Einstellung: Die Gründe für ein Veto des Betriebsrats

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Der Betriebsrat kann seine Zustimmung zu einer vom Arbeitgeber beabsichtigten Einstellung nur aus bestimmten, gesetzlich abschließend geregelten Gründen verweigern. Dieser Beitrag stellt die in § 99 Abs. 2 BetrVG geregelten Gründe vor, aus denen der Betriebsrat sein Veto gegen eine Einstellung einlegen kann. 

von Rechtsanwalt Dr. jur. Henning Kluge

Der Betriebsrat kann seine Zustimmung zu einer Einstellung nicht aus jedem beliebigen Grund verweigern, sondern nur aus ganz bestimmten, im Gesetz festgelegten Gründen. Insgesamt gibt es 6 Zustimmungsverweigerungsgründe. Diese sind in § 99 Abs. 2 BetrVG geregelt:

  • Verstoß gegen eine Vorschrift
  • Verstoß gegen eine Auswahlrichtlinie
  • Nachteile für im Betrieb bereits beschäftigte Arbeitnehmer
  • Nachteile für den einzustellenden Arbeitnehmer
  • Nicht ordnungsgemäße innerbetriebliche Stellenausschreibung
  • Mögliche Störung des Betriebsfriedens

Die Einstellung verstößt gegen eine Vorschrift

Der erste in § 99 Abs. 2 BetrVG vorgesehene Zustimmungsverweigerungsgrund betrifft den Fall, dass die Einstellung des Arbeitnehmers einen Verstoß darstellt gegen

  • ein Gesetz,
  • eine Verordnung,
  • eine Unfallverhütungsvorschrift,
  • einen Tarifvertrag,
  • eine Betriebsvereinbarung,
  • eine gerichtliche Entscheidung oder
  • eine behördliche Anordnung.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass der Betriebsrat seine Zustimmung zu einer Einstellung verweigern kann, wenn die Einstellung gegen eine Vorschrift verstößt. Die praktisch häufigsten Fälle sind dabei, dass eine Einstellung gegen eine gesetzliche Vorschrift verstößt.

Damit der Betriebsrat seine Zustimmung zu einer Einstellung wegen des Verstoßes gegen eine Vorschrift verweigern kann, muss es sich dabei aber um eine Vorschrift handeln, die einen bestimmten Zweck verfolgt, der nur erreicht werden kann, wenn die Einstellung unterbleibt. Der Betriebsrat hat keinen Grund für eine Zustimmungsverweigerung zu einer Einstellung, wenn der Arbeitgeber nur im Zusammenhang mit der Einstellung gegen eine Vorschrift verstößt, die Einstellung selbst aber nicht.

Beispiel:

Der Arbeitgeber informiert den Betriebsrat darüber, dass er dem neuen Mitarbeiter einen Stundenlohn in Höhe von 12,00 € brutto zahlen möchte. Mit einer Vergütung in dieser Höhe würde der Arbeitgeber gegen das Mindestlohngesetz verstoßen.

Dieser Gesetzesverstoß berechtigt den Betriebsrat aber nicht dazu, seine Zustimmung zu der Einstellung zu verweigern. Denn die Einstellung selbst – also der Umstand, dass der neue Mitarbeiter im Betrieb anfängt zu arbeiten – verstößt nicht gegen das Mindestlohngesetz. Der Zweck des Mindestlohngesetzes besteht nicht darin, die Beschäftigung einer Person im Betrieb zu verhindern. Das Mindestlohngesetz will nur verhindern, dass ein eingestellter Arbeitnehmer zu wenig Geld für seine Arbeit bekommt.

Der Betriebsrat hat insbesondere in den folgenden Fällen keinen Zustimmungsverweigerungsgrund wegen des Verstoßes gegen eine Vorschrift:

  • Die für den eingestellten Arbeitnehmer vorgesehene Vergütung verstößt gegen das Mindestlohngesetz.
  • Es soll ein Arbeitnehmer nur befristet eingestellt werden, obwohl die Befristung des Arbeitsvertrags gegen das Teilzeit- und Befristungsgesetz verstoßen würde.
  • Es soll ein Arbeitnehmer auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags eingestellt werden, der Vertragsklauseln enthält, die gegen das AGB-Recht verstoßen.

Ein in der Praxis sehr häufig vorkommender Verstoß gegen eine gesetzliche Vorschrift, der den Betriebsrat zu einer Zustimmungsverweigerung zu einer Einstellung berechtigt, ist ein Verstoß gegen § 164 Abs. 1 Satz 1 und 2 Sozialgesetzbuch IX (SGB IX). Nach dieser Vorschrift sind Arbeitgeber verpflichtet, vor der Einstellung eines neuen Mitarbeiters zu prüfen, ob der zu besetzende Arbeitsplatz nicht auch mit einem schwerbehinderten Menschen besetzt werden könnte. Im Rahmen dieser Prüfung müssen die Arbeitgeber Kontakt mit der Arbeitsagentur aufnehmen.

Wenn ein Arbeitgeber diese Vorgaben nicht einhält und ohne eine entsprechende Prüfung bzw. ohne Kontaktaufnahme mit der Arbeitsagentur einen nicht schwerbehinderten Menschen einstellen will, könnte der Betriebsrat seine Zustimmung zu dieser Einstellung wegen eines Gesetzesverstoßes verweigern. Denn der Zweck des § 164 Abs. 1 Satz 1 und 2 Sozialgesetzbuch IX besteht darin, die Einstellung Schwerbehinderter zu fördern. Dieser Zweck kann nur erreicht werden, wenn die Einstellung der nicht schwerbehinderten Person unterbleibt, bis die Prüfung der Möglichkeit der Einstellung eines schwerbehinderten Menschen abgeschlossen ist.

Ein weiteres Beispiel für einen Gesetzesverstoß, der den Betriebsrat zu einer Zustimmungsverweigerung zu einer Einstellung berechtigen kann, ist ein Verstoß des Arbeitgebers bei der Bewerberauswahl gegen eines der Diskriminierungsverbote aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz ist es grundsätzlich verboten, Personen zu benachteiligen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität. An dieses Benachteiligungsverbot muss sich auch der Arbeitgeber bei der Bewerberauswahl halten. Falls der Arbeitgeber bei der Bewerberauswahl gegen das Benachteiligungsverbot aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz verstoßen sollte, kann der Betriebsrat seine Zustimmung zu der Einstellung verweigern.

Beispiel:

Der Arbeitgeber beantragt beim Betriebsrat die Zustimmung zu der Einstellung von Herrn Sven Müller. Aus den dem Betriebsrat vorgelegten Bewerbungsunterlagen geht hervor, dass es auch eine weibliche Kandidatin gibt, die nach allen objektiven Kriterien besser für die Stelle geeignet ist als Herr Müller. Über den „Flurfunk“ bekommt der Betriebsrat mit, dass der Geschäftsführer lieber einen Mann einstellen will. Der Betriebsrat kann seine Zustimmung zu der Einstellung von Herrn Müller mit der Begründung verweigern, dass die Einstellung gegen das Diskriminierungsverbot wegen des Geschlechts aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz verstößt.

Ein Grund für die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats wegen eines Gesetzesverstoßes liegt beispielsweise auch dann vor, wenn der Arbeitgeber einen Leiharbeitnehmer nicht nur vorübergehend, sondern über die zulässige Höchstdauer hinaus beschäftigen will. Ein Leiharbeitnehmer darf in der Regel nur für 18 aufeinanderfolgende Monate eingesetzt werden. Soll ein Arbeitnehmer länger eingesetzt werden, würde dies grundsätzlich einen Verstoß gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) darstellen und der Betriebsrat könnte seine Zustimmung zu der Einstellung des Leiharbeitnehmers aus diesem Grund verweigern.

Der Zustimmungsverweigerungsgrund „Verstoß gegen eine Vorschrift“ kommt auch dann in Betracht, wenn die Beschäftigung der einzustellenden Person gegen ein gesetzliches Beschäftigungsverbot verstoßen würde. Solche Verstöße kommen in der Praxis jedoch eher selten vor. Beschäftigungsverbote kann es insbesondere geben für

  • Schwangere (nach dem Mutterschutzgesetz),
  • Jugendliche (nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz),
  • Ausländer ohne Arbeitsgenehmigung (nach dem Sozialgesetzbuch III und dem Aufenthaltsgesetz) und
  • Personen mit Infektionskrankheiten (nach dem Infektionsschutzgesetz).

Die Einstellung verstößt gegen eine Auswahlrichtlinie

Der zweite im Gesetz vorgesehene Zustimmungsverweigerungsgrund liegt vor, wenn die Einstellung gegen eine Auswahlrichtlinie nach § 95 BetrVG verstoßen würde (§ 99 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG). Auswahlrichtlinien in diesem Sinne sind Regeln oder Kriterien, die Arbeitgeber und Betriebsrat vereinbart haben, nach denen der Arbeitgeber bei einer Einstellung seine Auswahlentscheidung zu treffen hat, wenn für die Einstellung mehrere Kandidaten in Betracht kommen.

Wenn sich der Arbeitgeber bei einer Einstellung nicht an solche mit dem Betriebsrat vereinbarten Auswahlregeln oder Auswahlkriterien hält, kann der Betriebsrat seine Zustimmung zu der Einstellung verweigern.

Beispiel:

Arbeitgeber und Betriebsrat haben eine Betriebsvereinbarung „Einstellungskriterien“ abgeschlossen. In dieser Betriebsvereinbarung sind die Kriterien festgelegt, nach denen im Falle einer Einstellung die Bewerberauswahl zu erfolgen hat. Insbesondere ist festgelegt, dass bei gleicher Eignung interne Bewerber den Vorzug erhalten.

Der Arbeitgeber beantragt beim Betriebsrat die Zustimmung zu der Einstellung eines externen Kandidaten. Der Betriebsrat stellt bei der Prüfung der Bewerbungsunterlagen jedoch fest, dass es auch einen zumindest gleich geeigneten internen Bewerber gibt. Der Betriebsrat kann seine Zustimmung zu der Einstellung des externen Kandidaten verweigern.

Damit sich der Betriebsrat zur Begründung einer Zustimmungsverweigerung auf den Verweigerungsgrund „Verstoß gegen eine Auswahlrichtlinie“ berufen kann, muss er aber zunächst einmal Auswahlregeln oder Auswahlkriterien mit dem Arbeitgeber vereinbart haben. Solange der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber noch keine Auswahlrichtlinie vereinbart hat, kann der Arbeitgeber mit einer Einstellung auch nicht gegen eine Auswahlrichtlinie verstoßen.

Ein Betriebsrat in einem Betrieb mit mehr als 500 Arbeitnehmern kann vom Arbeitgeber verlangen, mit ihm Auswahlregeln für die Einstellung von Mitarbeitern zu vereinbaren. In Betrieben mit bis zu 500 Arbeitnehmern kann der Arbeitgeber dagegen mitbestimmungsfrei allein entscheiden, ob er Auswahlregeln bei der Einstellung von Mitarbeitern anwenden will. Wenn der Arbeitgeber in einem Betrieb mit bis zu 500 Arbeitnehmern aber Auswahlregeln bei der Einstellung von Mitarbeitern anwenden will, ist die konkrete Ausgestaltung dieser Regeln mitbestimmungspflichtig und der Betriebsrat kann eine Vereinbarung über diese Regeln mit dem Arbeitgeber erzwingen.

Mögliche Nachteile für Arbeitnehmer des Betriebs

Bei dem dritten im Gesetz für den Betriebsrat vorgesehenen Grund für eine Zustimmungsverweigerung zu einer Einstellung geht es um Situationen, in denen der Betriebsrat aufgrund der Einstellung Nachteile für Arbeitnehmer befürchtet, die dem Betrieb bereits angehören (§ 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG). Nach dem Gesetzeswortlaut kann der Betriebsrat seine Zustimmung zu einer Einstellung verweigern, wenn „die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden“.

Dieser Zustimmungsverweigerungsgrund kommt insbesondere dann in Betracht, wenn zu befürchten ist, dass aufgrund der Einstellung eines neuen Mitarbeiters einem im Betrieb bereits beschäftigten Arbeitnehmer gekündigt wird.

Beispiel:

Der Arbeitgeber beantragt beim Betriebsrat die Zustimmung zur Einstellung von Frau Sabine Müller. Frau Müller soll als Vertriebsleiterin eingestellt werden. Die Position „Vertriebsleitung“ gibt es im Betrieb allerdings nur einmal. Sie ist aktuell mit dem langjährigen Vertriebsleiter Hans Meier besetzt. Der Betriebsrat hat die Sorge, dass der Vertriebsleiter Herr Meier die Kündigung bekommt, wenn Frau Müller eingestellt wird. Er kann seine Zustimmung zu der Einstellung mit dieser Begründung verweigern.

Der Zustimmungsverweigerungsgrund kann aber durchaus auch dann in Betracht kommen, wenn aufgrund konkreter Umstände ganz allgemein ein Arbeitsplatzabbau im Betrieb droht.

Beispiel:

Bei der Express Logistik GmbH wird aufgrund der fortschreitenden Automatisierung ein Stellenabbau in der Lagerverwaltung geplant. Die Geschäftsführung hat angekündigt, dass in den nächsten Monaten einige Arbeitsplätze entfallen werden, da neue digitale Systeme viele Aufgaben übernehmen. Dennoch entscheidet sich der Arbeitgeber, eine neue Fachkraft für genau diesen Bereich einzustellen. Seine Begründung: Ein langjähriger Mitarbeiter hat kurzfristig gekündigt, und es ist noch unklar, wann und in welchem Umfang die Automatisierung tatsächlich umgesetzt wird. Der Betriebsrat kann seine Zustimmung zu der Einstellung verweigern, weil sich durch die Einstellung eines weiteren Mitarbeiters die Gefahr erhöht, dass ein im Betrieb bereits beschäftigter Mitarbeiter seinen Arbeitsplatz verliert.

Der Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG kommt aber nicht nur dann in Betracht, wenn aufgrund der Einstellung zu befürchten ist, dass einem im Betrieb bereits beschäftigten Arbeitnehmer gekündigt wird, sondern auch dann, wenn ein solcher Arbeitnehmer infolge der Einstellung einen anderweitigen Nachteil erleiden könnte.

Ein Beispiel dafür ist, dass der Arbeitgeber einen neuen Mitarbeiter auf einem Teilzeitarbeitsplatz einstellen will. Falls es im Betrieb Arbeitnehmer gibt, die von Vollzeit in Teilzeit wechseln möchten, könnte deren Rechtsanspruch auf einen Wechsel in Teilzeit vereitelt werden, wenn ein im Betrieb vorhandener Teilzeitarbeitsplatz durch die Einstellung eines externen Bewerbers besetzt wird. Diese Arbeitnehmer könnten durch die Einstellung deshalb einen Nachteil erleiden.
Auch im umgekehrten Fall kann der Betriebsrat einen Grund für die Verweigerung seiner Zustimmung zu einer Einstellung haben, also in dem Fall, dass im Betrieb bereits beschäftigte Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit aufstocken wollen.

Teilzeitbeschäftigte können einen Anspruch auf Verlängerung ihrer Arbeitszeit haben. Wenn ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer den Anspruch auf Verlängerung seiner Arbeitszeit geltend gemacht hat und der Arbeitgeber einen Arbeitsplatz mit einem externen Bewerber besetzen möchte, kann dem Betriebsrat ein Zustimmungsverweigerungsrecht zustehen. Denn bei einer anderweitigen Besetzung des freien Arbeitsplatzes könnte der an einer Aufstockung seiner Arbeitszeit interessierte Teilzeitarbeitnehmer den Nachteil erleiden, seinen Rechtsanspruch auf Erhöhung seiner Arbeitszeit nicht mehr durchsetzen zu können.

Für im Betrieb bereits beschäftigte Arbeitnehmer, die nur einen befristeten Arbeitsvertrag haben, kann durch die Einstellung eines neuen Mitarbeiters dadurch ein Nachteil entstehen, dass sich wegen der Neueinstellung ihre Chance auf eine Verlängerung oder Entfristung ihres Vertrages verschlechtert. Auch in einer solchen Situation kann der Betriebsrat das Recht haben, seine Zustimmung zu einer Einstellung zu verweigern. Das gilt allerdings nur dann, wenn der neu einzustellende Arbeitnehmer einen unbefristeten Arbeitsvertrag erhalten soll.

Der Zustimmungsverweigerungsgrund „Nachteile für im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer“ kann auch dann in Betracht kommen, wenn die einzustellende Person für die vorgesehenen Arbeitsaufgaben nicht ausreichend qualifiziert oder aus anderen Gründen ungeeignet ist. Eine unzureichende Qualifikation und eine Ungeeignetheit aus anderen Gründen kann dazu führen, dass Arbeitsaufgaben fehlerhaft oder ineffizient erledigt werden. Dies wiederum kann negative Folgen für die bereits beschäftigten Arbeitnehmer haben, etwa durch erhöhte Arbeitsbelastung, nötige Fehlerkorrekturen oder Störungen im Betriebsablauf.

Beispiel:

Der Arbeitgeber beantragt beim Betriebsrat die Zustimmung zur Einstellung von Herrn Becker als neuen Teamleiter in der Produktionsabteilung. Der Betriebsrat verweigert seine Zustimmung zu der Einstellung mit der Begründung, dass Herr Becker keine ausreichende Qualifikation und Erfahrung in der Fertigungssteuerung hat. Es sei zu befürchten, dass er Arbeitsprozesse ineffizient organisiere, Fehler nicht rechtzeitig erkenne und falsche Entscheidungen treffe. Dies könnte dazu führen, dass die Mitarbeiter in seinem Team unter erhöhter Arbeitsbelastung sowie einem erhöhten Fehleraufkommen leiden.

Kein Zustimmungsverweigerungsgrund, falls Nachteile aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt

Selbst wenn aufgrund einer Einstellung Nachteile für im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer zu befürchten sind, greift dieser Zustimmungsverweigerungsgrund im Ergebnis aber nicht durch, wenn die Einstellung „aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist“.

Beispiel:

In dem oben stehenden Beispiel, in dem der Arbeitgeber Frau Sabine Müller als Vertriebsleiterin einstellen will (Seite <ÜS>), hat der Betriebsrat seine Zustimmung zu der Einstellung mit der Begründung verweigert, dass er befürchtet, dass dem langjährigen Vertriebsleiter Herrn Meier als Folge gekündigt wird. Der Arbeitgeber räumt ein, dass er das Arbeitsverhältnis mit Herrn Meier beenden möchte. Er hält an der Einstellung von Frau Müller aber fest und argumentiert, dass die Entscheidung aus betrieblichen Gründen gerechtfertigt sei. Er begründet dies damit, dass das Unternehmen eine strategische Neuausrichtung im Vertrieb verfolgt und hierfür eine Führungskraft mit spezifischen Qualifikationen und moderner Vertriebserfahrung benötigt wird.

Wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat über die Frage streiten, ob eine Einstellung trotz zu befürchtender Nachteile für im Betrieb bereits beschäftigte Arbeitnehmer aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist, trägt hier am Ende aber der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast. Er müsste in einem arbeitsgerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahren darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass die Einstellung gerechtfertigt ist.

Nachteile für den betroffenen Arbeitnehmer?

Nach § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG kann ein weiterer Grund für den Betriebsrat zur Verweigerung seiner Zustimmung zu einer personellen Einzelmaßnahme dann vorliegen, wenn der betroffene Arbeitnehmer durch die Maßnahme benachteiligt wird. Dieser Zustimmungsverweigerungsgrund kann bei einer Einstellung aber in der Regel nicht eingreifen, weil die Einstellung als solche für den eingestellten Mitarbeiter nicht nachteilig ist. Der Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG kommt in erster Linie bei Versetzungen in Betracht.

Fehlende innerbetriebliche Stellenausschreibung

Ein weiterer Grund für eine Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats zu einer Einstellung kann aber dann vorliegen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitsplatz, den er mit der einzustellenden Person besetzen möchte, nicht innerbetrieblich ausgeschrieben hat (§ 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG). Dieser Zustimmungsverweigerungsgrund setzt jedoch voraus, dass der Betriebsrat zuvor vom Arbeitgeber verlangt hat, dass zu besetzende Arbeitsplätze innerbetrieblich ausgeschrieben werden müssen. Ohne eine solche Aufforderung durch den Betriebsrat ist der Arbeitgeber nicht zu innerbetrieblichen Stellenausschreibungen verpflichtet.

Damit der Arbeitgeber zu innerbetrieblichen Stellenausschreibungen verpflichtet ist, muss der Betriebsrat zunächst einmal einen Beschluss über eine entsprechende Aufforderung an den Arbeitgeber fassen.

Muster:

Tagesordnungspunkt
Innerbetriebliche Stellenausschreibungen

Beschlusstext
Der Betriebsrat verlangt gemäß § 93 BetrVG vom Arbeitgeber, dass Arbeitsplätze, die besetzt werden sollen, vor ihrer Besetzung innerhalb des Betriebs ausgeschrieben werden.

Abstimmungsergebnis:
Ja … / Nein … / Enthaltungen …

Anschließend muss der Betriebsrat den Arbeitgeber zu innerbetrieblichen Stellenausschreibungen auffordern.

Muster:

nnerbetriebliche Stellenausschreibungen

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Betriebsrat hat in seiner Sitzung am … [Datum] beschlossen, von Ihnen nach § 93 BetrVG innerbetriebliche Stellenausschreibungen zu verlangen. Wir bitten Sie, zukünftig alle Arbeitsplätze, die besetzt werden sollen, vor ihrer Besetzung innerhalb des Betriebs auszuschreiben.

Mit freundlichen Grüßen
(Betriebsratsvorsitzende/r)

Wenn der Betriebsrat vom Arbeitgeber innerbetriebliche Stellenausschreibungen verlangt hat, ist der Arbeitgeber anschließend dazu verpflichtet, Arbeitsplätze, die besetzt werden sollen, auch innerbetrieblich auszuschreiben. Falls der Arbeitgeber dann den Arbeitsplatz, auf dem die einzustellende Person eingesetzt werden soll, nicht innerbetrieblich ausgeschrieben hat, kann der Betriebsrat seine Zustimmung zu der Einstellung verweigern.

Der Betriebsrat kann seine Zustimmung zu der Einstellung auch dann verweigern, wenn die zu besetzende Stelle zwar innerbetrieblich ausgeschrieben worden ist, aber nicht ordnungsgemäß. Damit eine innerbetriebliche Stellenausschreibung ordnungsgemäß ist, muss sie bestimmte Mindestinformationen enthalten. Dazu gehören insbesondere

  • die Bezeichnung des zu besetzenden Arbeitsplatzes,
  • eine aussagekräftige Aufgabenbeschreibung,
  • die Qualifikationsanforderungen,
  • die Angabe der Entgeltgruppe, wenn im Betrieb ein Vergütungssystem zur
  • Anwendung kommt, das aus verschiedenen Entgeltgruppen besteht,
  • ein Hinweis darauf, ob es sich um eine Vollzeitstelle oder um eine Teilzeitstelle handelt, und
  • die Angabe, zu welchem Datum der Arbeitsplatz besetzt werden soll.

Wenn eine dieser Informationen fehlt, ist die innerbetriebliche Stellenausschreibung nicht ordnungsgemäß.

Die innerbetriebliche Stellenausschreibung ist auch dann nicht ordnungsgemäß erfolgt, wenn sie nicht rechtzeitig veröffentlicht worden ist. Denn die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer müssen genug Zeit haben, um sich auf die Stelle zu bewerben. Allerdings wird dabei ein Ausschreibungszeitraum von zwei Wochen im Regelfall als ausreichend angesehen.

Mögliche Störung des Betriebsfriedens

Der letzte im Gesetz vorgesehene Grund, aus dem der Betriebsrat seine Zustimmung zu der Einstellung eines neuen Mitarbeiters verweigern kann, kommt in Betracht, wenn zu befürchten ist, dass die einzustellende Person nach ihrer Einstellung durch ein Fehlverhalten den Betriebsfrieden stören wird (§ 99 Abs. 2 Nr. 6 BetrVG).
Nach dem Wortlaut der gesetzlichen Vorschrift liegt dieser Zustimmungsverweigerungsgrund vor, wenn

„die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die Einstellung in Aussicht genommene Bewerber … den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.“

Damit dieser Zustimmungsverweigerungsgrund durchgreifen kann, müssen zunächst einmal Anhaltspunkte vorliegen, aufgrund derer eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass sich die einzustellende Person nach ihrer Einstellung

  • gesetzwidrig verhalten wird oder
  • andere im Betrieb tätige Personen nicht „nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit“ behandeln wird, insbesondere, indem sie sich rassistisch oder fremdenfeindlich verhält.

Ein gesetzwidriges Verhalten des neuen Mitarbeiters würde z. B. dann vorliegen, wenn der neue Mitarbeiter im Betrieb illegale Drogen konsumieren würde, wenn er Kollegen im Betrieb beleidigen oder sogar tätlich angreifen würde, oder wenn er Kollegen bestehlen würde.

Der neue Mitarbeiter würde andere im Betrieb tätige Personen z. B. dann nicht „nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit“ behandeln, wenn er Kolleginnen oder Kollegen mobben oder sexuell belästigen würde. Rassistisch bzw. fremdenfeindlich würde sich der Mitarbeiter verhalten, wenn er Personen aufgrund ihrer ethnischen Herkunft, Hautfarbe oder Nationalität diskriminieren oder abwertend behandeln würde.

Wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass sich die einzustellende Person auf derartige Weise falsch verhalten wird, ist weitere Voraussetzung für das Vorliegen eines Zustimmungsverweigerungsgrundes des Betriebsrats, dass dadurch der Betriebsfrieden gestört werden könnte. Davon wird allerdings in der Regel auszugehen sein.

Beispiel:

Der Betriebsrat stellt fest, dass der Bewerber, den der Arbeitgeber einstellen möchte, in der Vergangenheit auf Facebook wiederholt abwertende und diskriminierende Kommentare über Menschen anderer Herkunft oder Nationalität verfasst hat. Aufgrund dieser Äußerungen hält es der Betriebsrat für wahrscheinlich, dass sich der Bewerber nach seiner Einstellung auch im Betrieb rassistisch oder fremdenfeindlich äußern würde. Dies könnte zu Spannungen oder Konflikten unter den Beschäftigten und damit zu einer Störung des Betriebsfriedens führen. Der Betriebsrat verweigert deshalb seine Zustimmung zu der Einstellung des Bewerbers.

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Autor: Dr. jur Henning Kluge

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