Die möglichen Gründe für ein Veto des Betriebsrats gegen eine Versetzung

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Veto des Betriebsrats gegen eine Versetzung

Wenn Arbeitgeber eine Versetzung durchführen möchten, müssen sie die Zustimmung des Betriebsrats einholen. Doch auf welcher Grundlage kann der Betriebsrat seine Zustimmung verweigern? Wir werfen einen genauen Blick auf die sechs gesetzlich verankerten Gründe, die dem Betriebsrat das Recht geben, eine Versetzung zu blockieren.

Wenn der Arbeitgeber einen Mitarbeiter versetzen will, dann muss er zunächst einmal die Zustimmung des Betriebsrats beantragen, bevor er die Versetzung tatsächlich durchführen darf und der Betriebsrat hat in einer solchen Situation dann die Möglichkeit, seine Zustimmung zu verweigern und somit sein Veto gegen die Versetzung einzulegen.

Für den Arbeitgeber wirklich rechtsverbindlich kann der Betriebsrat seine Zustimmung zu einer Versetzung aber nur dann verweigern, wenn im konkreten Fall auch einer der im Gesetz für den Betriebsrat vorgesehenen Gründe für eine Zustimmungsverweigerung in Betracht kommt. Der Betriebsrat kann seine Zustimmung zu einer Versetzung nicht aus jedem beliebigen Grund verweigern, sondern nur aus ganz bestimmten im Gesetz festgelegten Gründen. 

Die Gründe, die den Betriebsrat dazu berechtigen, seine Zustimmung zu einer Versetzung zu verweigern, sind in § 99 Abs. 2 BetrVG geregelt. Insgesamt sind dort 6 Zustimmungsverweigerungsgründe aufgeführt, die wir jetzt näher beleuchten werden.

Versetzung verstößt gegen eine Vorschrift

Nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG kann der Betriebsrat seine Zustimmung zu einer Versetzung dann verweigern, wenn die Versetzung gegen eine Vorschrift verstößt, z.B. gegen eine gesetzliche Vorschrift oder gegen eine Vorschrift aus einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung.

Ein Beispiel für eine gesetzliche Vorschrift, gegen die ein Arbeitgeber bei einer Versetzung eines Mitarbeiters verstoßen kann, ist das Maßregelungsverbot aus § 612a BGB. Nach dieser gesetzlichen Vorschrift darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer nicht benachteiligen, nur weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausgeübt hat.

Wenn der Arbeitgeber z.B. einen Mitarbeiter auf einen schlechteren Arbeitsplatz oder auf einen weit entfernten Arbeitsplatz versetzen würde, weil der Mitarbeiter sich gewerkschaftlich engagiert und versucht hat, andere Kollegen zum Eintritt in eine Gewerkschaft zu bewegen, dann könnte der Betriebsrat seine Zustimmung zu dieser Versetzung mit der Begründung verweigern, dass die Versetzung gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB verstößt.

Versetzung verstößt gegen eine Auswahlrichtlinie

Der nächste im Gesetz vorgesehene Zustimmungsverweigerungsgrund liegt vor, wenn die Versetzung des Mitarbeiters gegen eine sogenannte Auswahlrichtlinie nach § 95 BetrVG verstoßen würde.

Mit einer solchen Auswahlrichtlinie ist gemeint, dass Arbeitgeber und Betriebsrat Regeln oder Kriterien vereinbart haben, nach denen der Arbeitgeber bei der Besetzung von Arbeitsplätzen seine Auswahlentscheidung zu treffen hat, wenn für den Arbeitsplatz mehrere Kandidaten in Betracht kommen.

Der Zustimmungsverweigerungsgrund “Verstoß gegen eine Auswahlrichtlinie” spielt insbesondere bei Beförderungen eine Rolle. Auch eine Beförderung ist in aller Regel eine Versetzung, vor der der Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrats beantragen muss.

Und wenn der Arbeitgeber jetzt einen Mitarbeiter auf eine Beförderungsstelle versetzen will, es aber mehrere Kandidaten für diese Stelle gab und der Arbeitgeber sich bei seiner Auswahlentscheidung nicht an die mit dem Betriebsrat vereinbarten Auswahlregeln oder Auswahlkriterien gehalten hat, kann der Betriebsrat aus diesem Grund seine Zustimmung zu der Versetzung des vom Arbeitgeber ausgewählten Mitarbeiters auf die Beförderungsstelle verweigern.

Damit sich der Betriebsrat zur Begründung einer Zustimmungsverweigerung auf den Verweigerungsgrund “Verstoß gegen eine Auswahlrichtlinie” berufen kann, muss er aber zunächst einmal Auswahlregeln oder Auswahlkriterien mit dem Arbeitgeber vereinbart haben. Solange der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber noch keine Auswahlrichtlinie vereinbart hat, kann der Arbeitgeber mit einer Versetzung auch nicht gegen eine Auswahlrichtlinie verstoßen haben.

Mögliche Nachteile für Arbeitnehmer des Betriebs

Nach § 99 Abs. 2 Nr. 3 kann der Betriebsrat seine Zustimmung zu einer Versetzung dann verweigern, wenn zu befürchten ist, dass andere Mitarbeiter des Betriebsrats durch die Versetzung Nachteile erleiden.

Als Beispiel können wir uns hier den Fall vorstellen, dass ein Mitarbeiter von einem Standort des Arbeitgebers an einen anderen Standort versetzt werden soll, z.B. von Hamburg nach München. Wenn diese Versetzung so umgesetzt wird, dann hätte der Standort Hamburg anschließend einen Mitarbeiter weniger. Und das kann dazu führen, dass die in Hamburg verbleibenden Mitarbeiter jetzt mehr Arbeit haben, weil ihnen ein Kollege fehlt. Und diese Mehrarbeit für die in Hamburg verbleibenden Kollegen kann ein Nachteil und damit ein Grund für den Betriebsrat sein, seine Zustimmung zu der Versetzung des Mitarbeiters von Hamburg nach München zu verweigern.

Selbst wenn die Versetzung eines Mitarbeiters aber einen Nachteil für andere Mitarbeiter mit sich bringen würde, hätte der Betriebsrat aber letzten Endes doch keinen echten Grund für eine Zustimmungsverweigerung, wenn die Versetzung des Mitarbeiters aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt wäre. Die Beweislast dafür, dass die Versetzung trotz der möglichen Nachteile für andere Mitarbeiter aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist, trägt aber der Arbeitgeber.

Nachteile für den betroffenen Arbeitnehmer

Nach § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG kann ein weiterer Grund für den Betriebsrat zur Verweigerung seiner Zustimmung zu einer Versetzung dann vorliegen, wenn der Mitarbeiter, der versetzt werden soll, durch die Versetzung benachteiligt wird, und dies nicht aus betrieblichen oder in seiner Person liegenden Gründen gerechtfertigt ist.

Dieser Zustimmungsverweigerungsgrund kommt immer dann in Betracht, wenn der neue Arbeitsplatz für den Mitarbeiter mit Nachteilen verbunden ist, wenn der Mitarbeiter auf dem neuen Arbeitsplatz z.B. weniger verdienen würde oder wenn dort die Arbeit unangenehmer oder schwieriger wäre als auf dem alten Arbeitsplatz.

Auch ein längerer Weg zur Arbeit kann ein Nachteil im Sinne von § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG sein, der Betriebsrat kann also u.a. auch dann das Recht haben, seine Zustimmung zu verweigern, wenn der Mitarbeiter zukünftig an einem anderen Standort des Arbeitgebers arbeiten soll und der andere Standort weiter von der Wohnung des Mitarbeiters entfernt ist als der bisherige Arbeitsplatz.

Fehlende innerbetriebliche Stellenausschreibung

Nach § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG kann der Betriebsrat seine Zustimmung zu einer Versetzung auch dann verweigern, wenn der Arbeitsplatz, auf den der Mitarbeiter versetzt werden soll, zuvor nicht – oder nicht ordnungsgemäß – innerbetrieblich ausgeschrieben worden ist.

Auch dieser Zustimmungsverweigerungsgrund spielt insbesondere bei Beförderungen eine Rolle. Gerade bei der Besetzung von Beförderungsstellen ist es wichtig, dass alle Mitarbeiter Kenntnis davon erlangen können, dass eine Beförderungsstelle zu besetzen ist, damit sich auch alle Mitarbeiter, die gerne befördert werden wollen, entsprechend bewerben können. Unter anderem diesem Zweck dienen innerbetriebliche Stellenausschreibungen.

Der Zustimmungsverweigerungsgrund “Fehlende oder nicht ordnungsgemäße innerbetriebliche Stellenausschreibung” setzt aber voraus, dass der Betriebsrat vom Arbeitgeber zuvor ausdrücklich verlangt hat, dass zu besetzende Arbeitsplätze innerbetrieblich ausgeschrieben werden müssen. Solange der Betriebsrat vom Arbeitgeber noch keine innerbetrieblichen Stellenausschreibungen verlangt hat, ist der Arbeitgeber dazu auch nicht verpflichtet.

Mögliche Störung des Betriebsfriedens

Der letzte im Gesetz vorgesehene Grund, aus dem der Betriebsrat seine Zustimmung zu einer personellen Einzelmaßnahme verweigern kann, liegt nach dem Wortlaut des § 99 Abs. 2 Nr. 6 BetrVG dann vor, wenn 

“die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.”

Dieser Zustimmungsverweigerungsgrund kommt eigentlich eher bei der Einstellung von neuen Mitarbeitern in Betracht als bei der Versetzung von im Betrieb bereits beschäftigten Mitarbeitern, er ist hier aber auch nicht völlig ausgeschlossen und insbesondere dann denkbar, wenn der Mitarbeiter nach der Versetzung mit anderen Kollegen zusammenarbeiten muss und aufgrund irgendwelcher Umstände damit zu rechnen ist, dass es zu einem erheblichen Fehlverhalten des versetzten Mitarbeiters gegenüber den neuen Kollegen kommen wird.

Ein gesetzwidriges Verhalten des versetzten Mitarbeiters würde z.B. dann vorliegen, wenn der Mitarbeiter nach seiner Versetzung andere Kollegen beleidigen würde.

Ein rassistisches bzw. fremdenfeindliches Verhalten würde z.B. dann vorliegen, wenn der Mitarbeiter sich nach seiner Versetzung abfällig über ausländische Kollegen äußern würde.

Weitere Beispiele für eine grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze wären Fälle von Mobbing und sexueller Belästigung.

Video: VERSETZUNG von Mitarbeitern verhindern: Wann kann der BETRIEBSRAT sein VETO einlegen?

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Autor: Dr. jur Henning Kluge

Dr. Henning Kluge ist Rechtsanwalt und Fachwanwalt für Arbeitsrecht. Er berät und unterstützt Betriebsräte bei rechtlichen Fragen und bei Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber.

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