Betriebsrat: Beschluss fassen – Schritt für Schritt

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Wie fasst der Betriebsrat eigentlich einen gültigen Beschluss? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, und worauf ist bei der Beschlussfassung zu achten? In unserem ausführlichen Leitfaden zeigen wir die sieben essenziellen Schritte von der Einberufung der Sitzung bis zur Abstimmung und Protokollierung.

von Rechtsanwalt Dr. jur. Henning Kluge

Der Betriebsrat fasst einen Beschluss, indem er auf einer Betriebsratssitzung zunächst über das Beschlussthema berät und anschließend über einen zur Abstimmung gestellten Beschlusstext abstimmt. Bei genauer Betrachtung sind für eine ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrats sieben Schritte erforderlich:

  1. Einberufung einer Betriebsratssitzung
  2. Beschlussthema auf die Tagesordnung der Betriebsratssitzung setzen
  3. Durchführung der Betriebsratssitzung
  4. Formulierung eines Beschlusstextes
  5. Beratung über das Beschlussthema
  6. Abstimmung über den Beschlusstext
  7. Aufnahme des Beschlusses in das Sitzungsprotokoll

Einberufung einer Betriebsratssitzung

Der Betriebsrat kann einen Beschluss nur auf einer Betriebsratssitzung fassen. Wenn ein Betriebsrat einen Beschluss fassen muss oder fassen will, besteht deshalb der erste Schritt in der Einberufung einer Betriebsratssitzung. Es kann sich dabei auch um eine Betriebsratssitzung handeln, die per Video- oder Telefonkonferenz oder als hybride Sitzung durchgeführt wird, also als Betriebsratssitzung, zu der sich einzelne Teilnehmer aus der Ferne dazuschalten können. Auch auf solchen ganz oder teilweise virtuell stattfindenden Betriebsratssitzungen kann der Betriebsrat rechtswirksame Beschlüsse fassen. Eine Einschränkung gilt nur für Beschlüsse, die geheim gefasst werden müssen. Beschlüsse, die geheim gefasst werden müssen, können nur auf einer reinen Präsenzsitzung gefasst werden.

Für die ordnungsgemäße Einberufung einer Betriebsratssitzung sind sieben Schritte erforderlich, die der Betriebsratsvorsitzende unternehmen muss:

  1. Festlegung des Termins der Sitzung
  2. Festlegung der Form der Sitzung
  3. Festlegung des Orts der Sitzung
  4. Aufstellung der Tagesordnung
  5. Einladung der Teilnehmer
  6. Bekanntgabe der Tagesordnung
  7. Mitteilung des Termins der Sitzung an den Arbeitgeber

Die genaue Vorgehensweise bei der Einberufung einer Betriebsratssitzung und die dabei zu beachtenden rechtlichen Rahmenbedingungen sind im Detail in unserer Broschüre “Die Betriebsratssitzung” beschrieben (ISBN 978-3-96597-015-1).

Beschlussthema auf die Tagesordnung setzen

Damit der Betriebsrat auf einer Betriebsratssitzung einen Beschluss fassen kann, muss das Thema, zu dem der Beschluss gefasst werden soll, auf der Tagesordnung dieser Sitzung stehen. Der zweite Schritt, der für das Fassen eines Betriebsratsbeschlusses erforderlich ist, besteht deshalb darin, das Beschlussthema auf die Tagesordnung der Betriebsratssitzung zu setzen.

Aufnahme in die ursprüngliche Tagesordnung

In der Regel wird ein Thema, zu dem auf einer Betriebsratssitzung ein Beschluss gefasst werden soll, direkt in die Tagesordnung aufgenommen, die die Betriebsratsmitglieder zusammen mit der Einladung zu der Sitzung erhalten.
Bei der Aufnahme eines Themas in die Tagesordnung ist es wichtig, darauf zu achten, dass das Thema möglichst konkret angegeben wird, wenn zu diesem Thema ein Beschluss gefasst werden soll. Denn die Betriebsratsmitglieder sollen sich auf die Beratung und die Abstimmung über dieses Thema vorbereiten können. Aufgrund der Angaben in der Tagesordnung muss für die Betriebsratsmitglieder erkennbar sein, um welches konkrete Thema es geht, damit sie sich zu diesem Thema gegebenenfalls Unterlagen durchlesen, weitere Informationen einholen, Gespräche führen können usw. Ein Tagesordnungspunkt “Verschiedenes” oder “Sonstiges” wäre deshalb nicht ausreichend, weil die Betriebsratsmitglieder daraus nicht erkennen können, worauf sie sich vorbereiten sollen.

Andererseits werden aber auch keine überhöhten Anforderungen an die Formulierung eines Tagesordnungspunkts gestellt, damit der Betriebsrat auf der Sitzung zu dem entsprechenden Thema einen Beschluss fassen kann. Es ist insbesondere nicht erforderlich, schon den Beschlusstext, über den abgestimmt werden soll, in der Tagesordnung anzugeben.

Damit sich die Betriebsratsmitglieder auf die Beschlussfassung vorbereiten können, ist es außerdem wichtig, dass ihnen die Tagesordnung mit dem Beschlussthema rechtzeitig vor der Sitzung mitgeteilt wird, damit sie auch genug Zeit für die Vorbereitung haben. Mit wie viel Vorlaufzeit ein Thema über die Tagesordnung vor einer Sitzung bekannt gegeben werden muss, damit dieses Thema als rechtzeitig bekannt gegeben angesehen werden kann, lässt sich nicht pauschal sagen. Das hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

Man kann sich hier aber an den folgenden Grundsätzen orientieren: Die Mitteilung des Beschlussthemas eine Woche vor der Sitzung sollte in jedem Fall ausreichend sein. In aller Regel dürfte auch eine Mitteilung drei Tage vor der Sitzung noch ausreichend sein. Diese 3-Tages-Frist sollte möglichst nicht unterschritten werden. In besonderen Fällen, insbesondere bei dringenden Themen, zu denen der Betriebsrat schnell eine Entscheidung treffen muss, kann ein Beschlussthema aber auch mit einem kürzeren Zeitabstand vor der Sitzung bekannt gegeben werden.

Nachträgliche Aufnahme in die Tagesordnung

Damit ein Betriebsrat auf einer Sitzung einen Beschluss fassen kann, muss das Thema nicht unbedingt bereits auf der ursprünglichen Tagesordnung stehen, die der Betriebsratsvorsitzende zusammen mit der Einladung zu der Sitzung bekannt gegeben hat. Der Betriebsratsvorsitzende kann eine bereits bekannt gegebene Tagesordnung nachträglich um weitere Themen ergänzen. Auch zu diesen Themen kann auf der Sitzung ein Beschluss gefasst werden. Voraussetzung dafür ist nur, dass die neu hinzugekommenen Themen den Betriebsratsmitgliedern so rechtzeitig vor der Sitzung bekannt gegeben worden sind, dass die Betriebsratsmitglieder genug Zeit haben, um sich auch auf diese neuen Themen vorzubereiten.

Aufnahme in die Tagesordnung während der Sitzung

Es ist auch möglich, ein Thema erst auf der Betriebsratssitzung auf die Tagesordnung zu setzen und zu diesem Thema dann einen Beschluss zu fassen. Voraussetzung ist dafür allerdings, dass sämtliche anwesenden Betriebsratsmitglieder mit der Aufnahme des neuen Themas in die Tagesordnung einverstanden sind. Dazu sollte eine Abstimmung durchgeführt werden. Wenn nur ein Betriebsratsmitglied gegen die Aufnahme des neuen Themas in die Tagesordnung ist, kann die Tagesordnung in der Sitzung nicht rechtswirksam ergänzt werden.

Muster:

Der Betriebsrat stimmt über den folgenden Antrag ab:

„Die Tagesordnung der Sitzung wird um das Thema … ergänzt.“

Ja … / Nein … / Enthaltungen …

Durchführung der Betriebsratssitzung

Damit der Betriebsrat einen Beschluss fassen kann, muss die einberufene Betriebsratssitzung natürlich auch tatsächlich durchgeführt werden.
An der Betriebsratssitzung muss dabei eine bestimmte Mindestanzahl an Betriebsratsmitgliedern teilnehmen, damit der Betriebsrat beschlussfähig ist. Die Beschlussfähigkeit des Betriebsrats ist Voraussetzung dafür, dass der Betriebsrat einen rechtswirksamen Beschluss fassen kann. Ein Betriebsrat ist beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte der Betriebsratsmitglieder an der Beschlussfassung teilnimmt. Einzelheiten zur Beschlussfähigkeit des Betriebsrats werden weiter unten erläutert.

Auf der Betriebsratssitzung muss dann vom Betriebsratsvorsitzenden der Tagesordnungspunkt aufgerufen werden, zu dem der Beschluss gefasst werden soll. Der Betriebsratsvorsitzende leitet anschließend in diesen Tagesordnungspunkt ein, indem er das Thema näher vorstellt.

Beratung über das Beschlussthema

Bevor der Betriebsrat die Abstimmung durchführt, muss zunächst einmal über das Beschlussthema beraten werden. Nachdem der Betriebsratsvorsitzende den entsprechenden Tagesordnungspunkt aufgerufen und das Thema vorgestellt hat, gibt er den Teilnehmern an der Betriebsratssitzung die Gelegenheit, sich zu äußern. Bei der Beratung über ein Beschlussthema hat jeder Teilnehmer an der Betriebsratssitzung das Recht, zu Wort zu kommen, insbesondere die Betriebsratsmitglieder.

Falls es auf die Nachfrage des Betriebsratsvorsitzenden hin keine Wortmeldungen gibt, kann direkt zur Abstimmung übergegangen werden. Dann findet die Abstimmung ohne eine echte vorausgegangene Beratung statt. Falls und solange es aber noch Wortmeldungen von Sitzungsteilnehmern gibt, darf der Betriebsratsvorsitzende noch nicht zur Abstimmung übergehen. Wenn allerdings erkennbar wird, dass die Sitzungsteilnehmer in ihren Wortbeiträgen inhaltlich nichts Neues mehr vorzubringen haben, kann der Betriebsratsvorsitzende die Beratung über das Beschlussthema für beendet erklären.

An der Beratung über ein Beschlussthema darf grundsätzlich jedes Betriebsratsmitglied teilnehmen. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn ein Betriebsratsmitglied durch den vom Betriebsrat zu fassenden Beschluss in seiner Rechtsstellung als Arbeitnehmer oder Betriebsratsmitglied persönlich und unmittelbar betroffen ist (“Betriebsratsbeschluss in eigener Sache”). Das betroffene Betriebsratsmitglied darf in diesem Fall nicht an der Beratung und auch nicht an der dann folgenden Abstimmung teilnehmen. Grund dafür ist die Interessenkollision, in der sich das persönlich betroffene Betriebsratsmitglied befindet. Anstelle des betroffenen Betriebsratsmitglieds nimmt das zuständige Ersatzmitglied an der Beratung und Abstimmung teil.

Beispiel 1:

Der Arbeitgeber beantragt beim Betriebsrat die Zustimmung zur Kündigung des Betriebsratsmitglieds Horst Held. Der Betriebsrat muss durch einen Beschluss entscheiden, ob er seine Zustimmung zu der beabsichtigten Kündigung erteilen will. An der Beratung und Abstimmung über dieses Beschlussthema darf das Betriebsratsmitglied Horst Held nicht teilnehmen, weil es von dem zu fassenden Beschluss des Betriebsrats unmittelbar in seiner Rechtsstellung als Arbeitnehmer betroffen ist.

Beispiel 2:

Das Betriebsratsmitglied Lars Lässig fehlt wiederholt unentschuldigt auf den Betriebsratssitzungen. Einige Betriebsratsmitglieder beantragen deshalb beim Betriebsratsvorsitzenden, die Einleitung eines Arbeitsgerichtsverfahrens mit dem Ziel des Ausschlusses des Betriebsratsmitglieds Lars Lässig auf die Tagesordnung der nächsten Betriebsratssitzung zu setzen. Das Betriebsratsmitglied Lars Lässig darf an der Beratung und Abstimmung über dieses Beschlussthema nicht teilnehmen, weil es von dem zu fassenden Beschluss unmittelbar in seiner Rechtsstellung als Betriebsratsmitglied betroffen ist.

Ein Betriebsratsmitglied ist nicht von der Beratung über ein Beschlussthema ausgeschlossen, wenn es um bloße Organisations- oder Geschäftsführungsfragen des Betriebsrats geht, von denen das Betriebsratsmitglied betroffen ist. Um bloße Organisations- oder Geschäftsführungsfragen handelt es sich z. B., wenn es um

  • die Entsendung eines Betriebsratsmitglieds in den Gesamtbetriebsrat,
  • die Abberufung eines Betriebsratsmitglieds aus einem Ausschuss,
  • die Abberufung eines Betriebsratsmitglieds aus der Freistellung oder
  • die Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einer Betriebsratsschulung geht.

Ein Betriebsratsmitglied ist auch dann nicht von der Beratung über ein Beschlussthema ausgeschlossen, wenn es um eine Entscheidung des Betriebsrats geht, von der das Betriebsratsmitglied lediglich als Teil einer Gruppe von Arbeitnehmern mitbetroffen ist.

Beispiel:

Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat einen Dienstplan zur Genehmigung vorgelegt. Mit diesem Dienstplan wird unter anderem auch die Arbeitszeit eines Betriebsratsmitglieds festgelegt. Der Betriebsrat muss durch einen Beschluss entscheiden, ob er den Dienstplan genehmigen will. Das Betriebsratsmitglied, dessen Arbeitszeit ebenfalls mit dem Dienstplan festgelegt wird, darf an der Beratung und Abstimmung über dieses Beschlussthema teilnehmen.

Formulierung des Beschlusstextes

Nach der Beratung folgt die Abstimmung. Abgestimmt wird über einen vorformulierten Beschlusstext. Ein solcher Beschlusstext wird auch als Beschlussvorschlag, Beschlussantrag oder auch ganz einfach als Antrag bezeichnet.
Wer den Beschlusstext vorformuliert, ist nicht vorgeschrieben. Der Beschlusstext kann vom Betriebsratsvorsitzenden formuliert werden, aber z. B. auch von einem Ausschuss des Betriebsrats oder von einem einzelnen Betriebsratsmitglied. Der Beschlusstext kann schon vor der Betriebsratssitzung ausformuliert werden oder erst auf der Sitzung selbst.

Die Entscheidung, welcher Beschlusstext zur Abstimmung gestellt wird, trifft der Betriebsratsvorsitzende. Der Betriebsratsvorsitzende ist aber in seiner Entscheidung, welchen Text er zur Abstimmung stellt, nicht völlig frei, er muss diese Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen treffen. Das bedeutet, der Betriebsratsvorsitzende muss über einen Beschlusstext abstimmen lassen, mit dem das jeweilige Thema sinnvoll und sachgerecht behandelt wird.

Bei der Formulierung des Beschlusstextes ist zu berücksichtigen, welche Entscheidung der Betriebsrat zu treffen hat und der Beschlusstext sollte möglichst präzise daran ausgerichtet werden.

Beispiel 1:

Der Betriebsrat hat mit dem Arbeitgeber über eine Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit verhandelt. Es liegt ein abschlussreifer Entwurf einer Betriebsvereinbarung vor. Der Betriebsrat muss entscheiden, ob er dem Entwurf zustimmt. Der zur Abstimmung gestellte Beschlusstext könnte wie folgt lauten:
„Der Betriebsrat stimmt dem vorliegenden Entwurf einer Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit vom … zu.”

Beispiel 2:

Der Arbeitgeber beantragt beim Betriebsrat die Zustimmung zur Einstellung eines neuen Mitarbeiters mit dem Namen Bernd Blender. Auch wenn der Arbeitgeber in diesem Fall die Zustimmung des Betriebsrats beantragt, hat der Betriebsrat bei der Einstellung eines neuen Mitarbeiters bei genauer Betrachtung nicht darüber zu entscheiden, ob er der Einstellung zustimmen will, sondern darüber, ob er seine Zustimmung verweigern will. Denn der Betriebsrat hat zu entscheiden, ob er von seinem Veto-Recht Gebrauch machen will, das ihm bei der Einstellung eines neuen Mitarbeiters zustehen kann. Es sollte deshalb der folgende Antrag zur Abstimmung gestellt werden.

„Der Betriebsrat verweigert seine Zustimmung zu der Einstellung des Herrn Bernd Blender.”

Bei der Formulierung des Beschlusstextes ist darauf zu achten, dass der Betriebsrat gesondert abstimmen muss, wenn er Entscheidungen in verschiedenen Angelegenheiten zu treffen hat. Es ist grundsätzlich unzulässig, Entscheidungen zu verschiedenen Angelegenheiten in einem einzigen Abstimmungsvorgang zu treffen.

Beispiel:

Der Betriebsrat hat mit dem Arbeitgeber über eine Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit und eine Betriebsvereinbarung zur mobilen Arbeit verhandelt. Es liegen zwei abschlussreife Betriebsvereinbarungsentwürfe vor. Der Betriebsrat muss entscheiden, ob er diesen Entwürfen zustimmt. Der Betriebsrat muss hier zwei Abstimmungen durchführen: Eine Abstimmung über die Betriebsvereinbarung „Arbeitszeit” und eine Abstimmung über die Betriebsvereinbarung „Mobile Arbeit”.

Es muss auch dann gesondert abgestimmt werden, wenn der Betriebsrat Entscheidungen in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle zu treffen hat.

Beispiel:

Der Arbeitgeber beabsichtigt, aufgrund eines starken Auftragsrückgangs 20 Arbeitnehmern betriebsbedingt zu kündigen und hört den Betriebsrat zu diesen Kündigungen an. Der Betriebsrat muss zu jeder einzelnen Kündigung entscheiden, ob er einen Widerspruch einlegen will. Der Betriebsrat muss 20 Abstimmungen durchführen.

Es gibt allerdings auch Situationen, in denen der Betriebsrat streng genommen auch mehrere Entscheidungen zu treffen hat, die aber in einem einheitlichen Abstimmungsvorgang getroffen werden können. Das betrifft insbesondere Maßnahmen organisatorischer Art mit einem einheitlichen Ziel, die aber aus mehreren Einzelentscheidungen bestehen. Ein wichtiges Beispiel ist hier die Bestellung eines Wahlvorstands für die Neuwahl des Betriebsrats.

Abstimmung

Wenn die Beratung über das Beschlussthema abgeschlossen ist und ein Beschlusstext formuliert ist, kann die Abstimmung beginnen.

Teilnehmer und Anwesende

Durch eine Stimmabgabe an einer Abstimmung teilnehmen dürfen grundsätzlich nur die Betriebsratsmitglieder und die Ersatzmitglieder, die für verhinderte Betriebsratsmitglieder in den Betriebsrat nachgerückt sind. Diese Ersatzmitglieder haben während der Betriebsratssitzung die Rechtsstellung eines regulären Betriebsratsmitglieds.

Jedes Betriebsratsmitglied hat auch das Recht, an allen Abstimmungen des Betriebsrats teilzunehmen. Wie oben bereits dargestellt gilt eine Ausnahme aber dann, wenn ein Betriebsratsmitglied durch den vom Betriebsrat zu fassenden Beschluss in seiner Rechtsstellung als Arbeitnehmer oder Betriebsratsmitglied persönlich und unmittelbar betroffen ist (siehe Seite 14 f.). In einem solchen Fall nimmt das zuständige Ersatzmitglied an der Abstimmung teil.

In bestimmten Situationen hat auch der Arbeitgeber ein Teilnahmerecht an einer Betriebsratssitzung. Auch wenn der Arbeitgeber an einer Betriebsratssitzung teilnimmt, hat er bei den Abstimmungen des Betriebsrats aber kein Stimmrecht. Er darf während der Abstimmung über einen Beschlussantrag noch nicht einmal auf der Sitzung anwesend sein, auch dann nicht, wenn er bei dem entsprechenden Thema eigentlich ein Teilnahmerecht an der Sitzung hat. Der Arbeitgeber soll nicht mitbekommen, wie die einzelnen Betriebsratsmitglieder abstimmen, damit diese in ihrer Entscheidungsfreiheit nicht beeinträchtigt werden.

Andere Personen, die ein Recht auf Teilnahme an der Betriebsratssitzung haben, dürfen auch während der Abstimmung anwesend sein. Das gilt insbesondere für

  • die Schwerbehindertenvertretung,
  • die Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung und
  • Gewerkschaftsbeauftragte.

Die Schwerbehindertenvertretung und Gewerkschaftsbeauftragte haben bei einer Abstimmung allerdings kein Stimmrecht, sie dürfen also nur anwesend sein, aber nicht mit abstimmen.

Die Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung können dagegen bei den Abstimmungen des Betriebsrats sogar auch ein Stimmrecht haben. Voraussetzung dafür ist, dass der Betriebsrat über eine Angelegenheit abstimmt, die überwiegend Arbeitnehmer unter 18 Jahren oder Auszubildende betrifft.

Stimmabgabe

Bei der Stimmabgabe hat jedes Betriebsratsmitglied eine Stimme. Es kann mit „Ja“ für den Beschlussantrag stimmen oder mit „Nein“ dagegen. Es kann aber auch erklären, sich der Stimmabgabe zu enthalten. Auch mit einer Enthaltung nimmt ein Betriebsratsmitglied an der Abstimmung teil.

Ein Betriebsratsmitglied kann während einer Abstimmung allerdings auch anwesend sein, ohne seine Stimme abzugeben. Das ist der Fall, wenn es weder mit „Ja“ noch mit „Nein“ stimmt, es aber auch nicht erklärt, sich zu enthalten. Ein solches Betriebsratsmitglied nimmt nicht an der Abstimmung teil.

Zwischen der Nichtteilnahme an einer Abstimmung und einer Enthaltung gibt es einen wichtigen Unterschied: Bei einer Enthaltung nimmt ein Betriebsratsmitglied an der Abstimmung teil, gibt aber bewusst keine Ja- oder Nein-Stimme ab. Eine Enthaltung wird protokolliert und zählt als „neutrale Stimme”. Eine Nichtteilnahme wird dagegen als nicht abgegebene Stimme gewertet. Dadurch reduziert sich die Gesamtzahl der abgegebenen Stimmen, was zum einen Auswirkungen auf die Anzahl an Ja-Stimmen haben kann, die erforderlich ist, damit der zur Abstimmung gestellte Antrag als angenommen gilt. Zum anderen kann die Nichtteilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einer Abstimmung, anders als eine Enthaltung, auch dazu führen, dass der Betriebsrat nicht beschlussfähig ist, der Betriebsrat also an einer wirksamen Beschlussfassung gehindert ist.

Art und Weise der Abstimmung

Die Abstimmung wird vom Betriebsratsvorsitzenden geleitet. Sofern es keine Vorgaben in der Geschäftsordnung des Betriebsrats gibt, entscheidet der Betriebsratsvorsitzende, wie die Abstimmung durchgeführt wird. Eine Abstimmung kann durch eine mündliche oder schriftliche Stimmabgabe oder auch per Handheben durchgeführt werden. Wichtig ist, dass der Betriebsratsvorsitzende notiert, wie viele Personen mit „Ja“ gestimmt haben, wie viele mit „Nein“ gestimmt haben und wie viele sich enthalten haben. Nicht erforderlich ist aber eine formale Feststellung der Beschlussfähigkeit des Betriebsrats bei der Abstimmung. Die Antwort auf die Frage, ob der Betriebsrat bei der Abstimmung beschlussfähig war, ergibt sich automatisch aus der Angabe der abgegebenen Ja-Stimmen, Nein-Stimmen und Enthaltungen. Auf das Thema Beschlussfähigkeit wird unten noch ausführlich eingegangen.

Ein praktikabler Weg zur Abstimmung ist das Handheben: Der Betriebsratsvorsitzende beginnt den Abstimmungsvorgang, indem er den Beschlusstext vorliest, über den abgestimmt werden soll. Anschließend fragt er die anwesenden stimmberechtigten Mitglieder, wer mit „Ja“ für den Beschlusstext stimmt, und bittet um Handheben. Er zählt die erhobenen Hände der stimmberechtigten Personen und notiert die entsprechende Zahl. Danach fragt der Betriebsratsvorsitzende, wer mit „Nein“ gegen den Beschlusstext stimmt, und bittet ebenfalls um Handheben. Auch hier zählt er die erhobenen Hände und notiert die Anzahl. Falls dann noch nicht sämtliche stimmberechtigten Personen ihre Stimme abgegeben haben sollten, fragt der Betriebsratsvorsitzende, wer sich der Stimmabgabe enthält, und bittet wieder um Handheben. Die Anzahl der Enthaltungen wird ebenfalls gezählt und notiert.

Wenn dann immer noch stimmberechtigte Personen übrig sein sollten, die ihre Hand nicht gehoben haben, die also weder mit „Ja“ noch mit „Nein“ gestimmt haben und die auch nicht erklärt haben, sich zu enthalten, sollte der Betriebsratsvorsitzende durch Nachfrage bei diesen Personen ermitteln, ob diese Personen sich enthalten oder ob sie gar nicht an der Abstimmung teilnehmen wollen. Wie oben bereits ausgeführt ist diese Klärung wichtig, weil sowohl die Beantwortung der Frage, ob die erforderliche Mehrheit erreicht worden ist, davon abhängen kann, als auch die Frage, ob Beschlussfähigkeit vorgelegen hat.

Grundsätzlich wird die Abstimmung offen durchgeführt, also so, dass die Anwesenden wahrnehmen können, wie die einzelnen Personen abgestimmt haben. Es gibt allerdings zwei Situationen, in denen das Gesetz eine geheime Abstimmung vorschreibt, und zwar für

  • die Abberufung eines Betriebsratsmitglieds aus einem Ausschuss und
  • die Abberufung eines Betriebsratsmitglieds aus der Freistellung,

falls die Wahl dieser Betriebsratsmitglieder als Verhältniswahl stattgefunden hat. In diesen Situationen müsste die Abstimmung schriftlich mit Stimmzetteln durchgeführt werden.

Muster:

Stimmzettel

Das Betriebsratsmitglied Bernd Blender wird aus der Freistellung abberufen.
□ Ja
□ Nein
□ Enthaltung

Der Betriebsrat kann aber über die gesetzlich geregelten Fälle hinaus auch durch einen Beschluss oder durch eine Regelung in seiner Geschäftsordnung festlegen, dass in einer bestimmten Situation geheim abgestimmt werden soll. Auch in diesem Fall müsste die Abstimmung dann mit Stimmzetteln durchgeführt werden.

Aufnahme des Beschlusses in das Sitzungsprotokoll

Während oder nach dem Ende der Betriebsratssitzung muss die Beschlussfassung noch in das Protokoll der Betriebsratssitzung aufgenommen werden. Dazu muss der Beschlusstext im Wortlaut im Protokoll wiedergegeben werden. Außerdem muss die Anzahl der Ja-Stimmen, Nein-Stimmen und Enthaltungen im Protokoll vermerkt werden.

Beispiel:

Tagesordnungspunkt 3: Versetzung der Frau Marion Müller

Es wird über die beabsichtigte Versetzung von Frau Marion Müller beraten. Der Betriebsratsvorsitzende stellt anschließend den folgenden Antrag zur Abstimmung:

„Der Betriebsrat verweigert seine Zustimmung zu der Versetzung von Frau Marion Müller.“

Abstimmung:
5 Ja-Stimmen / 2 Nein-Stimmen / 2 Enthaltungen

Video: Die wichtigsten Fragen zum Protokoll einer Betriebsratssitzung

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Autor: Dr. jur Henning Kluge

Dr. Henning Kluge ist Rechtsanwalt und Fachwanwalt für Arbeitsrecht. Er berät und unterstützt Betriebsräte bei rechtlichen Fragen und bei Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber.

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