Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Aufstellung von Beurteilungsgrundsätzen (§ 94 Abs. 2 BetrVG)

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Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht bei der Aufstellung allgemeiner Beurteilungsgrundsätze. Aber was genau sind eigentlich Beurteilungsgrundsätze und was ist hier alles vom Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats umfasst? Worauf sollte ein Betriebsrat bei der Ausübung seines Mitbestimmungsrechts achten? Und was sind die Folgen, wenn der Arbeitgeber das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Aufstellung von Beurteilungsgrundsätzen verletzt? Antworten auf diese Fragen gibt es in diesem Artikel.

Umfang des Mitbestimmungsrechts bei der Aufstellung von Beurteilungsgrundsätzen

Beurteilungsgrundsätze sind nach der Definition des Bundesarbeitsgerichts Regelungen, die eine Bewertung des Verhaltens oder der Leistung der Arbeitnehmer verobjektivieren oder vereinheitlichen und an Kriterien ausrichten sollen, die für die Beurteilung erheblich sind (BAG, Beschluss vom 17. März 2015 – 1 ABR 48/13). Gegenstand des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats ist vor allem die Frage, nach welchen Gesichtspunkten Arbeitnehmer insgesamt oder in Teilen ihrer Leistung oder ihres Verhaltens beurteilt werden sollen. Der Mitbestimmung unterliegt aber nicht nur die Festlegung der materiellen Beurteilungsmerkmale, sondern auch die Festlegung der Grundlagen der Beurteilung und die Ausgestaltung des Beurteilungsverfahrens.

Definition:

Beurteilungsgrundsätze sind Regeln oder Richtlinien, nach denen Leistung oder Verhalten der Arbeitnehmer bewertet werden.

Vom Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Aufstellung von Beurteilungsgrundsätzen ist also insbesondere erfasst

  • die Festlegung der Beurteilungskriterien,
  • die Festlegung der Beurteilungsgrundlagen und
  • die Ausgestaltung des Beurteilungsverfahrens.

Beurteilungskriterien

Bei der Festlegung der Beurteilungskriterien geht es um die Frage, welche konkreten Leistungs- und Verhaltensmerkmale bei den Mitarbeitern bewertet werden sollen.

Beispiele

  • Auffassungsgabe
  • Urteilsvermögen
  • Problemlösungsfähigkeit
  • Fachwissen
  • Kundenorientierung
  • Teamfähigkeit
  • Qualität der Arbeit
  • Zuverlässigkeit

Beurteilungsgrundlagen

Bei der Festlegung der Beurteilungsgrundlagen muss entschieden werden, was alles zur Beurteilung der Arbeitnehmer herangezogen werden soll. Hier geht es um die Beantwortung der Frage, worauf die Beurteilung gestützt werden soll.

Beispiele

  • (Arbeits-)Zeugnisse
  • Bestimmte Kennzahlen
  • Daten aus EDV-Systemen
  • Testverfahren, denen sich die Bewerber/Mitarbeiter unterziehen müssen (z.B. auch Assessment-Center)
  • Mitarbeitergespräche
  • Fragebogen für Vorgesetzte
  • Beobachtungen und Einschätzungen von Vorgesetzten
  • Selbsteinschätzung des Arbeitnehmer
  • Beobachtung der Arbeitnehmer bei der Erbringung der Arbeitsleistung (z.B. Mithören von Kundengesprächen)
  • Zielvereinbarungen

Beurteilungsverfahren

Bei der Ausgestaltung des Beurteilungsverfahrens geht es darum, die Art und Weise festzulegen, wie Beurteilungen zustande kommen.

Beispiele

  • Festlegung des Beurteilungszeitraums
  • Festlegung der Zeitpunkte von Beurteilungsgesprächen
  • Festlegung einer Bewertungsskala
  • Festlegung, wer die Beurteilung vornimmt (z.B. der unmittelbare Vorgesetzte)
  • Art und Weise der Einladung zum Beurteilungsgespräch
  • Verwendung eines Formulars oder Beurteilungsbogens
  • Dokumentation der tatsächlichen Beurteilungsgrundlagen
  • Kontrolle und Auswertung der Beurteilungen
  • Regeln über die Mitteilung des Beurteilungsergebnisses (z.B. mündlich oder schriftlich)
  • Anspruch des Mitarbeiters auf eine Begründung der Beurteilung
  • Recht auf Hinzuziehung eines BR-Mitglieds
  • Einspruchsmöglichkeiten für die Mitarbeiter, Beschwerdeverfahren

Wenn die für die Beurteilung wesentlichen Informationen von einem Software-Programm zusammengeführt werden, ist auch dieses Software-Programm vom Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats umfasst (Fitting, § 94, Rn. 30). Deshalb kann z.B. auch eine Bewerbermanagement-Software der Mitbestimmung nach § 94 Abs. 2 BetrVG unterliegen.

Verwendungszweck der Beurteilungen

Nach einer in der juristischen Literatur vertretenen Auffassung umfasst das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats auch den Verwendungszweck der Beurteilungen, also die Frage, wofür die erstellten Beurteilungen verwendet werden dürfen und wofür nicht.

Voraussetzungen für das Bestehen des Mitbestimmungsrechts

Voraussetzung für das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Aufstellung von Beurteilungsgrundsätzen ist, dass der Arbeitgeber Beurteilungsgrundsätze aufstellen oder anwenden will. Über die Frage, ob überhaupt Beurteilungsgrundsätze zur Anwendung kommen sollen, kann der Arbeitgeber mitbestimmungsfrei allein entscheiden. Der Betriebsrat hat nicht das Recht, vom Arbeitgeber zu verlangen, dass Beurteilungsgrundsätze aufgestellt werden. Anders als bei vielen anderen Mitbestimmungsrechten hat der Betriebsrat bei der Aufstellung von Beurteilungsgrundsätzen kein Initiativrecht. Der Betriebsrat kann den Arbeitgeber also nicht gegen dessen Willen zur Aufstellung von Beurteilungsgrundsätzen zwingen.

Keine schriftlichen Regeln erforderlich

Für das Bestehen des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats spielt es keine Rolle, in welcher Form Beurteilungsgrundsätze existieren oder angewendet werden sollen. Es muss sich also nicht unbedingt um schriftlich niedergelegte Regeln handeln. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht auch dann, wenn bestimmte Maßnahmen, die die Anwendung allgemeiner Beurteilungsgrundsätze darstellen, einfach nur gelebte Praxis im Betrieb sind, und diese nirgendwo schriftlich niedergelegt sind.

Mitbestimmung auch bei Freiwilligkeit

Für das Bestehen des Mitbestimmungsrechts kommt es auch nicht darauf an, ob es für die Beurteilungen zwingende Vorgaben seitens des Arbeitgebers gibt. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht z.B. auch dann, wenn die Teilnahme der Arbeitnehmer an den Beurteilungen freiwillig ist. Ebenfalls unschädlich für das Bestehen des Mitbestimmungsrechts ist es, wenn Vorgesetzte für die Durchführung der Beurteilungen vom Arbeitgeber keine zwingenden Vorgaben, sondern nur Orientierungshilfen bekommen haben.

Wo spielen Beurteilungsgrundsätze eine Rolle?

Die Beurteilung von Mitarbeitern kann aus verschiedenen Gründen sinnvoll oder sogar erforderlich sein.

Beurteilungen können zunächst einmal bei der Einstellung neuer Mitarbeiter eine Rolle spielen. Wenn ein Arbeitsplatz neu besetzt werden soll und es mehrere Bewerber für diesen Arbeitsplatz gibt, muss der Arbeitgeber eine Auswahlentscheidung treffen. Grundlage für eine solche Auswahlentscheidung wird häufig eine Bewertung der Leistung und des Verhaltens der Bewerber sein. Auch Grundsätze für die Beurteilung von Bewerbern, die (noch) nicht im Betrieb beschäftigt sind, sind vom Mitbestimmungsrecht des § 94 Abs. 2 BetrVG erfasst.

Ebenso wie bei Neueinstellungen können Beurteilungsgrundsätze auch bei der Beförderung von Mitarbeitern eine Rolle spielen. Auch bei Beförderungen ist häufig eine Auswahlentscheidung nötig, der wiederum eine Bewertung der Leistung und des Verhaltens der Kandidaten vorausgeht, die für die Beförderung in Betracht kommen.

Beurteilungsgrundsätze können aber auch bei Vergütungsfragen relevant sein. Viele Arbeitgeber stellen ihren Mitarbeitern z.B. Bonuszahlungen in Aussicht, um diese zu noch besseren Leistungen zu motivieren. Die Höhe dieser Bonuszahlungen richtet sich dann häufig danach, wie gut die erbrachten Leistungen des Mitarbeiters waren. Um dies feststellen zu können, ist eine Beurteilung der erbrachten Leistungen nötig.

Im Zusammenhang mit Bonuszahlungen werden häufig Zielvereinbarungen abgeschlossen. In solchen Zielvereinbarungen vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer Ziele, die der Arbeitnehmer erreichen soll. Auch bei der Beantwortung der Frage, ob und in welchem Maße ein Arbeitnehmer Ziele aus einer Zielvereinbarung erreicht hat, kann eine Beurteilung der Leistung des Arbeitnehmers erforderlich sein.

Mitarbeiterbeurteilungen können auch dazu dienen, einen eventuellen Bedarf an Fortbildungs- oder Qualifizierungsmaßnahmen festzustellen.

Die durch Anwendung von Beurteilungsgrundsätzen gewonnenen Ergebnisse können auch für die Ausstellung von Arbeitszeugnissen von Bedeutung sein.

Und nicht zuletzt können Mitarbeiterbeurteilungen auch einfach dazu dienen, Mitarbeiter zu besseren Leistungen anzuspornen.

Für das Bestehen des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats ist es letztendlich egal, mit welchem Ziel die Beurteilungsgrundsätze eingesetzt werden sollen. Dem Betriebsrat steht auch dann ein Mitbestimmungsrecht bei der Aufstellung von Beurteilungsgrundsätzen zu, wenn der Arbeitgeber mit den Beurteilungen gar kein bestimmtes Ziel verfolgen will.

Wie bestimmt der Betriebsrat bei Beurteilungsgrundsätzen mit?

Nach § 94 Abs. 2 BetrVG bedarf die Aufstellung allgemeiner Beurteilungsgrundsätze der Zustimmung des Betriebsrats. Wenn der Arbeitgeber Regeln zur Beurteilung von Mitarbeitern einführen oder Maßnahmen durchführen will, die zu den allgemeinen Beurteilungsgrundsätzen zählen (siehe oben), muss er deshalb vorher den Betriebsrat nach seiner Zustimmung fragen. Erst wenn der Betriebsrat seine Zustimmung erteilt hat, darf der Arbeitgeber die Regeln aufstellen bzw. die Maßnahmen durchführen.

Was den Inhalt und die konkrete Ausgestaltung der Beurteilungsgrundsätze angeht, steht der Betriebsrat dem Arbeitgeber “auf Augenhöhe” gegenüber. Arbeitgeber und Betriebsrat entscheiden hier gleichberechtigt.

Falls der Betriebsrat seine Zustimmung nicht erteilen sollte, müsste der Arbeitgeber die Einigungsstelle anrufen, wenn er die Beurteilungsregeln weiterhin erlassen bzw. die Beurteilungsmaßnahmen umsetzen will. Dann würde die Einigungsstelle für den Arbeitgeber und den Betriebsrat rechtsverbindlich darüber entscheiden, wie die Regeln für die Mitarbeiterbeurteilungen aussehen sollen.

Die Einigungsstelle könnte aber auch der Betriebsrat anrufen, wenn aus der Sicht des Betriebsrats die Verhandlungen über die Ausgestaltung der Beurteilungsgrundsätze gescheitert sind.

Solange sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht geeinigt haben und auch die Einigungsstelle noch keine Entscheidung getroffen hat, dürfen Beurteilungsgrundsätze nicht im Betrieb angewendet werden.

Änderung von Beurteilungsgrundsätzen

Wenn es bereits Beurteilungsgrundsätze im Betrieb gibt, kann sowohl der Arbeitgeber als auch der Betriebsrat den Wunsch haben, Änderungen an diesen Beurteilungsgrundsätzen vorzunehmen.

Arbeitgeber möchte Beurteilungsgrundsätze ändern

Wenn der Arbeitgeber Beurteilungsgrundsätze ändern möchte, müsste der Arbeitgeber den Betriebsrat um seine Zustimmung zu der Änderung bitten. Wenn der Betriebsrat seine Zustimmung erteilt, könnte die Änderung umgesetzt werden. Wenn der Betriebsrat seine Zustimmung aber nicht erteilt, dürfte der Arbeitgeber die Änderung erst einmal nicht umsetzen. Der Arbeitgeber müsste die Einigungsstelle anrufen, wenn er die Änderung trotz der vom Betriebsrat nicht erteilten Zustimmung weiterhin vornehmen will.

Betriebsrat möchte Beurteilungsgrundsätze ändern

Wenn der Betriebsrat Beurteilungsgrundsätze ändern möchte, müsste er sich an den Arbeitgeber wenden und mit dem Arbeitgeber über die gewünschte Änderung verhandeln. Falls der Arbeitgeber die vom Betriebsrat gewünschte Änderung ablehnt, könnte der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen.

Wenn der Betriebsrat aber Beurteilungsgrundsätze ändern möchte, denen er selbst zugestimmt hatte, müsste der Betriebsrat – bevor er die Einigungsstelle anrufen kann – zunächst einmal eine Kündigung der mit dem Arbeitgeber geschlossenen Vereinbarung (bzw. seiner Zustimmungserklärung) aussprechen. Erst nach Ablauf der Kündigungsfrist könnte der Betriebsrat dann die Einigungsstelle anrufen.

Worauf sollte der Betriebsrat bei der Aufstellung von Beurteilungsgrundsätzen achten?

Wie der Betriebsrat sein Mitbestimmungsrecht bei der Aufstellung von Beurteilungsgrundsätzen wahrnimmt, ist dem Betriebsrat überlassen. Der Betriebsrat hat hier einen weiten eigenen Beurteilungsspielraum.

Form

Dies gilt zunächst einmal für die Form, in der der Betriebsrat seine Mitbestimmung ausübt.

Der Betriebsrat könnte z.B. einfach erklären, dass er den vom Arbeitgeber vorgeschlagenen Beurteilungsgrundsätzen zustimmt. Der Betriebsrat könnte mit dem Arbeitgeber aber auch eine Vereinbarung über die Beurteilungsgrundsätze abschließen, entweder in Form einer Regelungsabrede oder in Form einer Betriebsvereinbarung.

In der Regel ist der Abschluss einer Betriebsvereinbarung zu empfehlen. Eine Betriebsvereinbarung bietet für den Betriebsrat und die Arbeitnehmer die größte Rechtssicherheit. Sie hat für die Arbeitnehmer außerdem den Vorteil, dass diese daraus direkt eigene Rechte und Ansprüche gegen den Arbeitgeber erwerben können.

Inhalt

Bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Beurteilungsgrundsätze sollte sich der Betriebsrat am Sinn und Zweck von Beurteilungsregeln orientieren und sich den Grund für sein Mitbestimmungsrecht bei diesem Thema vergegenwärtigen.

Regeln für  gerechte und vergleichbare Beurteilungsergebnisse

Das Ziel von Beurteilungsgrundsätzen besteht in erster Linie darin, ein einheitliches Vorgehen bei der Mitarbeiterbewertung zu etablieren, um gerechte und miteinander vergleichbare Ergebnisse zu bekommen. Der Betriebsrat sollte bei der Aufstellung von Beurteilungsgrundsätzen darauf achten, dass dieses Ziel so gut wie möglich erreicht wird. Aus diesem Grund sollte sich der Betriebsrat z.B. dafür einsetzen, dass möglichst objektiv nachprüfbare Beurteilungskriterien angewendet werden und weniger subjektive Kriterien, die wesentlich von der subjektiven Einschätzung der beurteilenden Personen abhängen.

Auch bei der Ausgestaltung des Beurteilungsverfahrens sollte der Betriebsrat darauf achten, mit dem Arbeitgeber Regeln zu vereinbaren, die eine gerechte Beurteilung und vergleichbare Beurteilungsergebnisse fördern.

Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts

Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Aufstellung von Beurteilungsgrundsätzen dient auch dem Schutz der Mitarbeiter vor zu weitgehenden Eingriffen in ihre Persönlichkeitssphäre. Aus diesem Grund sollte der Betriebsrat darauf achten, dass mit der Beurteilung nicht zu weit in sensible Bereiche vorgedrungen wird.

Außerdem sollte der Betriebsrat dafür sorgen, dass nur solche Leistungen und Verhaltensweisen beurteilt werden, deren Beurteilung im Hinblick auf den Zweck der Beurteilung auch wirklich relevant ist.

Beschwerderecht für Arbeitnehmer

Ein weiterer Grund für das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats bei der Aufstellung von Beurteilungsgrundsätzen besteht darin, dass der Betriebsrat die Mitarbeiter vor Benachteiligungen schützen soll. Für den Fall, dass sich ein Mitarbeiter durch eine Beurteilung benachteiligt fühlt, könnte in einer Betriebsvereinbarung zu Beurteilungsgrundsätzen ein Beschwerderecht für die Mitarbeiter geregelt werden. Dieses Beschwerderecht sollte aber auch dann bestehen, wenn ein Mitarbeiter aus sonstigen Gründen mit einer Beurteilung nicht einverstanden ist.

Wenn ein Beschwerderecht für die Mitarbeiter vereinbart wird, sollte zugleich auch ein Beschwerdeverfahren geregelt werden. Es sollte dann Regelungen dazu geben, wie der Arbeitgeber mit der Beschwerde eines Arbeitnehmers umgehen muss, wer über die Beschwerde entscheidet, usw.

Fragen, die sich der Betriebsrat stellen sollte

Die folgenden Fragen sollte sich ein Betriebsrat bei der Aufstellung von Beurteilungsgrundsätzen stellen:

Zu den Beurteilungskriterien

  • Welche Leistungs- und Verhaltensmerkmale sollen beurteilt werden?
  • Welche Leistungs- und Verhaltensmerkmale sollen nicht beurteilt werden?

Zu den Beurteilungsgrundlagen

  • Welcher Zeitraum wird der Beurteilung zugrunde gelegt?
  • Welche Daten, Informationen und Unterlagen werden für die Beurteilung herangezogen?
  • Soll es Beurteilungsgespräche geben?

Zu dem Beurteilungsverfahren

  • Wer nimmt der Beurteilung vor?
  • Wer führt die Beurteilungsgespräche?
  • Wann finden die Beurteilungsmaßnahmen statt (z.B. die Mitarbeitergespräche)?
  • Sollen für die Beurteilung bestimmte Formulare/Beurteilungsbögen verwendet werden? Wenn ja, wie sollen diese aussehen?
  • Festlegung einer Bewertungsskala
  • Wann und wie (mündlich/schriftlich) wird das Beurteilungsergebnis mitgeteilt?
  • Muss die Beurteilung begründet werden?
  • Wer darf die Beurteilungsergebnisse sehen? Sollen diese vertraulich behandelt werden?
  • Dürfen die Beurteilungsergebnisse in elektronischen Dateien gespeichert und automatisiert ausgewertet werden?
  • Wie sollen die Beurteilungen kontrolliert und ausgewertet werden?
  • Sollen die Arbeitnehmer ein Beschwerderecht haben? Wenn ja, wie soll das Beschwerdeverfahren ablaufen?
  • Sollen die Arbeitnehmer nach einem bestimmten Zeitraum einen Anspruch auf Entfernung der Beurteilung aus der Personalakte haben?

Zu dem Verwendungszweck

  • Wofür dürfen die erstellten Beurteilungen verwendet werden?
  • Wofür dürfen die erstellten Beurteilungen nicht verwendet werden?

Welche Folgen hat ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats?

Wenn der Arbeitgeber Regeln zur Beurteilung von Mitarbeitern aufstellt oder mitbestimmungspflichtige Beurteilungsmaßnahmen durchführt, ohne dass der Betriebsrat zuvor ausdrücklich zugestimmt hat und die fehlende Zustimmung des Betriebsrats auch nicht durch die Einigungsstelle ersetzt worden ist, dann verletzt der Arbeitgeber das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 94 Abs. 2 BetrVG.

Diese Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats hat verschiedene rechtliche Folgen. Dabei ist zu unterscheiden zwischen rechtlichen Folgen im Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem einzelnen Arbeitnehmer auf der einen Seite und im Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat auf der anderen Seite.

Auswirkungen im Verhältnis Arbeitgeber ←→ einzelner Arbeitnehmer

Im Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer hat eine Verletzung des Mitbestimmungsrechts zwei wichtige Rechtsfolgen:

  1. Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber verlangen, dass die Beurteilung aus seiner Personalakte entfernt wird.
  2. Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber verlangen, dass die Beurteilung nicht verwendet wird (z.B. für die Erstellung eines Arbeitszeugnisses oder bei einer Auswahlentscheidung).

Auswirkungen im Verhältnis Arbeitgeber ←→ Betriebsrat

Dem Betriebsrat können bei einer Verletzung seines Mitbestimmungsrechts bei der Aufstellung von Beurteilungsgrundsätzen Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche gegen den Arbeitgeber zustehen.

Wenn der Arbeitgeber ohne Zustimmung des Betriebsrats und ohne Erlaubnis der Einigungsstelle Beurteilungsgrundsätze aufstellt oder anwendet, kann dem Betriebsrat gegen den Arbeitgeber ein Anspruch darauf zustehen, dass der Arbeitgeber die Anwendung der Beurteilungsgrundsätze unterlässt und dass bereits erstellte Beurteilungen vernichtet werden.

Diese Ansprüche kann der Betriebsrat auch mit Hilfe des Arbeitsgerichts durchsetzen. Mit der Einleitung eines entsprechenden Arbeitsgerichtsverfahrens kann der Betriebsrat einen Rechtsanwalt beauftragen. Die dadurch entstehenden Rechtsanwaltsgebühren sind grundsätzlich vom Arbeitgeber zu tragen.

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Autor: Dr. jur Henning Kluge

Dr. Henning Kluge ist Rechtsanwalt und Fachwanwalt für Arbeitsrecht. Er berät und unterstützt Betriebsräte bei rechtlichen Fragen und bei Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber.

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