Betriebsräte haben häufig mit rechtlichen Herausforderungen und Fragestellungen zu kämpfen. Dies liegt vor allem an zwei Gründen: Erstens besteht ein großer Teil ihrer Arbeit darin, Betriebsvereinbarungen mit dem Arbeitgeber zu verhandeln, und solche Vereinbarungen sind oft rechtlich komplex. Zweitens erfüllen Arbeitgeber manchmal nicht ihre gesetzlichen Verpflichtungen gegenüber dem Betriebsrat und verletzen dessen Rechte.
Obwohl Betriebsräte regelmäßig mit rechtlichen Fragen und Problemen konfrontiert werden, sind sie in der Regel keine Juristen. Daher ist es verständlich, dass sie oft den Wunsch haben, einen Rechtsanwalt einzuschalten, um ihnen bei ihren rechtlichen Anliegen zu helfen.
Gemäß dem Gesetz haben Betriebsräte in vielen Fällen tatsächlich das Recht, auf Kosten des Arbeitgebers einen Anwalt hinzuzuziehen. Unter welchen Umständen das der Fall ist, wird in diesem Artikel erläutert.
Rechtsanwalt einschalten bei Rechtsverletzung durch Arbeitgeber
Ein Betriebsrat verfügt über viele Rechte gegenüber dem Arbeitgeber, angefangen von Informationsrechten zu bestimmten Themen bis hin zu echten Mitbestimmungsrechten. Leider kommt es oft vor, dass Arbeitgeber diese Rechte nicht respektieren. Wenn der Arbeitgeber also beispielsweise den Betriebsrat bei einem mitbestimmungspflichtigen Thema einfach übergangen hat oder der Betriebsrat bestimmte Informationen vom Arbeitgeber nicht erhalten hat, die er eigentlich hätte bekommen sollen, entsteht verständlicherweise der Wunsch, einen Rechtsanwalt einzuschalten.
Der Betriebsrat hat das Recht, auf Kosten des Arbeitgebers einen Rechtsanwalt zu beauftragen, wenn der Arbeitgeber ein Recht des Betriebsrats verletzt hat. Dabei ist es nicht unbedingt erforderlich, dass nach einer gründlichen juristischen Prüfung zweifelsfrei feststeht, dass dem Betriebsrat ein bestimmtes Recht zusteht und dass der Arbeitgeber dieses Recht tatsächlich verletzt hat. Es reicht aus, dass der Betriebsrat vernünftige Argumente vorbringt, die darauf hindeuten, dass ihm ein bestimmtes Recht zusteht und dass der Arbeitgeber dieses Recht verletzt hat.
Der Betriebsrat hat dann verschiedene Möglichkeiten, einen Rechtsanwalt zur Unterstützung zu beauftragen. Zunächst kann der Betriebsrat den Anwalt lediglich um eine rechtliche Beratung bitten. Der Anwalt würde dann die Rechtslage prüfen, sie dem Betriebsrat erläutern und vielleicht auch eine Empfehlung zum weiteren Vorgehen abgeben. Dabei würde er insbesondere prüfen, ob dem Betriebsrat das Recht, das der Arbeitgeber nach Meinung des Betriebsrats verletzt hat, tatsächlich zusteht und welche Möglichkeiten der Betriebsrat hat, dieses Recht gegenüber dem Arbeitgeber durchzusetzen und wie erfolgversprechend dies wäre.
Eine zweite Möglichkeit besteht darin, dass der Betriebsrat den Anwalt beauftragt, den Arbeitgeber außergerichtlich zu vertreten. Der Anwalt würde dann den Arbeitgeber direkt ansprechen, um das Recht des Betriebsrats durchzusetzen. In der Regel würde der Anwalt ein Schreiben an den Arbeitgeber verfassen, in dem er ihn auffordert, seine gesetzlichen Pflichten gegenüber dem Betriebsrat zu erfüllen.
Die dritte Möglichkeit besteht darin, dass der Betriebsrat den Anwalt damit beauftragt, ein Arbeitsgerichtsverfahren einzuleiten, um sein Recht mithilfe des Arbeitsgerichts durchzusetzen. Letztlich kann ein Betriebsrat jedes ihm zustehende Recht vor Gericht geltend machen, falls dies erforderlich sein sollte.
Wenn der Betriebsrat einen Rechtsanwalt einschalten möchte, muss er darüber einen Beschluss fassen und entscheiden, welchen Anwalt er beauftragen möchte. Der Beschluss muss den Namen des Anwalts nennen und klären, wofür der Betriebsrat den Anwalt beauftragen möchte: für eine Beratung, eine außergerichtliche Vertretung oder die Einleitung eines Arbeitsgerichtsverfahrens.
Es ist sinnvoll, dass der Betriebsrat vor der Beschlussfassung bereits Kontakt mit dem Anwalt aufnimmt, den er beauftragen möchte. Dabei kann der Betriebsrat das Problem kurz schildern und der Anwalt kann eine Empfehlung abgeben, ob zunächst eine Beratung oder eine außergerichtliche Vertretung ausreicht oder ob ein Beschluss über die Einleitung eines Arbeitsgerichtsverfahrens erforderlich ist.
Rechtsanwalt einschalten, weil Arbeitgeber ein Gerichtsverfahren eingeleitet hat
Eine weitere Situation, in der der Betriebsrat normalerweise den Wunsch haben wird, einen Anwalt zu beauftragen, liegt dann vor, wenn der Arbeitgeber ein Verfahren beim Arbeitsgericht eingeleitet hat, bei dem auch der Betriebsrat Verfahrensbeteiligter ist.
Die praktisch häufigsten Fälle sind hier, dass der Arbeitgeber zuvor beim Betriebsrat die Zustimmung zu einer personellen Einzelmaßnahme beantragt hatte, z.B. zur Einstellung eines neuen Mitarbeiters oder zur Versetzung eines Mitarbeiters, und der Betriebsrat seine Zustimmung aber verweigert hatte. Wenn der Arbeitgeber in einer solchen Situation die von ihm beabsichtigte personelle Maßnahme trotz der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung weiterhin umsetzen will, dann muss der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, dass das Arbeitsgericht die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung ersetzt. Und an diesem Gerichtsverfahren ist dann natürlich der Betriebsrat als Antragsgegner beteiligt.
Weitere praktisch wichtige Situationen, in denen der Arbeitgeber ein Gerichtsverfahren einleitet, an dem dann auch der Betriebsrat beteiligt ist, sind Situationen, in den der Arbeitgeber das Ziel verfolgt, den Betriebsrat loszuwerden, wie z.B. mit einer Anfechtung der Betriebsratswahl oder wenn der Arbeitgeber beantragt, den Betriebsrat aufzulösen, weil der Betriebsrat angeblich eine grobe Pflichtverletzung begangen hat. Auch hier ist der Betriebsrat dann als Antragsgegner an dem entsprechenden Gerichtsverfahren beteiligt.
In all diesen Fällen, wenn der Arbeitgeber ein Gerichtsverfahren eingeleitet hat, an dem der Betriebsrat direkt beteiligt ist, hat der Betriebsrat das Recht, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, der den Betriebsrat in dem Gerichtsverfahren vertritt. Die dadurch entstehenden Anwaltskosten wären vom Arbeitgeber zu tragen.
Rechtsanwalt als Beisitzer in einer Einigungsstelle
Wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat bei einem Thema, bei dem der Betriebsrat ein echtes Mitbestimmungsrecht hat, nicht einvernehmlich einigen können, z.B. bei den Arbeitszeiten, dann ist die Einigungsstelle dafür zuständig, das Thema für Arbeitgeber und Betriebsrat rechtsverbindlich zu regeln.
Eine Einigungsstelle besteht immer aus einem unparteiischen Einigungsstellenvorsitzenden und einer gleich großen Anzahl an Beisitzern auf Arbeitgeber- und Betriebsratsseite.
Auf Seiten des Betriebsrats ist es üblich, dass der Betriebsrat einen Rechtsanwalt als einen seiner Beisitzer bestellt, der auf Arbeitsrecht und insbesondere Betriebsverfassungsrecht spezialisiert ist. Dies geschieht, da der Betriebsrat in einem Einigungsstellenverfahren jemanden benötigt, der sowohl Expertenwissen in diesen Rechtsgebieten besitzt als auch Erfahrung darin hat, wie ein Einigungsstellenverfahren üblicherweise abläuft und wie man mit dem Arbeitgeber über mitbestimmungspflichtige Themen verhandelt.
Der Betriebsrat hat das Recht, einen Anwalt als Beisitzer für ein Einigungsstellenverfahren zu bestellen, und die Anwaltskosten müssen vom Arbeitgeber getragen werden. Der Anwalt erhält als Einigungsstellenbeisitzer einen eigenen gesetzlichen Vergütungsanspruch für seine Tätigkeit gegenüber dem Arbeitgeber.
Es ist jedoch auch möglich, dass der Betriebsrat einen Anwalt nicht als Beisitzer der Einigungsstelle bestellt, sondern als seinen Vertreter oder Verfahrensbevollmächtigten im Einigungsstellenverfahren. Der entscheidende Unterschied hierbei ist, dass ein Anwalt als Beisitzer dem Betriebsrat gegenüber nicht weisungsgebunden ist. Das bedeutet, dass der Anwalt sein Amt als Beisitzer theoretisch so ausüben könnte, wie er es für richtig hält. Wenn der Anwalt jedoch als Vertreter des Betriebsrats im Einigungsstellenverfahren tätig wird, unterliegt er den Weisungen des Betriebsrats.
Rechtsanwalt als Sachverständiger nach § 80 Abs. 3
Eine weitere Möglichkeit für den Betriebsrat, einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen, besteht darin, ihn als Sachverständigen zu beauftragen. Die maßgebliche Rechtsvorschrift hierzu ist § 80 Abs. 3 BetrVG.
Die Einbeziehung eines Rechtsanwalts als Sachverständigen ist relevant, wenn der Betriebsrat im Zusammenhang mit der Erfüllung einer bestimmten Betriebsratsaufgabe Beratungsbedarf zu einer oder mehreren rechtlichen Fragen hat, ohne dem Arbeitgeber vorzuwerfen, ein Recht des Betriebsrats verletzt zu haben.
Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn der Betriebsrat beabsichtigt, mit dem Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung zu einem mitbestimmungspflichtigen Thema abzuschließen und rechtlichen Beratungsbedarf bezüglich dieser Vereinbarung hat. Zum Beispiel könnte der Betriebsrat sich fragen, welche Punkte in der Betriebsvereinbarung geregelt werden müssen oder sollten und ob bestimmte Regelungen, die bereits in einem Entwurf vorliegen, rechtlich in Ordnung sind.
Es ist jedoch äußerst wichtig zu beachten: Der Betriebsrat darf einen Anwalt als Sachverständigen erst dann beauftragen, wenn der Arbeitgeber zuvor sein Einverständnis gegeben hat. Der Betriebsrat muss also den Arbeitgeber vorher um Erlaubnis fragen, wenn er einen Anwalt als Sachverständigen einschalten möchte.
Dies unterscheidet sich von den drei Situationen, die ich zuvor beschrieben habe: Wenn der Betriebsrat einen Rechtsanwalt einschalten möchte, weil er der Meinung ist, dass der Arbeitgeber ein Recht des Betriebsrats verletzt hat, wenn der Betriebsrat einen Anwalt beauftragen möchte, weil der Arbeitgeber ein Arbeitsgerichtsverfahren eingeleitet hat, an dem auch der Betriebsrat beteiligt ist, und wenn der Betriebsrat einen Anwalt als Beisitzer für eine Einigungsstelle bestellen will, dann muss der Betriebsrat nicht vorher den Arbeitgeber um Erlaubnis fragen.
Rechtsanwalt als Berater bei einer Betriebsänderung
Eine ganz spezielle Situation, in der der Betriebsrat ebenfalls das Recht haben kann, einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen, weil der Betriebsrat Beratungsbedarf hat, liegt dann vor, wenn der Arbeitgeber eine sogenannte Betriebsänderung geplant hat.
Eine Betriebsänderung ist eine größere Maßnahme des Arbeitgebers, die mit erheblichen Nachteilen für die Belegschaft verbunden sein kann, z.B. die Schließung einer großen Betriebsabteilung oder der Abbau einer größeren Anzahl von Arbeitsplätzen, die mit der Entlassung von Mitarbeitern verbunden ist.
In einer solchen Situation hat der Betriebsrat nach § 111 Satz 2 BetrVG in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern das Recht, zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuzuziehen und dabei handelt es sich dann häufig um einen Rechtsanwalt.
Auch in Unternehmen mit nicht mehr als 300 Arbeitnehmer kann ein Betriebsrat aber das Recht haben, zu seiner Unterstützung einen Anwalt als Berater hinzuziehen, der Betriebsrat kann sich dann aber nur auf § 80 Abs. 3 BetrVG stützen.
Ein wesentlicher Unterschied zwischen der Hinzuziehung eines Anwalts nach § 80 Abs. 3 und nach § 111 Satz 2 besteht darin, dass der Betriebsrat bei der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts nach § 80 Abs. 3 BetrVG die vorherige Zustimmung des Arbeitgebers braucht, bei der Hinzuziehung nach § 111 Satz 2 dagegen nicht. In einem Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern kann der Betriebsrat also im Falle einer Betriebsänderung einen Anwalt beauftragen, ohne vorher den Arbeitgeber fragen zu müssen, wenn die Beauftragung des Anwalts für den Betriebsrat erforderlich ist.
Rechtsanwalt zur Unterstützung bei Verhandlungen mit dem Arbeitgeber
Eine weitere Situation, in der der Betriebsrat durchaus den berechtigten Wunsch haben kann, einen Anwalt hinzuzuziehen, ist, wenn der Betriebsrat in Verhandlungen mit dem Arbeitgeber steht, um ein bestimmtes mitbestimmungspflichtiges Thema zu regeln. Zum Beispiel könnte es darum gehen, eine Betriebsvereinbarung abzuschließen, und die Verhandlungen haben noch nicht den Punkt erreicht, an dem sie vor der Einigungsstelle landen oder es ist gar nicht gewollt, dass es zu einem Einigungsstellenverfahren kommt.
Auch in einer solchen Situation kann es sinnvoll sein, einen Anwalt einzuschalten, der den Betriebsrat bei den Verhandlungen mit dem Arbeitgeber unterstützt, insbesondere wenn auch die Arbeitgeberseite anwaltliche Unterstützung in Anspruch nimmt.