem Wechsel des Betriebsinhabers und damit auf dem Betriebsübergang beruhen z.B. die folgenden Nachteile:
- Schlechtere Vermögenslage des neuen Betriebsinhabers im Vergleich zum bisherigen Inhaber → Gefährdung künftiger Ansprüche der Arbeitnehmer
- Wenn ein Betrieb auf ein neu gegründetes Unternehmen übergeht: Ausschluss der Erzwingbarkeit eines Sozialplans in den ersten 4 Jahren nach der Gründung (vgl. § 112a Abs. 2 BetrVG)
Diese Nachteile wären also in einem von der Einigungsstelle aufgestellten Sozialplan nicht auszugleichen, weil sie nur auf dem Betriebsübergang, nicht aber auf der Betriebsänderung beruhen.
Durch die mit einem Betriebsübergang zusammenhängende Betriebsänderung könnten z.B. die folgenden Nachteile entstehen:
- Wenn mit dem Betriebsübergang ein Personalabbau verbunden ist → Verlust des Arbeitsplatzes.
- Wenn mit dem Betriebsübergang eine räumliche Verlegung des Betriebs verbunden ist → Höhere Fahrtkosten.
Diese Nachteile wären in einem Sozialplan auszugleichen.
Hinzuziehung eines Sachverständigen / Beraters
Wenn der Betriebsübergang mit einer Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG einhergeht und der Arbeitgeber mehr als 300 Arbeitnehmer beschäftigt, hat der Betriebsrat das Recht, zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen (§ 111 Abs. 1 Satz 2 BetrVG). Bei der Frage, ob die erforderliche Anzahl von 300 Arbeitnehmern überschritten ist, sind nicht nur die Arbeitnehmer des betroffenen Betriebs, sondern alle Arbeitnehmer des Arbeitgebers – auch aus anderen Betrieben – zu berücksichtigen.
Als Berater kommt z.B. ein Rechtsanwalt in Betracht, der dem Betriebsrat die zum Teil sehr komplexen rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang erläutert.
Bei einem Betriebsübergang ohne gleichzeitige Betriebsänderung oder wenn der Arbeitgeber nicht mehr als 300 Arbeitnehmer beschäftigt, kann der Betriebsrat das Recht haben, nach vorheriger Vereinbarung mit dem Arbeitgeber einen Sachverständigen hinzuzuziehen (§ 80 Abs. 2 Satz 3 BetrVG).
Auswirkungen eines Betriebsübergangs auf Betriebsrat und Betriebsvereinbarungen
Ein Betriebsübergang kann auch Auswirkungen auf die Rechtsstellung des Betriebsrats sowie bestehende Betriebsvereinbarungen haben. Dabei ist zwischen einem vollständigen Betriebsübergang und dem Übergang eines Betriebsteils zu unterscheiden.
Vollständiger Betriebsübergang
Ein vollständiger Betriebsübergang hat grundsätzlich keine Auswirkungen auf die Rechtsstellung des Betriebsrats. Die Amtszeit des Betriebsrats wird durch einen solchen Betriebsübergang nicht beendet. Der Betriebsrat bleibt im Amt. Er hat nur einen neuen Ansprechpartner auf der Arbeitgeberseite. Der neue Inhaber des Betriebs tritt in die betriebsverfassungsrechtliche Stellung des alten Inhabers ein und übernimmt dessen Rechte und Pflichten. Bestehende Betriebsvereinbarungen gelten unverändert weiter.
Wenn es aber nicht bei einem bloßen Inhaberwechsel bleibt, sondern der übergehende Betrieb mit einem bereits bestehenden Betrieb des neuen Inhabers zusammengelegt oder in einen solchen Betrieb eingegliedert werden, hat dies Auswirkungen auf den Betriebsrat des übergehenden Betriebs.
Im Falle einer Zusammenlegung mit einem anderen Betrieb zu einem neuen Betrieb verlieren die zusammengelegten Betriebe ihre Identität. Wenn ein Betrieb seine Identität verliert, endet damit das Mandat des Betriebsrats für diesen Betrieb. Damit endet auch die Amtszeit der bestehenden Betriebsräte. Der Betriebsrat des übergehenden Betriebs bleibt allerdings zunächst weiter im Amt, wenn es in dem anderen Betrieb, mit dem er zusammengelegt wird, keinen Betriebsrat gibt oder wenn sein Betrieb mehr wahlberechtigte Arbeitnehmer hat als der andere. Dem Betriebsrat des übergehenden Betriebs steht dann ein Übergangsmandat zu (vgl. § 21a Abs. 2 BetrVG). Er bleibt bis zur Wahl eines Betriebsrats für den neu gebildeten Betrieb im Amt, längstens aber für einen Zeitraum von 6 Monaten. Der Betriebsrat bleibt dann sowohl als Organ als auch in seiner bisherigen personellen Zusammensetzung bestehen und ist für den gesamten neu gebildeten Betrieb zuständig. Er hat alle Rechte und Befugnisse eines Betriebsrats, diese sind nicht etwa in irgendeiner Form eingeschränkt. Insbesondere kann er alle Mitbestimmungsrechte und alle sonstigen Beteiligungsrechte wahrnehmen. Er ist aber verpflichtet, unverzüglich einen Wahlvorstand zur Einleitung der Wahl eines neuen Betriebsrats für den neuen Betrieb zu bestellen.
Im Falle einer Eingliederung in einen anderen Betrieb verliert der übergehende Betrieb seine Identität. Dies hat zur Folge, dass die Amtszeit des Betriebsrats des übergehenden Betriebs endet. Wenn in dem aufnehmenden Betrieb bereits ein Betriebsrat besteht, ist dieser Betriebsrat auch für die neu hinzukommenden Arbeitnehmer des übergehenden Betriebs zuständig. Eventuell sind aber nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG Neuwahlen erforderlich. Falls in dem aufnehmenden Betrieb kein Betriebsrat besteht, bleibt der Betriebsrat des übergehenden Betriebs zunächst im Amt. Er hat ein Übergangsmandat nach § 21a BetrVG (umstritten!).
Sowohl im Falle der Zusammenlegung als auch im Falle der Eingliederung endet die normative Wirkung der in dem übergehenden Betrieb geltenden Betriebsvereinbarungen. Die Rechte und Pflichten aus diesen Betriebsvereinbarungen werden aber grundsätzlich in arbeitsvertragliche Regelungen umgewandelt und Bestandteil des Arbeitsverhältnisses zwischen Arbeitnehmer und neuem Betriebsinhaber (§ 613a Abs. 1 Satz 2 BGB).
Auswirkungen eines vollständigen Betriebsübergangs auf Betriebsrat und Betriebsvereinbarungen:
Fallkonstellation |
Auswirkung auf den Betriebsrat |
Auswirkung auf Betriebsvereinbarungen |
Betriebsübergang |
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gelten weiterhin normativ |
Betriebsübergang + Zusammenlegung mit anderem Betrieb zu einem neuen Betrieb |
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Betriebsübergang + Eingliederung in anderen Betrieb, Identität des aufnehmenden Betriebs bleibt erhalten |
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Betriebsteilübergang
Bei einem Übergang eines Betriebsteils können sich für den Betriebsrat und für Betriebsvereinbarungen im Hinblick auf den Ursprungsbetrieb und im Hinblick auf den übergehenden Betriebsteil unterschiedliche Auswirkungen ergeben.
Auswirkungen im Ursprungsbetrieb
Für die Auswirkungen eines Übergangs eines Betriebsteils auf die Rechtsstellung des Betriebsrats kommt es ebenfalls darauf an, ob dadurch die Identität des Ursprungsbetriebs gewahrt bleibt oder nicht. Wenn ein Betrieb seine Identität verliert, endet damit das Mandat des Betriebsrats für diesen Betrieb.
Wenn trotz des Betriebsteilübergangs die Identität des Ursprungsbetriebs gewahrt bleibt, bleibt der Betriebsrat im Amt. Betriebsvereinbarungen gelten unverändert weiter. Wegen der Verringerung der Anzahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer und/oder wegen des Ausscheidens von Betriebsratsmitgliedern können allerdings Neuwahlen nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 BetrVG erforderlich sein. Bis zur Neuwahl bleibt der bisherige Betriebsrat aber weiterhin im Amt und führt die Geschäfte weiter (§ 22 BetrVG).
Ändert sich in Folge des Betriebsteilübergangs die Identität des Ursprungsbetriebs, endet damit die Amtszeit des Betriebsrats. Allerdings bleibt der Betriebsrat bis zur Neuwahl weiter im Amt, ihm steht ein Übergangsmandat nach § 21a BetrVG zu. Trotz der Änderung der Identität des Betriebs gelten bestehende Betriebsvereinbarungen unverändert weiter.
Auswirkungen eines Betriebsteilübergangs auf Betriebsrat und Betriebsvereinbarungen im Ursprungsbetrieb:
Fallkonstellation |
Auswirkung auf den Betriebsrat im Ursprungsbetrieb |
Auswirkung auf Betriebsvereinbarungen im Ursprungsbetrieb |
Identität des Ursprungsbetriebs bleibt gewahrt |
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gelten weiterhin normativ |
Identität des Ursprungsbetriebs geht verloren |
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gelten weiterhin normativ |
Auswirkungen im übergehenden Betriebsteil
Wenn der übergehende Betriebsteil vom neuen Inhaber als selbständiger Betrieb fortgeführt wird, hat der Betriebsrat des Ursprungsbetriebs für diesen neu entstandenen Betrieb ein Übergangsmandat nach § 21a BetrVG. Bestehende Betriebsvereinbarung gelten in dem neuen Betrieb unverändert mit normativer Wirkung weiter.
Wenn der übergehende Betriebsteil mit einem bestehenden Betrieb des neuen Inhabers zusammengelegt wird, so dass ein neuer Betrieb entsteht, kann dem Betriebsrat des Ursprungsbetriebs ein Übergangsmandat nach § 21a BetrVG für den gesamten neu gebildeten Betrieb zustehen. Dies ist dann der Fall, wenn in dem anderen Betrieb des neuen Inhabers kein Betriebsrat besteht oder wenn in dem übergehenden Betriebsteil mehr wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt werden als in dem anderen Betrieb.
Wenn der übergehende Betriebsteil in einen bestehenden Betrieb mit Betriebsrat eingegliedert wird, endet die Zuständigkeit des Betriebsrats des Ursprungsbetriebs für den (ehemaligen) Betriebsteil. Der Betriebsrat des aufnehmenden Betriebs ist dann für den eingegliederten Betriebsteil zuständig. Wegen der Erhöhung der Anzahl der im aufnehmenden Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer können allerdings Neuwahlen nach § 13 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG erforderlich sein. Wenn der übergehende Betriebsteil in einen bestehenden Betrieb eingegliedert, in dem es keinen Betriebsrat gibt, bleib der Betriebsrat für den übergegangene Betriebsteil im Rahmen eines Übergangsmandats nach § 21a BetrVG zuständig (umstritten!).
Sowohl im Fall der Zusammenlegung zu einem neuen Betrieb als auch im Fall der Eingliederung in einen anderen Betrieb endet die normative Wirkung der in dem übergehenden Betriebsteil bislang geltenden Betriebsvereinbarungen. Die Rechte und Pflichten aus diesen Betriebsvereinbarungen werden aber grundsätzlich in arbeitsvertragliche Regelungen umgewandelt und Bestandteil des Arbeitsverhältnisses zwischen Arbeitnehmer und neuem Betriebsinhaber (§ 613a Abs. 1 Satz 2 BetrVG).
Auswirkungen eines Betriebsteilübergangs auf Betriebsrat und Betriebsvereinbarungen im übergehenden Betriebsteil:
Fallkonstellation |
Auswirkung auf den Betriebsrat |
Auswirkung auf Betriebsvereinbarungen |
Betriebsteil wird als selbständiger Betrieb fortgeführt |
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gelten im übergegangenen Betriebsteil weiterhin normativ |
Betriebsteil wird mit anderem Betrieb zu einem neuen Betrieb zusammengefasst |
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Betriebsteil wird in bestehenden Betrieb eingegliedert |
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Auswirkungen eines Betriebsübergangs auf die Rechtsstellung der Betriebsratsmitglieder
Ein Betriebsübergang kann auch Auswirkungen auf die Rechtsstellung der Betriebsratsmitglieder haben.
Vollständiger Betriebsübergang
Solange der Betriebsrat trotz eines Betriebsübergangs im Amt bleibt, hat der Betriebsübergang auch auf die Rechtsstellung der Betriebsratsmitglieder grundsätzlich keinen Einfluss. Ihre Arbeitsverhältnisse gehen auf den neuen Betriebsinhaber über. Sie bleiben als Betriebsratsmitglieder weiterhin im Amt. Dies gilt sowohl für den Fall, dass die Amtszeit wegen des Betriebsübergangs überhaupt nicht endet als auch für den Fall, dass die Amtszeit zwar endet, der Betriebsrat aber aufgrund eines Übergangsmandats zunächst im Amt bleibt.
Wenn ein Betriebsratsmitglied allerdings dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den neuen Betriebsinhaber widerspricht, scheidet es grundsätzlich aus dem Betriebsrat aus. Denn dann besteht zwischen dem Betriebsratsmitglied und dem neuen Betriebsinhaber kein Arbeitsverhältnis mehr und es ist auch nicht in dessen Betrieb eingegliedert (vgl. § 24 Nr. 3 und Nr. 4 BetrVG). Etwas anderes gilt dann, wenn der Betriebsrat nur noch aufgrund eines Übergangsmandats fortbesteht. In diesem Fall bleibt ein Betriebsratsmitglied trotz Widerspruchs gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses Mitglied im Betriebsrat. Denn während der Dauer des Übergangsmandats bleibt der Betriebsrat in seiner bisherigen personellen Zusammensetzung bestehen.
Falls durch das Ausscheiden von Betriebsratsmitgliedern aus dem Betriebsrat die Anzahl der Betriebsratsmitglieder im übergegangenen Betrieb unter die gesetzlich vorgeschriebene Zahl sinkt, sind nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG Neuwahlen erforderlich.
Wenn die Amtszeit des Betriebsrats durch einen Betriebsübergang endet und der Betriebsrat kein Übergangsmandat hat, endet mit dem Betriebsübergang die Mitgliedschaft der Betriebsratsmitglieder im Betriebsrat (§ 24 Nr. 1 BetrVG).
Auswirkungen eines vollständigen Betriebsübergangs auf die Rechtsstellung der Betriebsratsmitglieder:
Fallkonstellation |
Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses? |
|
Widerspruch |
Kein Widerspruch |
|
Betriebsübergang |
BR-Mitgliedschaft endet |
BR-Mitgliedschaft besteht fort |
Betriebsübergang + BR hat (nur noch) ein Übergangsmandat |
BR-Mitgliedschaft besteht fort |
BR-Mitgliedschaft besteht fort |
Betriebsübergang + Zusammenlegung mit/Eingliederung in anderen Betrieb + kein Übergangsmandat |
BR-Mitgliedschaft endet |
BR-Mitgliedschaft endet |
Betriebsteilübergang
Bei dem Übergang eines Betriebsteils scheiden die Betriebsratsmitglieder, die in dem übergehenden Betriebsteil beschäftigt werden, grundsätzlich aus dem Betriebsrat aus. Denn weil ihr Arbeitsverhältnis auf den neuen Betriebsinhaber übergeht, besteht zwischen ihnen und dem Inhaber des Ursprungsbetriebs kein Arbeitsverhältnis mehr (vgl. § 24 Nr. 3 BetrVG). Außerdem scheiden sie mit dem Betriebsteilübergang auch aus dem Betrieb aus (vgl. § 24 Nr. 4 BetrVG).
Von diesem Grundsatz gibt es aber Ausnahmen:
- Wenn ein in einem übergehenden Betriebsteil beschäftigtes Betriebsratsmitglied dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den neuen Inhaber widerspricht, bleibt es Mitglied im Betriebsrat. Denn dann besteht das Arbeitsverhältnis zu dem alten Betriebsinhaber fort und es liegt auch kein anderer Grund für ein Erlöschen der Mitgliedschaft im Betriebsrat nach § 24 BetrVG vor.
- Wenn aufgrund des Betriebsteilübergangs die Amtszeit des Betriebsrats des Ursprungsbetriebs endet, der Betriebsrat aber ein Übergangsmandat hat (§ 21a BetrVG), bleibt das von dem Betriebsteilübergang erfasste Betriebsratsmitglied Mitglied im Betriebsrat. Denn ein Betriebsrat, der ein Übergangsmandat ausübt, bleibt in seiner bisherigen personellen Zusammensetzung bestehen.
- Wenn ein Betriebsteil zwar auf einen neuen Inhaber übertragen wird, der Betriebsteil aber weiter Teil des Ursprungsbetriebs bleibt, der dann gemeinsam von dem ursprünglichen Betriebsinhaber und dem neuen Inhaber des Betriebsteils als Gemeinschaftsbetrieb fortgeführt wird, bleibt das von dem Betriebsteilübergang erfasste Betriebsratsmitglied ebenfalls Mitglied im Betriebsrat. Es liegt dann kein Fall des § 24 Nr. 3 oder Nr. 4 BetrVG vor.
Auswirkungen eines Betriebsteilübergangs auf die Rechtsstellung der Betriebsratsmitglieder:
Fallkonstellation |
Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses? |
|
Widerspruch |
Kein Widerspruch |
|
Betriebsteilübergang |
BR-Mitgliedschaft besteht fort |
BR-Mitgliedschaft endet |
Betriebsteilübergang + BR hat (nur noch) ein Übergangsmandat |
BR-Mitgliedschaft besteht fort |
BR-Mitgliedschaft besteht fort |
Betriebsteilübergang + Fortführung des Ursprungsbetriebs einschließlich des übergegangenen Betriebsteils als Gemeinschaftsbetrieb |
BR-Mitgliedschaft besteht fort |
BR-Mitgliedschaft besteht fort |