Sozialplan in der Insolvenz

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Bei Sozialplänen, die im zeitlichen Zusammenhang mit einer Insolvenz stehen, ist zwischen Sozialplänen die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgeschlossen und solchen, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgeschlossen worden sind, zu unterscheiden.

Sozialplan nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Auch wenn über das Vermögen eines Unternehmens bereits das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, ist der Arbeitgeber bei einer Betriebsänderung dazu verpflichtet, einen Sozialplan abzuschließen. Diese Pflicht besteht bei jeder Art von Betriebsänderung im Sinne von § 111 BetrVG. Arbeitgeber ist ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Insolvenzverwalter.

Was das Verfahren angeht, besteht die einzige Besonderheit gegenüber dem Abschluss eines Sozialplans außerhalb eines Insolvenzverfahrens darin, dass sich der Insolvenzverwalter – wie auch bei den Verhandlungen über einen Interessenausgleich in der Insolvenz – nicht auf einen Vermittlungsversuch der Bundesagentur für Arbeit einlassen muss. Im Insolvenzverfahren findet ein solcher Vermittlungsversuch nur dann statt, wenn der Betriebsrat und der Insolvenzverwalter die Arbeitsagentur gemeinsam um eine Vermittlung ersuchen (§ 121 InsO).

Was das Gesamtvolumen des Sozialplans angeht, besteht bei einem Sozialplan, der in der Insolvenz des Unternehmens aufgestellt wird, eine gesetzlich festgelegte absolute Obergrenze. Das Gesamtvolumen des Sozialplans darf das 2,5-fache der Bruttomonatsverdienste der von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer nicht überschreiten (§ 123 InsO). Diese Grenze gilt sowohl für einen zwischen Insolvenzverwalter und Betriebsrat einvernehmlich aufgestellten Sozialplan, als auch für einen Sozialplan, der durch den Spruch der Einigungsstelle zustande kommt. Wird sie nicht eingehalten, ist der Sozialplan insgesamt unwirksam.

Sozialplan vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Ein vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgestellter Sozialplan kann sowohl vom Insolvenzverwalter als auch vom Betriebsrat widerrufen werden, wenn der Sozialplan spätestens drei Monate vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgestellt worden ist (§ 124 Abs. 1 InsO).

Ob sie den Sozialplan widerrufen, können Insolvenzverwalter und Betriebsrat frei entscheiden. Es muss kein besonderer Grund für den Widerruf vorliegen. Bei der Ausübung des Widerrufsrechts muss auch keine bestimmte Frist eingehalten werden.

Durch den vom Insolvenzverwalter oder vom Betriebsrat erklärten Widerruf wird der Sozialplan rückwirkend unwirksam. Die Arbeitnehmer können aus dem Sozialplan dann keine Rechte mehr geltend machen. Wurden den Arbeitnehmern aber bereits Leistungen aus dem Sozialplan erbracht, könne diese trotz der Unwirksamkeit des Sozialplans nicht zurückgefordert werden (§ 124 Abs. 3 InsO). Die Arbeitnehmer können diese Leistungen (z.B. Abfindungszahlungen) also behalten.

Wenn ein Sozialplan durch einen Widerruf rückwirkend entfällt, müssen Insolvenzverwalter und Betriebsrat einen neuen Sozialplan aufstellen. Denn es liegt eine (geplante) Betriebsänderung vor, für die es keinen wirksamen Sozialplan gibt. Können sich Insolvenzverwalter und Betriebsrat nicht einigen, muss der Sozialplan durch einen Spruch der Einigungsstelle aufgestellt werden.

Ob aus der Sicht des Betriebsrats ein Widerruf des Sozialplans sinnvoll ist, ist eine häufig sehr schwierig zu beantwortende Frage. Der Betriebsrat muss berücksichtigen, dass bei einem Widerruf ein neuer Sozialplan aufgestellt werden muss, dessen Gesamtvolumen auf das 2,5-fache der Bruttomonatsverdienste der von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer begrenzt ist. Das Volumen des vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgestellten Sozialplans wird häufig höher sein. Andererseits handelt es sich bei den Ansprüchen der Arbeitnehmer aus dem vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgestellten Sozialplan um einfache Insolvenzforderungen. Diese Forderungen werden nachrangig erst nach vollständiger Befriedigung der Masseforderungen erfüllt und auch dann in der Regel nur zu einem Bruchteil ihres Nennwertes. Bei den Ansprüchen der Arbeitnehmer aus dem ggf. neu aufzustellenden Sozialplan handelt es sich dagegen um Masseforderungen, die vorrangig und grundsätzlich in voller Höhe zu erfüllen sind.

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Autor: Dr. jur Henning Kluge

Dr. Henning Kluge ist Rechtsanwalt und Fachwanwalt für Arbeitsrecht. Er berät und unterstützt Betriebsräte bei rechtlichen Fragen und bei Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber.

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