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Bei einem Betriebsrat sammeln sich im Laufe einer Amtsperiode eine Vielzahl an Unterlagen an, wie z.B. Schreiben vom Arbeitgeber und Schreiben an den Arbeitgeber, Protokolle von Betriebsratssitzungen, E-Mails und andere elektronischen Dateien. Aber was passiert eigentlich am Ende der Amtszeit eines Betriebsrats mit diesen Dateien und Unterlagen? Darf oder muss der Betriebsrat diese vernichten oder muss er sie an den neuen Betriebsrat übergeben? Und was ist, wenn es im Zeitpunkt des Endes der Amtszeit noch gar keinen neuen Betriebsrat gibt?
Wann endet die Amtszeit eines Betriebsrats?
Im Normalfall dauert die Amtszeit eines Betriebsrats 4 Jahre, sie endet genau 4 Jahre nach ihrem Beginn. In einigen Situationen endet die Amtszeit eines Betriebsrats aber auch schon früher, und zwar dann,
- wenn die Betriebsratswahl rechtskräftig für unwirksam erklärt worden ist,
- wenn der Betriebsrat wegen grober Pflichtverletzung aufgelöst worden ist,
- wenn der Betriebsrat zurückgetreten ist,
- wenn die Arbeitnehmerzahl des Betriebs stark gestiegen oder gesunken ist oder
- wenn es nicht mehr genug Betriebsratsmitglieder gibt.
Egal aus welchem Grund die Amtszeit eines Betriebsrats endet, immer stellt sich die Frage, was mit den Unterlagen des Betriebsrats passiert, dessen Amtszeit endet. Und die Antwort auf diese Frage ist immer dieselbe, egal aus welchem Grund die Amtszeit endet.
Was passiert mit den Unterlagen bei Beendigung der Amtszeit?
Wenn die Amtszeit eines Betriebsrats endet, beginnt normalerweise direkt im Anschluss daran die Amtszeit des nächsten Betriebsrats, der zuvor neu gewählt worden ist. In diesem Normalfall hat man trotz des Ablaufs der Amtszeit des alten Betriebsrats ohne zeitliche Unterbrechung einen Betriebsrat im Betrieb. Es gibt einen nahtlosen Übergang zum neuen Betriebsrat. Deshalb stellt sich die Frage, ob der neue Betriebsrat nicht einfach sämtliche Unterlagen vom alten Betriebsrat übernimmt.
Ganz so einfach ist es aber leider nicht. Denn der alte und der neue Betriebsrat sind rechtlich zwei klar voneinander zu unterscheidende Gremien. Deshalb kann der neue gewählte Betriebsrat z.B. nicht haftbar gemacht werden für Pflichtverletzungen, die der alte Betriebsrat begangen hat, weshalb ein vor dem Arbeitsgericht geführtes Verfahren zur Auflösung des Betriebsrats wegen Pflichtverletzung ins Leere geht, wenn ein neuer Betriebsrat gewählt worden ist. Denn diesem neuen Betriebsrat kann die Pflichtverletzung des alten Betriebsrats nicht zugerechnet werden.
Das gilt sogar auch dann, wenn der alte und der neue Betriebsrat aus denselben Betriebsratsmitgliedern bestehen, rein äußerlich also überhaupt kein Unterschied zwischen dem alten und dem neuen Gremium zu erkennen ist. Häufig ergeben sich aber natürlich im Zuge der Neuwahl auch Änderungen in der personellen Zusammensetzung des Betriebsrats und dann ist ja ganz offensichtlich, dass zwischen dem alten und dem neuen Gremium ein Unterschied besteht.
Wenn der alte und der neue Betriebsrats rechtlich betrachtet jetzt zwei voneinander zu unterscheidende Gremien sind, kann dann der alte Betriebsrat nicht einfach all seine Unterlagen vernichten?
Hier lautet die klare Antwort: Nein, das darf er nicht. Denn auch wenn alter und neuer Betriebsrat zwei verschiedene Gremien sind, sind diese beiden Gremien natürlich eng miteinander verbunden und zwar dadurch, dass der neu gewählte Betriebsrat sogenannter Funktionsnachfolger seines Vorgängers wird. Funktionsnachfolge bedeutet, dass der neue Betriebsrat die Aufgaben des alten Betriebsrats fortführt. Rechtlich hat die Funktionsnachfolge des neuen Betriebsrats z.B. zur Folge, dass der neue Betriebsrat die Rechte und Pflichten übernimmt, die der alte Betriebsrat mit dem Arbeitgeber in einer Betriebsvereinbarung vereinbart hat. Oder dass der neue Betriebsrat in die Beteiligtenstellung in einem Arbeitsgerichtsverfahren eintritt, das bislang zwischen dem Arbeitgeber und dem alten Betriebsrat geführt worden ist.
Weil der neue Betriebsrat die Aufgaben des alten Betriebsrats fortführt, kann der neue Betriebsrat ein erhebliches Interesse an den Unterlagen haben, die sich bei seinem Vorgängergremium angesammelt haben. Der alte Betriebsrat darf seine Akten und sonstigen Unterlagen deshalb nicht einfach vernichten, sondern er muss diese grundsätzlich dem neuen Betriebsrat übergeben.
Eine Ausnahme gilt aber dann, wenn bestimmte Unterlagen für den neuen Betriebsrat überhaupt nicht von Interesse sind, z.B. weil sie sich auf eine Angelegenheit beziehen, die mittlerweile vollständig erledigt ist. Unterlagen, die für den neuen Betriebsrat nicht von Interesse sind, muss der alte Betriebsrat nicht an den neuen übergeben. Diese Unterlagen hat der alte Betriebsrat zu vernichten.
Was ist, wenn es keinen neuen Betriebsrat gibt?
Jetzt ist es leider nicht immer so, dass es direkt im Anschluss an das Ende der Amtszeit eines Betriebsrats einen neuen Betriebsrat gibt. Wenn z.B. die Neuwahl des Betriebsrats nicht so rechtzeitig durchgeführt wird, dass das Wahlergebnis bis zum Ende der Amtszeit des alten Betriebsrats bekannt gegeben werden kann, oder wenn ein Betriebsrat durch eine arbeitsgerichtliche Entscheidung rechtskräftig aufgelöst worden ist, gibt es direkt nach dem Ende der Amtszeit des alten Betriebsrats keinen neuen Betriebsrat. Es kommt dann zu einer betriebsratslosen Zeit im Betrieb. In einer solchen Situation kann der alte Betriebsrat seine Unterlagen zum Ende seiner Amtszeit gar nicht an den neuen Betriebsrat übergeben, weil es diesen ja noch gar nicht gibt.
Wenn es so sein sollte, dass es bei Beendigung der Amtszeit des alten Betriebsrats keinen neuen Betriebsrat gibt, kann man dazu in der juristischen Literatur nachlesen, dass dann der Arbeitgeber die Unterlagen des Betriebsrats vorläufig unter Verschluss zu nehmen hat, um diese dann einem später gewählten Betriebsrat zur Verfügung stellen zu können. Der alte Betriebsrat sollte in einem solchen Fall also bei Beendigung seiner Amtszeit seine Unterlagen dem Arbeitgeber übergeben. Der Arbeitgeber darf in diese Unterlagen dann natürlich nicht reinschauen. Der Betriebsrat sollte Unterlagen deshalb vor der Übergabe an den Arbeitgeber durch eine Versiegelung oder dergleichen vor einer unberechtigten Einsichtnahme durch den Arbeitgeber schützen.