Der Betriebsrat hat gemeinsam mit dem Arbeitgeber die Aufgabe, die Berufsbildung der Arbeitnehmer zu fördern. Nach den §§ 96 ff. BetrVG hat der Betriebsrat außerdem umfangreiche Rechte gegenüber dem Arbeitgeber im Zusammenhang mit Berufsbildungsmaßnahmen.
Text: Rechtsanwalt Dr. Kluge, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Hannover
Was versteht man unter “Berufsbildung” im Sinne der §§ 96 ff. BetrVG?
Der Begriff Berufsbildung im Sinne der §§ 96 ff. BetrVG wird sehr weit verstanden. Berufsbildungsmaßnahmen sind alle Maßnahmen, die dem Arbeitnehmer Kenntnisse und Erfahrungen vermitteln sollen, welche zur Ausfüllung eines Arbeitsplatzes und einer beruflichen Tätigkeit dienen sollen (BAG, Beschluss vom 18. April 2000 – 1 ABR 28/99 –, juris-Rn. 27).
Die Berufsbildung lässt sich in die folgenden Bereiche unterteilen:
- Berufsausbildung
- berufliche Fortbildung
- berufliche Umschulung
- sonstige Berufsbildungsmaßnahmen
Bei der Berufsausbildung geht es darum, die für die Ausübung einer bestimmten beruflichen Tätigkeit notwendigen fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse zu vermitteln.
Bei der beruflichen Fortbildung geht es um die Erhaltung, Anpassung und Erweiterung von vorhandenen beruflichen Kenntnissen und Fähigkeiten.
Mit einer beruflichen Umschulung soll ein Arbeitnehmer dazu befähigt werden, eine andere berufliche Tätigkeit als die bisherige auszuüben.
Unter sonstigen Berufsbildungsmaßnahmen sind alle weiteren Maßnahmen zu verstehen, die streng genommen keinen der vorgenannten Zwecke verfolgen, die aber trotzdem das Ziel haben, Arbeitnehmern in systematischer, lehrplanartiger Weise Kenntnisse oder Erfahrungen für ihre berufliche Tätigkeit zu vermitteln.
in welchem Format die Maßnahme stattfindet, ist für das Vorliegen einer Berufsbildungsmaßnahme und damit für das Bestehen der Beteiligungsrechte des Betriebsrats unerheblich. Wichtig ist nur, dass die Wissensvermittlung bzw. die Vermittlung von Fertigkeiten in systematischer Weise erfolgt. In Betracht kommen z.B.
- Lehrgänge
- Kurse
- Trainings
- Anleitungen
- Schulungen, Seminare
- Bildungsprogramme
- Online-Schulungen, Webinare
- Trainee-Programme
- Besuch von Ausstellungen, Messen und Kongressen
Inhaltlich kann sich die Maßnahme auf sämtliche Kenntnisse oder Fähigkeiten beziehen, die die Arbeitnehmer bei ihrer beruflichen Tätigkeit einsetzen, z.B. auf
- fachliche Kenntnisse und Fähigkeiten (Kenntnisse in Bezug auf Produkte und Dienstleistungen, Sprachkenntnisse, IT-Kenntnisse, usw.),
- methodische Kenntnisse und Fähigkeiten (Zeitmanagement-Techniken, Problemlösungstechniken, usw.) und
- Soziale Fähigkeiten bzw. Kompetenzen (Führungskompetenz, Kommunikationsfähigkeit, usw.).
Keine Berufsbildungsmaßnahme: Die bloße Einweisung in den Arbeitsplatz
Von Berufsbildungsmaßnahmen zu unterscheiden ist die bloße Einweisung eines Arbeitnehmers in seinen Arbeitsplatz. Während dem Betriebsrat bei Berufsbildungsmaßnahmen umfassende Rechte zustehen, hat der Betriebsrat bei der arbeitsplatzbezogenen Einweisung kein Beteiligungsrecht. Die Einweisung eines Arbeitnehmers in seinen Arbeitsplatz ist mitbestimmungsfrei.
Bei der Einweisung eines Arbeitnehmers in seinen Arbeitsplatz geht es insbesondere darum, den Arbeitnehmer mit organisatorischen Abläufen, mit den zu benutzenden Geräten, Maschinen und Materialien sowie mit den Produkten oder Dienstleistungen des Arbeitgebers vertraut zu machen. Der Arbeitgeber ist gegenüber dem einzelnen Arbeitnehmer zu einer solchen Einweisung in den Arbeitsplatz verpflichtet (§ 81 Abs. 1 Satz 1 BetrVG).
Die Abgrenzung zwischen Berufsbildungsmaßnahmen, bei denen der Betriebsrat mitzureden hat, und der bloßen Einweisung in den Arbeitsplatz, bei der der Betriebsrat kein Mitspracherecht hat, kann schwierig sein. Eine mitbestimmungsfreie Einweisung in den Arbeitsplatz kann sich auch mit einer mitbestimmungspflichtigen Bildungsmaßnahme überschneiden. Denn zu einer Einweisung in den Arbeitsplatz kann z.B. auch gehören, dem Arbeitnehmer zu erklären wie eine Maschine oder ein Gerät zu bedienen ist oder wie eine Software-Anwendung zu handhaben ist. Und dies könnte auch in Form einer über eine bloße Einweisung hinausgehenden Schulung passieren.
Betriebliche und außerbetriebliche Berufsbildung
Das Gesetz unterscheidet hinsichtlich der Beteiligungsrechte des Betriebsrats bei Berufsbildungsmaßnahmen zwischen betrieblichen und außerbetrieblichen Maßnahmen. Bei den betrieblichen Berufsbildungsmaßnahmen reichen die Beteiligungsrechte des Betriebsrats weiter als bei den außerbetrieblichen Maßnahmen.
Die Unterscheidung zwischen betrieblicher und außerbetrieblicher Berufsbildungsmaßnahme richtet sich dabei nicht danach, wo die Maßnahme stattfindet (innerhalb oder außerhalb des Betriebs), sondern danach, wer als Träger oder Veranstalter der Maßnahme anzusehen ist.
Eine betriebliche Berufsbildungsmaßnahme liegt vor, wenn sie vom Arbeitgeber getragen oder veranstaltet wird. Träger oder Veranstalter der Maßnahme ist der Arbeitgeber dann, wenn er die Maßnahme allein durchführt oder – bei Zusammenarbeit mit Dritten – auf Inhalt und Durchführung der Maßnahme rechtlich oder tatsächlich einen beherrschenden Einfluß hat.
Beispiel
Der Arbeitgeber organisiert für drei neue Arbeitnehmer aus seiner Vertriebsabteilung ein “Verkaufstraining”. Das Training soll nach dem Willen des Arbeitgebers zwei Tage dauern und von dem Leiter der Vertriebsabteilung durchgeführt werden. Der Abteilungsleiter soll den neuen Kollegen die besten “Verkaufstricks” beibringen.
Demgegenüber liegt eine außerbetriebliche Berufsbildungsmaßnahme vor, wenn sie von einem Dritten allein oder in Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber durchgeführt wird und der Arbeitgeber keinen beherrschenden Einfluss auf die Maßnahme hat.
Beispiel
Der Arbeitgeber meldet drei neue Arbeitnehmer aus seiner Vertriebsabteilung zu einem “Grundlagentraining Vertrieb und Verkauf” an. Diese Schulung wird von der Sell-Power Akademie GmbH angeboten. Für diese Schulung kann sich jede interessierte Person anmelden, also z.B. auch Arbeitnehmer aus anderen Betrieben.
Welche Aufgaben hat der Betriebsrat im Zusammenhang mit der Berufsbildung?
Arbeitgeber und Betriebsrat haben die Aufgabe, die Berufsbildung der Arbeitnehmer zu fördern (§ 96 Abs. 1 BetrVG). Es handelt sich dabei um eine gemeinsame betriebsverfassungsrechtliche Aufgabe von Arbeitgeber und Betriebsrat.
Für den Betriebsrat beinhaltet diese Aufgabe insbesondere, dem Arbeitgeber Vorschläge im Hinblick auf die Durchführung von Berufsbildungsmaßnahmen und die Teilnahme von Arbeitnehmern an solchen Maßnahmen zu machen.
Allerdings kann der Arbeitgeber grundsätzlich mitbestimmungsfrei allein entscheiden, ob er tatsächlich Berufsbildungsmaßnahmen durchführt bzw. ob er Arbeitnehmer an solchen Maßnahmen teilnehmen lassen will. Nur in besonderen Ausnahmefällen kann der Betriebsrat den Arbeitgeber zur Durchführung von Berufsbildungsmaßnahmen zwingen.
Wenn der Arbeitgeber aber Berufsbildungsmaßnahmen durchführt oder er Arbeitnehmer an Berufsbildungsmaßnahmen teilnehmen lassen will, hat der Betriebsrat die Aufgabe, über bestimmte Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen, mitzuentscheiden. Wenn der Arbeitgeber beispielsweise selbst eine Berufsbildungsmaßnahme durchführt, hat der Betriebsrat über den Ablauf dieser Maßnahme mitzuentscheiden.
Welche Rechte hat der Betriebsrat im Zusammenhang mit der Berufsbildung?
Der Betriebsrat hat im Zusammenhang mit der Berufsbildung verschiedene Rechte gegenüber dem Arbeitgeber.
Der Betriebsrat kann vom Arbeitgeber verlangen, den Berufsbildungsbedarf zu ermitteln. Außerdem hat er das Recht, mit dem Arbeitgeber Fragen der Berufsbildung zu beraten und ihm Vorschläge zu unterbreiten. Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber auch verlangen, eine Berufsbildungsmaßnahme durchzuführen.
Wenn der Arbeitgeber eine betriebliche Berufsbildungsmaßnahme durchführt, hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht insbesondere im Hinblick auf den genauen Ablauf dieser Maßnahme. Des Weiteren hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Frage, welche Arbeitnehmer an einer Berufsbildungsmaßnahme teilnehmen sollen.
Zu diesen Rechten des Betriebsrats im Einzelnen:
Ermittlung des Berufsbildungsbedarfs
Der Arbeitgeber ist auf Verlangen des Betriebsrats dazu verpflichtet, den Berufsbildungsbedarf zu ermitteln (§ 96 Abs. 1 Satz 2 BetrVG).
Die Ermittlung des Bildungsbedarfs vollzieht sich grundsätzlich in zwei Schritten. In einem ersten Schritt ist zunächst eine Bestandsaufnahme durchzuführen. Die Bestandsaufnahme besteht in der Feststellung des Ist-Zustandes hinsichtlich des Qualifikationsbedarfs für die vorhandenen Arbeitsplätze. Zu dieser Feststellung gehört u.a. die Angabe des aktuellen Personalbestands und des Qualifikationsniveaus. In einem zweiten Schritt ist anschließend eine Soll-Analyse durchzuführen. Dazu werden die aktuellen und die voraussichtlichen künftigen Anforderungen an die Arbeitsplätze und die dazu notwendigen Qualifikationen ermittelt. Anschließend sind Ist-Zustand und Soll-Analyse gegenüberzustellen. Aus der Gegenüberstellung ergibt sich Art und Umfang des Bildungsbedarfs.
Damit der Arbeitgeber zur Ermittlung des Berufsbildungsbedarfs verpflichtet ist, muss der Betriebsrat ihn ausdrücklich zu dieser Ermittlung auffordern. Der Arbeitgeber ist nicht dazu verpflichtet, den Bildungsbedarf von sich aus zu ermitteln.
Vorschlags- und Beratungsrecht zu Fragen der Berufsbildung
Der Betriebsrat kann vom Arbeitgeber verlangen, Fragen der Berufsbildung der Arbeitnehmer mit ihm zu beraten (§ 96 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BetrVG). Gegenstand dieser Beratung können alle mit der Berufsbildung zusammenhängenden Fragen sein, z.B.
- ob eine Berufsbildungsmaßnahme wie z.B. eine Schulung oder Fortbildung zu einem bestimmten Thema durchgeführt werden soll,
- wer an einer bestimmten Schulung- oder Fortbildungsmaßnahme teilnehmen soll,
- wie lange eine Schulungsmaßnahme dauern soll,
- wie eine bestimmte Schulung genau ablaufen soll und
- wie die individuellen Vereinbarungen zwischen dem Arbeitgeber und den Arbeitnehmern über die Teilnahme an einer Berufsbildungsmaßnahme ausgestaltet sein sollen.
Der Betriebsrat kann dem Arbeitgeber auch Vorschläge zu Fragen der Berufsbildung machen. Der Arbeitgeber muss die Vorschläge des Betriebsrats entgegennehmen und sich mit diesen ernsthaft auseinander setzen. Er muss zu den Vorschlägen des Betriebsrats Stellung nehmen und, wenn er eine andere Auffassung als der Betriebsrat vertritt, diese darlegen und begründen. Der Arbeitgeber ist aber nicht verpflichtet, die Vorschläge des Betriebsrats umzusetzen.
Wenn allerdings zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat keine Einigung über eine Frage der Berufsbildung zustande kommt, z.B. über die Frage, ob eine Schulung zu einem bestimmten Thema durchgeführt werden soll, kann der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen (§ 96 Abs. 1a BetrVG). Dann würden Arbeitgeber und Betriebsrat vor der Einigungsstelle weiter über diese Frage beraten.
Die Einigungsstelle wäre in diesem Fall aber nicht berechtigt, eine rechtsverbindliche Entscheidung zu treffen. Wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat in dem Einigungsstellenverfahren nicht auf eine einvernehmliche Lösung verständigen können, endet das Einigungsstellenverfahren ohne konkretes Ergebnis.
Besonderes Beratungsrecht zu bestimmten Themen
Zu bestimmten Themen im Zusammenhang mit der Berufsbildung hat der Betriebsrat in Ergänzung zu seinem allgemeinen Beratungsrecht noch ein besonderes Beratungsrecht (§ 97 Abs. 1 BetrVG). Dieses besondere Beratungsrecht betrifft
- die Errichtung und Ausstattung betrieblicher Einrichtungen zur Berufsbildung,
- die Einführung betrieblicher Berufsbildungsmaßnahmen und
- die Teilnahme von Arbeitnehmern an außerbetrieblichen Berufsbildungsmaßnahmen.
Eine betriebliche Einrichtung zur Berufsbildung ist eine Zusammenfassung sachlicher und/oder personeller Mittel zum Zweck der Berufsbildung.
Beispiele:
- betriebliche Lehrwerkstatt
- Unterrichtsräume
- betriebliches Bildungszentrum
Bei der Einführung betrieblicher Berufsbildungsmaßnahmen geht es um die Frage, ob der Arbeitgeber eine bestimmte Berufsbildungsmaßnahme für Arbeitnehmer des Betriebs veranstaltet.
Bei dem Beratungsgegenstand Teilnahme von Arbeitnehmern an außerbetrieblichen Berufsbildungsmaßnahmen geht es um die Frage, ob und wenn ja welche Arbeitnehmer an Berufsbildungsmaßnahmen teilnehmen sollen, die nicht vom Arbeitgeber, sondern von einem externen Dritten durchgeführt werden.
Im Unterschied zu seinem allgemeinen Beratungsrecht bei Berufsbildungsfragen muss der Betriebsrat bei diesen Themen die Beratung nicht von sich aus vom Arbeitgeber verlangen, sondern hier muss der Arbeitgeber die Initiative ergreifen und auf den Betriebsrat zugehen, um diese Themen mit ihm zu beraten. Die Beratung muss rechtzeitig erfolgen, damit die Vorschläge des Betriebsrats bei der Umsetzung von bestimmten Maßnahmen auch berücksichtigt werden können.
Bestellung und Abberufung einer mit der Durchführung der betrieblichen Berufsbildung beauftragten Person
Der Betriebsrat hat auch ein Mitspracherecht bei der Frage, wer im Betrieb Berufsbildungsmaßnahmen durchführt.
Der Betriebsrat kann der Bestellung einer mit der Durchführung einer betrieblichen Berufsbildungsmaßnahme beauftragten Person widersprechen bzw. deren Abberufung verlangen, wenn diese nicht die persönliche oder fachliche Eignung besitzt oder wenn sie ihre Aufgaben vernachlässigt.
Wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat über einen solchen Widerspruch des Betriebsrats gegen die Bestellung oder über eine vom Betriebsrat verlangte Abberufung einer mit der Durchführung einer betrieblichen Berufsbildungsmaßnahme beauftragten Person nicht einigen können, kann der Betriebsrat beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, die Bestellung zu unterlassen bzw. die Abberufung umzusetzen.
Mitbestimmungsrecht bei dem “Ob” einer Berufsbildungsmaßnahme
Ob eine Bildungsmaßnahme für Arbeitnehmer des Betriebs durchgeführt wird, kann der Arbeitgeber grundsätzlich mitbestimmungsfrei allein entscheiden. Nur unter bestimmten Voraussetzungen kann der Betriebsrat den Arbeitgeber gegen dessen Willen zur Durchführung einer Bildungsmaßnahme zwingen. Das kommt dann in Betracht (vgl. § 97 Abs. 2 BetrVG), wenn
- der Arbeitgeber Maßnahmen plant oder durchführt,
- die dazu führen, dass sich die Tätigkeit von Arbeitnehmern ändert und
- die Kenntnisse und Fähigkeiten der betroffenen Arbeitnehmer nicht mehr zur Erfüllung ihrer Aufgaben ausreichen.
Als solche Maßnahmen kommen z.B. in Betracht:
- Änderungen an bestehenden technischen Anlagen
- Änderungen an Arbeitsverfahren oder Arbeitsabläufen
- Einführung neuer Maschinen oder neuer Software
Wenn die oben genannten Voraussetzungen vorliegen, hat der Betriebsrat ein Initiativrecht und kann vom Arbeitgeber die Durchführung von betrieblichen Bildungsmaßnahmen verlangen. Mit diesen Maßnahmen sollen den betroffenen Arbeitnehmern dann insbesondere die Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, die erforderlich sind, um die geänderten Anforderungen zu erfüllen.
Beispiel
Bei der Spezial-Software GmbH wird die Arbeit an den einzelnen Projekten und die Zusammenarbeit der verschiedenen Teams bislang mit Excel-Dateien und Checklisten organisiert. Um die Abläufe zu optimieren und die Zusammenarbeit der Teams zu verbessern, plant der Arbeitgeber, zukünftig eine komplexe Projektmanagementsoftware einzusetzen. Die Arbeitnehmer haben derzeit noch nicht die nötigen Kenntnisse, um mit dieser Projektmanagementsoftware zu arbeiten. Der Betriebsrat kann deshalb vom Arbeitgeber verlangen, eine Schulungsmaßnahme zu dieser Software für die Arbeitnehmer zu veranstalten.
Wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht über die Durchführung von solchen Bildungsmaßnahmen einigen können, kann der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen (§ 97 Abs. 2 Satz 2 BetrVG). Dann würde die Einigungsstelle für den Arbeitgeber und Betriebsrat rechtsverbindlich entscheiden, ob vom Arbeitgeber betriebliche Bildungsmaßnahmen durchgeführt werden und wie diese ausgestaltet sein müssen.
Mit seinem Mitbestimmungsrecht kann der Betriebsrat aber nur die Durchführung betrieblicher Bildungsmaßnahmen verlangen, also Maßnahmen, die vom Arbeitgeber selbst veranstaltet werden. Außerbetriebliche Bildungsmaßnahmen, also Maßnahmen, die von externen Dritten veranstaltet werden, kann der Betriebsrat gegen den Willen des Arbeitgebers nicht durchsetzen.
Mitbestimmungsrecht bei dem “Wie” einer Berufsbildungsmaßnahme
Wenn der Arbeitgeber eine betriebliche Berufsbildungsmaßnahme durchführt, hat der Betriebsrat bei dem “Wie” der Durchführung mitzubestimmen, das heißt bei der konkreten Ausgestaltung der Maßnahme (§ 98 Abs. 1 BetrVG). Bei außerbetrieblichen Berufsbildungsmaßnahmen besteht kein solches Mitbestimmungsrecht. Grund dafür ist, dass der Arbeitgeber bei außerbetrieblichen Berufsbildungsmaßnahmen, die von einem externen Dritten veranstaltet werden, keinen beherrschende Einfluss auf das “Wie” der Durchführung hat.
Nicht vom Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei dem “Wie” der Durchführung einer betrieblichen Berufsbildungsmaßnahme umfasst sind Ziel und Zweck der Maßnahme und damit auch der in Betracht kommende Teilnehmerkreis. Diese Fragen sind untrennbar mit der Frage verknüpft, ob überhaupt eine Berufsbildungsmaßnahme durchgeführt wird und über diese Frage kann der Arbeitgeber grundsätzlich mitbestimmungsfrei allein entscheiden.
Ebenfalls nicht vom Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei dem “Wie” der Durchführung einer Bildungsmaßnahme umfasst ist die Höhe des finanziellen Budgets für die Maßnahme. Über die Höhe der für die Maßnahme bereitgestellten Mittel kann der Arbeitgeber mitbestimmungsfrei allein entscheiden.
Mitbestimmungspflichtige Fragen hinsichtlich des “Wie” der Durchführung einer Berufsbildungsmaßnahme sind z.B. (vgl. dazu auch BAG, Beschluss vom 24. August 2004 – 1 ABR 28/03)
- der genaue Ablauf der Maßnahme,
- die Anzahl der Teilnehmer an der Maßnahme,
- der genaue Inhalt und der Umfang der zu vermittelnden Kenntnisse oder Fähigkeiten,
- die Methoden der Wissensvermittlung,
- die Dauer und zeitliche Lage der Maßnahme,
- die Ausgestaltung von Prüfungen.
Da der Arbeitgeber aber allein über die Höhe der für die Maßnahme zur Verfügung gestellten Mittel entscheiden kann, kann er damit erheblichen Einfluss auf die Art und Weise der Durchführung der Maßnahme nehmen (wie z.B. auf die Anzahl der Teilnehmer und die Dauer der Maßnahme).
Wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat bei dem “Wie” der Durchführung einer betrieblichen Bildungsmaßnahme nicht einigen können, haben beide Seiten die Möglichkeit, die Einigungsstelle anrufen. Dann würde die Einigungsstelle für Arbeitgeber und Betriebsrat rechtsverbindlich über die mitbestimmungspflichtigen Fragen entscheiden (§ 98 Abs. 1 und 4 BetrVG).
Mitbestimmungsrecht bei Durchführung von Berufsbildungsmaßnahmen mit Dritten
Wenn der Arbeitgeber Berufsbildungsmaßnahmen zusammen mit anderen Arbeitgebern durchführt und der Arbeitgeber im Anschluss keinen beherrschenden Einfluss auf das “Wie” der Durchführung der Maßnahme hat, hat der Betriebsrat in dieser Hinsicht kein Mitbestimmungsrecht, weil es sich dann nicht um eine betriebliche, sondern um eine außerbetriebliche Maßnahme handelt. Der Betriebsrat hat in einem solchen Fall aber bei dem Abschluss der Vereinbarung über die Zusammenarbeit der Arbeitgeber insoweit mitzubestimmen, als Regelungen über die spätere Durchführung der Bildungsmaßnahmen getroffen werden (BAG, Beschluss vom 18. April 2000 – 1 ABR 28/99).
Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitgeber die Durchführung einer Berufsbildungsmaßnahme auf einen Dritten überträgt. Auch in diesem Fall hat der Betriebsrat dann jedenfalls bei der Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Dritten über die Durchführung der Maßnahme insoweit mitzubestimmen, als von dieser Vereinbarung das “Wie” der Durchführung betroffen ist (Fitting, § 98 Rn. 6).
Mitbestimmungsrecht bei der Auswahl der Teilnehmer an Berufsbildungsmaßnahmen
Bei betrieblichen Berufsbildungsmaßnahmen hat der Betriebsrat immer auch ein Mitbestimmungsrecht bei der Auswahl der Teilnehmer an diesen Maßnahmen. Bei außerbetrieblichen Berufsbildungsmaßnahmen hat der Betriebsrat dann ein Mitbestimmungsrecht bei der Auswahl der Teilnehmer, wenn der Arbeitgeber Arbeitnehmer für die Teilnahme an solchen Maßnahmen von der Arbeit freistellt oder wenn er die Kosten für die Teilnahme ganz oder teilweise übernimmt (§ 98 Abs. 3 BetrVG).
Wenn der Betriebsrat dieses Mitbestimmungsrecht wahrnehmen will, muss er dem Arbeitgeber eigene Vorschläge hinsichtlich der Teilnehmer machen. Der Betriebsrat muss dem Arbeitgeber mitteilen, welche Arbeitnehmer aus seiner Sicht an der Maßnahme teilnehmen sollen. Es wäre nicht ausreichend, wenn der Betriebsrat einfach nur der vom Arbeitgeber getroffenen Auswahl widersprechen würde.
Wenn genug Teilnehmerplätze zur Verfügung stehen, so dass sowohl die vom Arbeitgeber benannten Arbeitnehmer als auch die vom Betriebsrat vorgeschlagenen Arbeitnehmer an der Maßnahme teilnehmen können, könnte die Maßnahme mit allen vorgeschlagenen Teilnehmern durchgeführt werden. Wenn der Arbeitgeber aber vom Betriebsrat vorgeschlagene Teilnehmer nicht an der Maßnahme teilnehmen lassen will, hätten sowohl der Arbeitgeber als auch der Betriebsrat die Möglichkeit, die Einigungsstelle anzurufen. Dann würde die Einigungsstelle rechtsverbindlich über die Frage entscheiden, welche der vom Betriebsrat vorgeschlagenen Arbeitnehmer an der Maßnahme teilnehmen sollen.
Falls der Betriebsrat gegen die Teilnahme von Arbeitnehmern sein sollte, die der Arbeitgeber benannt hat, bestünde dagegen nicht die Möglichkeit, die Einigungsstelle einzuschalten. Denn der Zweck des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats bei der Auswahl der Teilnehmer an einer Bildungsmaßnahme besteht nicht darin, die Teilnahme von Arbeitnehmern an einer solchen Maßnahme zu verhindern. Der Arbeitgeber kann also auch gegen den Willen des Betriebsrats Arbeitnehmer an einer Bildungsmaßnahme teilnehmen lassen, jedenfalls dann, wenn genug Plätze vorhanden sind, so dass auch sämtliche vom Betriebsrat vorgeschlagenen Personen an der Maßnahme teilnehmen können.
Wenn Arbeitgeber und Betriebsrat insgesamt mehr Arbeitnehmer vorschlagen als Teilnehmerplätze zur Verfügung stehen, müssen Arbeitgeber und Betriebsrat gemeinsam eine Auswahlentscheidung unter allen vorgeschlagenen Arbeitnehmern treffen. Wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat hier nicht einigen können, kann wiederum sowohl der Arbeitgeber als auch der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Dann würde die Einigungsstelle für Arbeitgeber und Betriebsrat rechtsverbindlich die Teilnehmer auswählen.