Eine gut vorbereitete Tagesordnung ist das Fundament jeder erfolgreichen Betriebsratssitzung. Sie sorgt nicht nur für Struktur und Effizienz, sondern stellt auch sicher, dass alle relevanten Themen besprochen werden. Doch wer legt die Tagesordnung fest? Wer kann Themen einbringen? Und wie funktioniert eine nachträgliche Ergänzung? In diesem Artikel erfährst du alles über die rechtlichen Vorgaben, bewährte Vorgehensweisen und erhältst praktische Vorlagen für den Betriebsratsalltag.
von Rechtsanwalt Dr. jur. Henning Kluge
Für jede Betriebsratssitzung muss vorher eine Tagesordnung aufgestellt werden. Die Tagesordnung ist eine Auflistung der Themen, die auf der Betriebsratssitzung behandelt werden sollen. Sie dient vor allem dazu, dass sich die Betriebsratsmitglieder auf die Betriebsratssitzung vorbereiten können.
Aufstellung der Tagesordnung
Auch für die Aufstellung der Tagesordnung ist der Betriebsratsvorsitzende zuständig. Der Betriebsratsvorsitzende kann erst einmal selbst darüber entscheiden, welche Themen er auf die Tagesordnung setzt und welche nicht. Damit bestimmt in erster Linie der Betriebsratsvorsitzende darüber, welche Themen auf einer Betriebsratssitzung behandelt werden.
Aufstellung nach pflichtgemäßem Ermessen
Der Betriebsratsvorsitzende ist bei der Aufstellung der Tagesordnung aber nicht völlig frei, er muss diese nach pflichtgemäßem Ermessen aufstellen. Dabei hat er zu berücksichtigen, welche Aufgaben aktuell für den Betriebsrat anstehen.
Insbesondere wenn der Betriebsrat in einer Angelegenheit eine Entscheidung durch einen Beschluss zu treffen hat, ist der Betriebsratsvorsitzende gehalten, diese Angelegenheit rechtzeitig auf die Tagesordnung einer Betriebsratssitzung zu setzen.
Beispiel:
Der Betriebsrat erhält vom Arbeitgeber einen Antrag auf Genehmigung von Überstunden. Der Betriebsratsvorsitzende ist dazu angehalten, diesen Antrag des Arbeitgebers auf die Tagesordnung einer Betriebsratssitzung zu setzen, die so zeitnah stattfindet, dass die Entscheidung des Betriebsrats dem Arbeitgeber rechtzeitig vor dem geplanten Beginn der Überstunden mitgeteilt werden kann.
Pflicht zur Aufnahme von Tagesordnungspunkten
Der Betriebsratsvorsitzende kann – sogar auch gegen seinen Willen – dazu verpflichtet sein, bestimmte Themen auf die Tagesordnung einer Betriebsratssitzung zu setzen.
Es gibt bestimmte Personen, die vom Betriebsratsvorsitzenden verlangen können, ein Thema auf die Tagesordnung zu setzen. Das sind
- die Betriebsratsmitglieder,
- der Arbeitgeber,
- die Schwerbehindertenvertretung,
- die Jugend- und Auszubildendenvertretung und
- die Arbeitnehmer des Betriebs.
Der Betriebsratsvorsitzende ist verpflichtet, ein bestimmtes Thema auf die Tagesordnung einer Betriebsratssitzung zu setzen, wenn ein Viertel der Betriebsratsmitglieder dies beantragt. Es muss sich bei dem von den Betriebsratsmitgliedern genannten Thema nur um ein Thema handeln, das auch zum Aufgabenbereich des Betriebsrats gehört. Eine besondere Form ist für den Antrag der Betriebsratsmitglieder nicht vorgeschrieben; er kann z. B. per E-Mail aber auch mündlich gestellt werden.
Muster:
Antrag auf Ergänzung der Tagesordnung der nächsten Betriebsratssitzung
Lieber Kollege / Liebe Kollegin … [Name des / der Betriebsratsvorsitzenden],
hiermit beantragen die Betriebsratsmitglieder … [Name], … [Name] und … [Name], das Thema … auf die Tagesordnung der nächsten Betriebsratssitzung zu setzen.
Mit freundlichen Grüßen
(Die Betriebsratsmitglieder … [Name],… [Name] und … [Name])
Auch der Arbeitgeber kann vom Betriebsratsvorsitzenden verlangen, ein Thema auf die Tagesordnung einer Betriebsratssitzung zu setzen. Die einzige Voraussetzung ist, dass es sich dabei um ein Thema handelt, das zum Aufgabenbereich des Betriebsrats gehört.
Die Schwerbehindertenvertretung kann ebenfalls vom Betriebsratsvorsitzenden verlangen, bestimmte Themen auf die Tagesordnung einer Betriebsratssitzung zu setzen. Dabei muss es sich aber um Themen handeln, die entweder einzelne schwerbehinderte Menschen im Betrieb oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe besonders betreffen.
Die Jugend- und Auszubildendenvertretung kann vom Betriebsratsvorsitzenden verlangen, Angelegenheiten, die besonders die Auszubildenden oder Arbeitnehmer unter 18 Jahren betreffen, auf die Tagesordnung einer Betriebsratssitzung zu setzen.
Nicht zuletzt haben auch die Arbeitnehmer die Möglichkeit, dafür zu sorgen, dass der Betriebsratsvorsitzende ein Thema in die Tagesordnung einer Betriebsratssitzung aufnehmen muss. Der Betriebsratsvorsitzende ist dazu verpflichtet, ein Thema auf die Tagesordnung einer Betriebsratssitzung zu setzen, wenn ein Arbeitnehmer dem Betriebsrat ein Thema zur Beratung vorschlägt und dieser Vorschlag von mindestens 5 % der Arbeitnehmer des Betriebs unterstützt wird.
Anforderungen an den Inhalt einer Tagesordnung
Durch die Mitteilung der Tagesordnung sollen die Betriebsratsmitglieder in die Lage versetzt werden, sich auf die einzelnen Themen der Sitzung vorzubereiten. Damit dieser Zweck einer Tagesordnung erfüllt werden kann, müssen die Themen in der Tagesordnung möglichst konkret angegeben werden. Eine Tagesordnung, die nur ganz allgemein formulierte Tagesordnungspunkte wie z. B. einen Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ enthält, wäre nicht ausreichend.
Andererseits werden aber auch keine überhöhten Anforderungen an die Formulierung der einzelnen Tagesordnungspunkte gestellt. Es muss aufgrund der in der Tagesordnung enthaltenen Informationen für die Betriebsratsmitglieder nur erkennbar sein, um welche konkreten Themen es auf der Sitzung gehen wird. Nicht erforderlich ist beispielsweise die Aufnahme eines Beschlussantrags in die Tagesordnung, über den auf der Betriebsratssitzung abgestimmt werden soll.
Beispiel für die Tagesordnung einer Betriebsratssitzung:
Tagesordnung der Betriebsratssitzung am … [Datum]
1. Beschlussfassung zur Tagesordnung
2. Einleitung eines Arbeitsgerichtsverfahrens wegen nicht genehmigter Überstunden und Beauftragung eines Rechtsanwalts
3. Personelle Einzelmaßnahmen
4. Einstellung des Sascha Schmidt
5. Versetzung der Marion Müller
6. Kündigung des Michael Meyer
7. Beschlussfassung zu der Betriebsvereinbarung „Arbeitszeit“
8. Verschiedenes
Das gerade dargestellte Beispiel enthält als letzten Tagesordnungspunkt einen Tagesordnungspunkt “Verschiedenes”. Mit diesem Tagesordnungspunkt wird zwar kein konkretes Thema angegeben, auf das sich die Betriebsratsmitglieder vorbereiten können. Ein solcher Tagesordnungspunkt am Ende der Tagesordnung macht aber trotzdem Sinn, weil unter diesem Tagesordnungspunkt auch noch weitere Themen zumindest kurz angesprochen werden können, die z. B. erst kurz vor dem Beginn der Betriebsratssitzung aufgekommen sind. Eine Beschlussfassung des Betriebsrats ist zu diesen Themen aber nicht ohne Weiteres möglich.
Bekanntgabe der Tagesordnung
Für die Art und Weise der Bekanntgabe der Tagesordnung gibt es keine besonderen Vorgaben. Die Tagesordnung kann beispielsweise per E-Mail an die Betriebsratsmitglieder übersandt werden. Ebenfalls denkbar ist, die Tagesordnung auf einem elektronischen Laufwerk abzulegen und die Betriebsratsmitglieder zu benachrichtigen, dass die Tagesordnung dort zum Abruf bereit liegt.
Da in einer Tagesordnung personenbezogene Daten und vertrauliche Informationen enthalten sein können, sollte sichergestellt werden, dass nur Betriebsratsmitglieder in die Tagesordnung Einsicht nehmen können. Eine praktikable Lösung kann hier sein, die Tagesordnung in einer passwortgesicherten PDF-Datei bereitzustellen.
Damit eine Tagesordnung ihren Zweck erfüllen kann, ist es erforderlich, dass sie den Betriebsratsmitgliedern rechtzeitig vor der Sitzung bekannt gegeben wird. Denn die Betriebsratsmitglieder brauchen für die Vorbereitung genügend Zeit. Mit wie viel Vorlaufzeit die Tagesordnung vor einer Sitzung bekannt gegeben werden muss, damit sie als rechtzeitig bekannt gegeben angesehen werden kann, lässt sich aber nicht pauschal sagen. Das hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere
- von der Anzahl,
- dem Umfang und
- der Dringlichkeit der Themen auf der Tagesordnung.
Je mehr Themen auf der Tagesordnung stehen und je umfangreicher diese sind, desto mehr Vorbereitungszeit kann für die Betriebsratsmitglieder erforderlich sein, so dass die Tagesordnung mit entsprechend mehr Vorlaufzeit bekannt gegeben werden sollte. Wenn der Betriebsrat allerdings ein besonders eilbedürftiges Thema zu behandeln hat, von dem der Betriebsratsvorsitzende gerade erst erfahren hat, ist es gar nicht möglich, dieses Thema mit größerem Zeitabstand vor der Sitzung bekanntzugeben. Dann kann die Zeit zwischen der Bekanntgabe der Tagesordnung und dem Termin der Sitzung auch relativ kurz sein.
Bei der Frage der Rechtzeitigkeit der Bekanntgabe der Tagesordnung kann man sich an den folgenden Grundsätzen orientieren: Die Mitteilung der Tagesordnung eine Woche vor der Sitzung sollte in jedem Fall ausreichen. In aller Regel dürfte auch eine Mitteilung drei Tage vor der Sitzung noch ausreichend sein. Diese 3-Tages-Frist sollte aber möglichst nicht unterschritten werden. In besonderen Fällen, insbesondere bei dringenden Themen, zu denen der Betriebsrat schnell eine Entscheidung treffen muss, kann die Tagesordnung gegebenenfalls mit einem kürzeren Zeitabstand vor der Sitzung bekannt gegeben werden.
Nachträgliche Ergänzung der Tagesordnung
Es kann vorkommen, dass in dem Zeitraum zwischen der Bekanntgabe der Tagesordnung und dem Termin der Betriebsratssitzung weitere Themen auftauchen, die der Betriebsrat am besten auch noch auf der anstehenden Sitzung behandeln würde.
Beispiel:
Der Betriebsratsvorsitzende hat am Freitag, den 20. Juni, die Tagesordnung für die nächste Betriebsratssitzung am Mittwoch, den 25. Juni, bekanntgegeben. Am Montag, dem 23. Juni bekommt der Betriebsratsvorsitzende vom Arbeitgeber eine Anhörung zu einer außerordentlichen Kündigung.
In einem solchen Fall stellt sich die Frage, ob die bereits bekannt gegebene Tagesordnung nachträglich um das neu aufgekommene Thema ergänzt werden kann.
Die Ergänzung einer bereits bekannt gegebenen Tagesordnung um ein weiteres Thema ist möglich, wenn der Betriebsratsvorsitzende den Betriebsratsmitgliedern auch das neu hinzugekommene Thema rechtzeitig vor der Sitzung als Tagesordnungspunkt mitteilt.
Beispiel:
Wenn der Betriebsratsvorsitzende in dem vorherigen Beispiel den Betriebsratsmitgliedern am Montag, den 23. Juni mitteilt, dass die Tagesordnung der Sitzung am Mittwoch, den 25. Juni, um den Tagesordnungspunkt “Anhörung zu einer außerordentlichen Kündigung” ergänzt wird, kann dieser weitere Tagesordnungspunkt als rechtzeitig bekannt gegeben angesehen werden. Es ist zu berücksichtigen, dass der Betriebsrat bei einer außerordentlichen Kündigung für seine Stellungnahme gegenüber dem Arbeitgeber nur 3 Tage Zeit hat.
Die Ergänzung einer bereits bekannt gegebenen Tagesordnung kann aber sogar noch in der Betriebsratssitzung selbst erfolgen. Voraussetzung ist dafür allerdings, dass sämtliche anwesenden Betriebsratsmitglieder mit der Aufnahme des neuen Themas in die Tagesordnung einverstanden sind. Dazu sollte eine Abstimmung durchgeführt werden. Wenn dabei alle anwesenden Betriebsratsmitglieder für die Aufnahme des neuen Themas in die Tagesordnung stimmen, ist die Tagesordnung rechtswirksam um dieses Thema ergänzt worden. Wenn aber auch nur ein Betriebsratsmitglied gegen die Aufnahme des neuen Themas in die Tagesordnung sein sollte, kann die Tagesordnung in der Sitzung nicht rechtswirksam ergänzt werden. In diesem Fall könnte über das neue Thema aber unter einem Tagesordnungspunkt “Verschiedenes” oder “Sonstiges” zumindest gesprochen werden.