Betriebsratsmitglied: Recht auf ungestörte Amtsausübung

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Damit Betriebsratsmitglieder ungestört ihre Arbeit machen können, verbietet es das Gesetz ausdrücklich, Betriebsratsmitglieder in der Ausübung ihrer Tätigkeit zu stören oder zu behindern. Betriebsratsmitglieder haben das Recht, ihr Amt ungestört ausüben zu können.

Was das genau bedeutet und was Betriebsratsmitglieder tun können, wenn sie in ihrer Betriebsratsarbeit gestört oder behindert werden, darum geht es in diesem Video.

Störung oder Behinderung der Betriebsratsarbeit

Das Verbot der Störung oder Behinderung der Betriebsratsarbeit ist in § 78 Satz 1 BetrVG geregelt, wo es heißt:

“Die Mitglieder des Betriebsrats … dürfen in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden.”

Ein Verstoß gegen dieses Verbot der Störung oder Behinderung der Betriebsratsarbeit würde natürlich insbesondere dann vorliegen, wenn jemand eine bestimmte Betriebsratstätigkeit, die ein Betriebsratsmitglied berechtigterweise ausüben möchte, ganz verhindern will, wenn z.B. ein Vorgesetzter es einem Betriebsratsmitglied verbietet, zu einer Betriebsratssitzung zu gehen oder wenn ein Vorgesetzter es einem Betriebsratsmitglied verbietet, in einer betrieblichen Angelegenheit mit einem Arbeitnehmer zu sprechen. Dann haben wir einen klaren Verstoß gegen das Verbot der Störung oder Behinderung der Betriebsratsarbeit.

Aber es muss gar nicht so weit kommen, dass ein Betriebsratsmitglied eine bestimmte Betriebsratstätigkeit gar nicht ausüben kann, damit ein Verstoß gegen das Verbot der Störung oder Behinderung der Betriebsratsarbeit vorliegt: denn nach der juristischen Literatur und nach der Rechtsprechung stellt schon jede unzulässige Erschwerung der Betriebsratsarbeit einen Verstoß dieses Verbot dar. Wenn also der Arbeitgeber durch ein bestimmtes Verhalten dafür sorgt, dass die Betriebsratsarbeit oder eine bestimmte Betriebsratstätigkeit für ein einzelnes Betriebsratsmitglied schwieriger wird als nötig, kann bereits ein Verstoß vorliegen.

Dazu am besten mal ein Beispiel: Ein Betriebsratsmitglied hat ja das Recht, während der Arbeitszeit Betriebsratstätigkeiten zu erledigen. Wenn ein Betriebsratsmitglied dieses Recht in Anspruch nehmen will, muss es sich zwar grundsätzlich bei seinem Vorgesetzten abmelden, bevor es seine Arbeit unterbrechen darf, um die Betriebsratstätigkeit zu erledigen. Es gibt aber keine Vorgaben dazu, wie sich ein Betriebsratsmitglied bei seinem Vorgesetzten abmeldet, die Abmeldung kann z.B. auch mündlich erfolgen. Wenn jetzt ein Vorgesetzter ein Betriebsratsmitglied anweist, sich immer schriftlich abzumelden, macht der Vorgesetzte dem Betriebsratsmitglied die Betriebsratsarbeit schwerer als nötig weil eine schriftliche Abmeldung einen größeren Aufwand verursacht als eine mündliche Abmeldung und damit hätten wir einen Verstoß gegen das Verbot der Störung oder Behinderung der Betriebsratsarbeit.

Gegen wen richtet sich das Verbot der Störung oder Behinderung der Betriebsratsarbeit?

Das Verbot der Störung und Behinderung der Betriebsratsarbeit richtet sich natürlich in erster Linie an den Arbeitgeber und an Vorgesetzte. Wenn jemand den Betriebsrat stört oder behindert, dann ist das häufig entweder der Arbeitgeber oder ein Vorgesetzter.

Das Verbot richtet sich aber nicht ausschließlich an den Arbeitgeber und an Vorgesetzte, sondern an jedermann. Es gilt insbesondere auch für alle anderen Personen, die dem Betrieb angehören, z.B. auch für “normale” Kollegen.

Und darüber hinaus gilt das Störungs- und Behinderungsverbot auch für Personen und Organisationen, die nicht dem Betrieb angehören, wie z.B. Gewerkschaften, Behörden oder andere Stellen.

Und nicht zuletzt gilt das Störungs- und Behinderungsverbot sogar auch für den Betriebsrat und seine Mitglieder selbst. Auch dem Betriebsrat und den einzelnen Betriebsratsmitgliedern ist es verboten, die Tätigkeit anderer Betriebsratsmitglieder zu stören oder zu behindern.

Auch hierzu mal ein Beispiel: Jedes Betriebsratsmitglied hat ja das Recht, auf Kosten des Arbeitgebers an allen Grundlagenschulungen zum Arbeitsrecht und zum Betriebsverfassungsrecht teilzunehmen. Bevor ein Betriebsratsmitglied an einer solchen Schulung teilnehmen darf, muss aber erst einmal der Betriebsrat als Gremium einen entsprechenden Beschluss über die Schulungsteilnahme fassen. Erst wenn der Betriebsrat den Beschluss gefasst hat, dass ein Betriebsratsmitglied an einer Schulung teilnehmen soll bzw. teilnehmen darf, hat das Betriebsratsmitglied auch das Recht, während der Arbeitszeit an der Schulung teilzunehmen und nur dann ist der Arbeitgeber bei den “erforderlichen” Schulungen auch dazu verpflichtet, die Kosten zu übernehmen.

Wenn der Betriebsrat jetzt bei einem bestimmten Betriebsratsmitglied, das noch nicht über die für die Betriebsratsarbeit nötigen Rechtskenntnisse verfügt und das deshalb gerne an den entsprechenden Grundlagenschulungen teilnehmen möchte, nicht die dafür nötigen Beschlüsse fasst, dann würde der Betriebsrat gegenüber diesem Betriebsratsmitglied gegen das Verbot der Störung oder Behinderung der Betriebsratsarbeit verstoßen. Denn ohne entsprechende Betriebsratsbeschlüsse kann das Betriebsratsmitglied nicht auf Kosten des Arbeitgebers an den Grundlagenschulungen teilnehmen und ohne die Rechtskenntnisse, die auf diesen Grundlagenschulungen vermittelt werden, kann ein Betriebsratsmitglied sein Amt nicht gesetzeskonform ausüben, zumindest ist es für das Betriebsratsmitglied ohne Schulung schwieriger, sein Amt gesetzeskonform auszuüben.

Wie kann sich ein Betriebsratsmitglied wehren?

Wenn man als Betriebsratsmitglied in seiner Betriebsratstätigkeit gestört oder behindert wird, dann kann man sich dagegen natürlich zur Wehr setzen und zwar notfalls auch mit Hilfe des Arbeitsgerichts. 

Wenn der Arbeitgeber oder ein Vorgesetzter durch eine Anweisung gegenüber einem Betriebsratsmitglied gegen das Verbot der Störung oder Behinderung der Betriebsratstätigkeit verstoßen sollte, dann wäre eine solche Anweisung aber auch gar nicht rechtsverbindlich, das heißt, die Anweisung müsste von dem Betriebsratsmitglied eigentlich gar nicht beachtet werden. Wenn also ein Vorgesetzter es einem Betriebsratsmitglied z.B. verbietet, zu einer Betriebsratssitzung zu gehen und er das Betriebsratsmitglied stattdessen anweist, weiter zu arbeiten, dann ist dieses Verbot bzw. die Anweisung, weiter zu arbeiten, rechtlich nicht bindend und es hindert das Betriebsratsmitglied nicht daran, trotzdem zu der Betriebsratssitzung zu gehen.

Wenn jemand durch ein bestimmtes Verhalten gegen das Verbot der Störung oder Behinderung der Betriebsratstätigkeit verstößt, dann kann das betroffene Betriebsratsmitglied von dem Störer aber auch verlangen, dass dieser ein derartiges Verhalten in Zukunft unterlässt. In meinem Beispiel von eben gerade müsste das Betriebsratsmitglied das vom Vorgesetzten ausgesprochene Verbot, zu der Betriebsratssitzung zu gehen, nicht beachten und es könnte außerdem verlangen, dass der Vorgesetzte es ihm in Zukunft nicht noch einmal verbietet, zu einer Betriebsratssitzung zu gehen.

Falls jemand durch ein Unterlassen, das heißt durch die Nichtvornahme einer bestimmten Handlung, die Betriebsratstätigkeit eines Betriebsratsmitglieds stören oder behindern sollte, dann könnte das Betriebsratsmitglied verlangen, dass die unterlassene Handlung vorgenommen wird. In meinem Beispiel von vorhin, in dem der Betriebsrat nicht die erforderlichen Beschlüsse gefasst hat, damit ein Betriebsratsmitglied an den Grundlagenschulungen teilnehmen kann, könnte das Betriebsratsmitglied also vom Betriebsrat verlangen, dass dieser die entsprechenden Beschlüsse fasst.

Immer dann, wenn jemand ein Betriebsratsmitglied in seiner Betriebsratstätigkeit stört oder behindert, kann das Betriebsratsmitglied oder auch der Betriebsrat als Gremium einen Rechtsanwalt damit beauftragen, das Recht auf eine ungestörte Amtsausübung durchzusetzen, falls nötig auch mit Hilfe des Arbeitsgerichts. Die durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts entstehenden Anwaltskosten müsste der Arbeitgeber übernehmen.

Und noch eine Anmerkung: Ein vorsätzlicher Verstoß gegen das Verbot der Störung oder Behinderung der Betriebsratstätigkeit ist sogar eine Straftat, die mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft wird, das steht so in § 119 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG.

Video: Stören verboten! Das Recht eines Betriebsratsmitglieds auf ungestörte Amtsausübung

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Autor: Dr. jur Henning Kluge

Dr. Henning Kluge ist Rechtsanwalt und Fachwanwalt für Arbeitsrecht. Er berät und unterstützt Betriebsräte bei rechtlichen Fragen und bei Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber.

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