Nach § 95 Abs. 1 BetrVG bedürfen Richtlinien über die personelle Auswahl bei
- Einstellungen,
- Versetzungen,
- Umgruppierungen und
- Kündigungen
der Zustimmung des Betriebsrats.
Auswahlrichtlinien im Sinne von § 95 Abs. 1 BetrVG sind Regeln, die der Arbeitgeber seinen Personalentscheidungen zugrunde legt. Es geht dabei um Grundsätze darüber, welche fachlichen, persönlichen und sozialen Gesichtspunkte bei Personalentscheidungen berücksichtigt oder nicht berücksichtigt werden sollen.
Beispiel: Punkteschema für die soziale Auswahl bei Kündigungen; Einführung eines Assessment-Centers
Keine Auswahlrichtlinien im Sinne von § 95 BetrVG sind Stellenbeschreibungen. Denn diese legen nur Anforderungen fest, die an den Stelleninhaber gestellt werden. Sie geben dagegen nicht vor, nach welchen Kriterien unter mehreren Kandidaten die Auswahlentscheidung zu treffen ist.
Will der Arbeitgeber Auswahlrichtlinien aufstellen, braucht er dazu die Zustimmung des Betriebsrats. Können sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht über die Aufstellung einer Auswahlrichtlinie einigen, entscheidet nach § 95 Abs. 1 S. 2 BetrVG auf Antrag des Arbeitgebers die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt dann die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
Der Arbeitgeber kann grundsätzlich frei entscheiden, ob er Auswahlrichtlinien einführt oder eingeführte Auswahlrichtlinien wieder abschafft. Der Betriebsrat kann nicht von sich aus die Aufstellung von Auswahlrichtlinien verlangen, er hat grundsätzlich kein entsprechendes Initiativrecht. Etwas anderes gilt in Betrieben mit mehr als 500 Arbeitnehmern. In solchen Betrieben kann der Betriebsrat nach § 95 Abs. 2 S. 1 BetrVG von sich aus tätig werden und die Aufstellung von Auswahlrichtlinien verlangen, soweit es um die bei einer Auswahl zu beachtenden fachlichen und persönlichen Voraussetzungen und soziale Gesichtspunkte geht.
Folgen eines Verstoßes des Arbeitgebers gegen eine Auswahlrichtlinie
Verstößt der Arbeitgeber gegen eine Auswahlrichtlinie, kann der Betriebsrat der personellen Einzelmaßnahme widersprechen:
- nach § 99 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG bei Einstellungen, Versetzungen und Umgruppierungen
- nach § 102 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG bei Kündigungen
Folgen von Verstößen des Arbeitgebers gegen § 95 Abs. 1 BetrVG
Missachtet der Arbeitgeber das Erfordernis der Zustimmung des Betriebsrats nach § 95 Abs. 1 S. 1 BetrVG, steht dem Betriebsrat ein (allgemeiner) Unterlassungsanspruch zu. Der Betriebsrat kann vom Arbeitgeber verlangen, die Anwendung der Auswahlrichtlinie zu unterlassen. Diesen Unterlassungsanspruch kann der Betriebsrat auch gerichtlich durchsetzen, ggf. auch mit einer einstweiligen Verfügung.
Neben dem allgemeinen Unterlassungsanspruch kommt ein Verfahren nach § 23 Abs. 3 BetrVG in Betracht.