Der Betriebsratsbeschluss

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Der Betriebsrat trifft seine Entscheidungen durch das Fassen von Beschlüssen. Für die Arbeit des Betriebsrats ist die wirksame Beschlussfassung deshalb von erheblicher Bedeutung.

Hier finden Sie Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Thema Betriebsratsbeschluss.

Voraussetzungen für einen wirksamen Betriebsratsbeschluss

Ein ordnungsgemäßer Betriebsratsbeschlusses hat zwei wesentliche Voraussetzungen:

  1. eine ordnungsgemäße Betriebsratssitzung
  2. Beschlussfähigkeit des Betriebsrats

Ordnungsgemäße Betriebsratssitzung

Ein Betriebsratsbeschluss kann nur in einer Betriebsratssitzung gefasst werden. Eine Beschlussfassung bei sonstigen Zusammenkünften des Betriebsrats (z.B. bei den monatlichen Besprechungen mit dem Arbeitgeber) ist nicht möglich. Unzulässig ist auch eine Beschlussfassung im sogenannten Umlaufverfahren, bei dem ein schriftlicher Beschlussvorschlag an die Betriebsratsmitglieder verschickt wird, die diesen dann unterschreiben.

Grundsätzlich möglich ist eine Beschlussfassung auf einer per Videokonferenz oder Telefonkonferenz durchgeführten Betriebsratssitzung. Eine Betriebsratssitzung per Videokonferenz oder Telefonkonferenz ist allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig.

Ladung aller Betriebsratsmitglieder

Ein wirksamer Betriebsratsbeschluss setzt außerdem voraus, dass sämtliche Betriebsratsmitglieder ordnungsgemäß zu der Betriebsratssitzung geladen worden sind. Ist ein Betriebsratsmitglied verhindert, ist das zuständige Ersatzmitglied zu laden.

Die Einladung zu der Sitzung muss „rechtzeitig“ erfolgen. Den Betriebsratsmitgliedern muss der Sitzungstermin so frühzeitig bekannt gegeben werden, dass diese sich auf die Sitzung einstellen und vorbereiten können. In der Regel dürfte eine Einladung drei Tage vor dem Sitzungstermin noch ausreichend sein. In unvorhersehbaren Eilfällen ist auch eine äußerst kurzfristige Einladung zulässig.

Beispiel

Sind nicht alle Betriebsratsmitglieder (und eventuell erforderliche Ersatzmitglieder) rechtzeitig zu der Sitzung geladen worden, sind die in der Sitzung gefassten Beschlüsse grundsätzlich unwirksam.

Allerdings können in einer Betriebsratssitzung auch ohne ordnungsgemäße Ladung aller Betriebsratsmitglieder (und ggf. Ersatzmitglieder) trotzdem wirksame Betriebsratsbeschlüsse gefasst werden. Voraussetzung dafür ist, dass alle Betriebsratsmitglieder (und eventuell erforderliche Ersatzmitglieder) anwesend und mit der Durchführung der Betriebsratssitzung einverstanden sind.

Wenn ein Betriebsratsmitglied so kurzfristig verhindert ist, dass der Betriebsratsvorsitzende nicht mehr rechtzeitig das Ersatzmitglied laden kann, scheitert die Wirksamkeit der in der Sitzung gefassten Beschlüsse nicht an der fehlenden Ladung des Ersatzmitglieds.

Wenn ein vom Betriebsrat zu fassender Beschluss überwiegend Arbeitnehmer unter 18 Jahren und Auszubildende betrifft, sind für einen wirksamen Beschluss zusätzlich zu den Betriebsrastmitgliedern auch die Jugend- und Auszubildendenvertreter zu der Betriebsratssitzung zu laden (vgl. § 67 Abs. 2 BetrVG).

Rechtzeitige Mitteilung des Tagesordnungspunkts

Weitere Voraussetzung für die wirksame Beschlussfassung ist, dass den Betriebsratsmitgliedern der Tagesordnungspunkt, zu dem der Beschluss gefasst werden soll, rechtzeitig mitgeteilt worden ist. In der Regel dürfte eine Mitteilung des Tagesordnungspunkts drei Tage vor der Sitzung noch ausreichend sein. In Eilfällen kann der Tagesordnungspunkt auch noch kurzfristiger mitgeteilt werden.

Allerdings kann der Betriebsrat auch dann einen wirksamen Beschluss fassen, wenn die Ladung zu der Betriebsratssitzung ohne rechtzeitige Mitteilung der Tagesordnung erfolgt ist oder wenn ein Beschluss zu einem Thema gefasst werden soll, das nicht auf der Tagesordnung stand. Voraussetzung für eine wirksame Beschlussfassung ist dann, dass

  1. sämtliche Betriebsratsmitglieder (und ggf. Ersatzmitglieder) rechtzeitig zu der Betriebsratssitzung geladen worden (oder ohne Ladung anwesend sind),
  2. der Betriebsrat beschlussfähig ist und
  3. die anwesenden Betriebsratsmitglieder einstimmig beschlossen haben, über das Thema des zu fassenden Beschlusses zu beraten und abzustimmen.

Beschlussfähigkeit

Der Betriebsrat kann nur dann einen wirksamen Beschluss fassen, wenn er beschlussfähig ist.

Der Betriebsrat ist beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte der Betriebsratsmitglieder an der Beschlussfassung teilnimmt (§ 33 Abs. 2 BetrVG). Die Teilnahme der Hälfte der anwesenden Betriebsratsmitglieder genügt nicht.

Beispiel

Der Betriebsrat der X GmbH besteht aus 9 Mitgliedern. Zur Betriebsratssitzung sind aber nur 6 Mitglieder erschienen. Der Betriebsrat ist auch in dieser Sitzung nur beschlussfähig, wenn mindestens 5 Mitglieder an der Beschlussfassung teilnehmen.

Ist die Anzahl der Betriebsratsmitglieder auch nach dem Nachrücken sämtlicher Ersatzmitglieder unter die gesetzlich vorgeschriebene Zahl gesunken, ist bis zur Neuwahl des Betriebsrats für die Beschlussfähigkeit die Zahl der noch vorhandenen Betriebsratsmitglieder maßgebend.

Beispiel

Durch das Ausscheiden eines Betriebsratsmitglieds ist die Zahl der Mitglieder des Betriebsrats der X GmbH dauerhaft auf 8 gesunken. Ersatzmitglieder waren nicht vorhanden. Bis zur Neuwahl ist der Betriebsrat der X GmbH beschlussfähig, wenn mindestens 4 Betriebsratsmitglieder an der Beschlussfassung teilnehmen.

Auch wenn der Betriebsrat nur vorübergehend nicht mit der gesetzlich vorgeschriebenen Zahl an Betriebsratsmitgliedern besetzt ist, weil ein Betriebsratsmitglied zeitweilig verhindert ist und Ersatzmitglieder nicht (mehr) zur Verfügung stehen, kommt es für die Beschlussfähigkeit des Betriebsrats auf die Zahl der noch vorhandenen Mitglieder an.

Ein bei der Beschlussfassung anwesendes Betriebsratsmitglied kann mit „Ja“ oder mit „Nein“ stimmen, sich enthalten oder gar nicht an der Abstimmung teilnehmen. Wichtig ist es, die Nichtteilnahme an der Abstimmung von einer Enthaltung zu unterscheiden. Ein Betriebsratsmitglied, das sich enthält, nimmt trotzdem an der Beschlussfassung teil und ist deshalb bei der Feststellung der Beschlussfähigkeit mitzuzählen. Ein Betriebsratsmitglied, das an der Abstimmung gar nicht teilnimmt, ist dagegen nicht mitzuzählen. Deshalb muss bei jeder Abstimmung klar sein, ob ein Betriebsratsmitglied an dieser teilnimmt oder nicht. In Zweifelsfällen sollte der Betriebsratsvorsitzende durch ausdrückliches Nachfragen ermitteln, ob ein Betriebsratsmitglied sich enthalten oder gar nicht an der Abstimmung teilnehmen will.

Da der Betriebsrat bei jedem einzelnen Beschuss beschlussfähig sein muss, sollte die Beschlussfähigkeit auch vor jeder einzelnen Abstimmung geprüft werden. Eine nur am Anfang der Betriebsratssitzung festgestellte Beschlussfähigkeit ist für die einzelnen später gefassten Beschlüsse grundsätzlich ohne Bedeutung. So kann z.B. ein Betriebsrat am Anfang einer Sitzung mangels einer ausreichenden Zahl anwesender Betriebsratsmitglieder noch beschlussunfähig sein. Im Verlauf der Sitzung kann er aber noch beschlussfähig werden, wenn später weitere Mitglieder hinzukommen. Umgekehrt kann trotz Anwesenheit aller Betriebsratsmitglieder Beschlussunfähigkeit vorliegen, wenn an einer konkreten Abstimmung nicht die erforderliche Mindestanzahl an Mitgliedern durch Abgabe einer Ja- oder Nein-Stimme oder einer Enthaltung teilnimmt.

Da ein Betriebsratsbeschluss unwirksam ist, wenn der Betriebsrat bei der Abstimmung nicht beschlussfähig war, sollte die Beschlussfähigkeit zu jedem Beschluss im Sitzungsprotokoll dokumentiert werden. Dazu sollte die Anzahl der Ja- und Nein-Stimmen sowie die der Enthaltungen im Protokoll schriftlich festgehalten werden.

Form

Für Betriebsratsbeschlüsse ist grundsätzlich keine besondere Form vorgeschrieben. Betriebsratsbeschlüsse müssen insbesondere nicht schriftlich festgehalten werden, damit sie wirksam sind. Zwar sieht § 34 Abs. 1 BetrVG vor, dass jeder Betriebsratsbeschluss in das Protokoll der Betriebsratssitzung aufzunehmen ist. Die Aufnahme in das Sitzungsprotokoll ist aber keine Voraussetzung für die Wirksamkeit eines Beschlusses. Dennoch ist sie zu Dokumentations- und Nachweiszwecken dringend zu empfehlen. Zusätzlich zum Wortlaut des Beschlusses sollte die Anzahl der Ja- und Nein-Stimmen sowie der Enthaltungen angegeben werden.

Für ganz bestimmte Betriebsratsbeschlüsse schreibt das Gesetz allerdings ausnahmsweise die Schriftform vor.

Beispiele:

  • Erlass einer Geschäftsordnung (§ 36 BetrVG)
  • Übertragung von Aufgaben auf den Betriebsausschuss, andere Ausschüsse oder Arbeitsgruppen (§ 27 Abs. 2 BetrVG, § 28 Abs. 1 BetrVG, § 28a Abs. 1 BetrVG)

Wenn bei diesen Beschlüssen die Schriftform nicht gewahrt ist, ist der Beschluss nicht wirksam.

Zur Wahrung der Schriftform muss der Text des Beschlusses und die Unterschrift des Betriebsratsvorsitzenden schriftlich festgehalten werden. Die Schriftform ist auch dann gewahrt, wenn der Beschluss in das Protokoll der Betriebsratssitzung aufgenommen und dieses vom Betriebsratsvorsitzenden und einem weiteren Betriebsratsmitglied unterschrieben wird.

Beschlussfassung (= Abstimmung)

Ein Betriebsratsbeschluss wird durch eine Abstimmung über den zu entscheidenden Antrag gefasst. Ein Antrag ist angenommen, wenn die jeweils erforderliche Anzahl an Betriebsratsmitgliedern mit „Ja“ gestimmt hat. Eine Enthaltung zählt als „Nein“.

Erforderliche Mehrheiten

Bei der Abstimmung hat jedes Betriebsratsmitglied eine Stimme.

Für das Zustandekommen eines Betriebsratsbeschlusses ist grundsätzlich die einfache Stimmenmehrheit bei der Abstimmung ausreichend. Die einfache Stimmenmehrheit ist erreicht, wenn die Mehrheit der Betriebsratsmitglieder, die sich an der Abstimmung beteiligt haben, mit „Ja“ gestimmt hat.

Beispiel

Von einem 9-köpfigen Betriebsrat nehmen 6 Betriebsratsmitglieder an einer Betriebsratssitzung teil. Bei einer Abstimmung über einen Antrag stimmen 4 Betriebsratsmitglieder mit “Ja” und 2 mit “Nein”. Da die Mehrheit der an der Abstimmung teilnehmenden Betriebsratsmitglieder mit “Ja” gestimmt hat, ist der Antrag angenommen.
An der Abstimmung beteiligt haben sich alle Betriebsratsmitglieder, die mit „Ja“ oder „Nein“ gestimmt oder sich der Stimmabgabe „enthalten“ haben. Eine Enthaltung zählt deshalb im Ergebnis wie ein „Nein“. Bei Stimmengleichheit ist der Antrag abgelehnt und der Beschluss nicht zustande gekommen. Es ist nicht so, dass in diesem Fall die Stimme des Betriebsratsvorsitzenden den Ausschlag geben würde.

Beispiel

Von einem 9-köpfigen Betriebsrat nehmen 6 Betriebsratsmitglieder an einer Betriebsratssitzung teil. Bei einer Abstimmung über einen Antrag stimmen 3 Betriebsratsmitglieder mit “Ja” und 2 mit “Nein”. Ein Betriebsratsmitglied enthält sich. Da in diesem Fall nicht die Mehrheit der an der Abstimmung teilnehmenden Betriebsratsmitglieder mit “Ja” gestimmt hat, ist der Antrag abgelehnt.
Die einfache Stimmenmehrheit der an der Abstimmung teilnehmenden Betriebsratsmitglieder ist nur dann nicht ausreichend, wenn das Gesetz ausdrücklich eine andere Mehrheit verlangt. In einigen Fällen schreibt das Gesetz eine absolute Mehrheit vor. Dann reicht die Mehrheit der Stimmen der an der Abstimmung teilnehmenden Betriebsratsmitglieder nicht aus. Es ist stattdessen die Mehrheit der Stimmen aller Betriebsratsmitglieder erforderlich.

Beispiel

Von einem 9-köpfigen Betriebsrat nehmen 6 Betriebsratsmitglieder an einer Betriebsratssitzung teil. In der Sitzung wird über den Rücktritt des BR abgestimmt. Ein Beschluss über den Rücktritt des BR muss mit absoluter Mehrheit gefasst werden (§ 13 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG). Bei einer Abstimmung über den Antrag stimmen 4 Betriebsratsmitglieder mit “Ja” und 2 mit “Nein”. Da in diesem Fall nicht die Mehrheit aller Betriebsratsmitglieder mit “Ja” gestimmt hat, ist der Antrag abgelehnt. Für eine Annahme hätten mindesten 5 Betriebsratsmitglieder mit “Ja” stimmen müssen.

In seltenen Fällen sieht das Gesetz eine Drei-Viertel-Mehrheit vor. Dann müssen mindestens drei Viertel aller Betriebsratsmitglieder mit “Ja” gestimmt haben.

Übersicht über die erforderlichen Mehrheiten beim Fassen von Betriebsratsbeschlüssen

 Bezeichnung

Bedeutung

wann erforderlich?

einfache Stimmenmehrheit

Mehrheit der Stimmen der an der Abstimmung teilnehmenden BR-Mitglieder

Regelfall (immer, wenn gesetzlich nichts anderes vorgeschrieben)

absolute Mehrheit

Mehrheit der Stimmen der BR-Mitglieder

  • Rücktritt des BR, § 13 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG
  • Übertragung von Aufgaben auf Ausschüsse, § 27 Abs. 3, § 28 BetrVG
  • Übertragung von Aufgaben auf Arbeitsgruppen, § 28a BetrVG
  • Aufstellung u. Änderung einer Geschäftsordnung, § 36 BetrVG
  • Beauftragung des GBR bzw. KBR, eine Angelegenheit für den BR mit der Unternehmensleitung zu behandeln, § 50 Abs. 2, § 58 Abs. 2 iVm § 54 Abs. 2 BetrVG
  • Übertragung von Aufgaben des Wirtschaftsausschusses auf Ausschuss des BR, § 107 Abs. 3 BetrVG

Drei-Viertel-Mehrheit

mindestens ¾ der Stimmen der BR-Mitglieder

  • Abberufung aus Ausschüssen, § 27 Abs. 1 BetrVG
  • Abberufung aus der Freistellung, § 38 Abs. 2 BetrVG

Art und Weise der Abstimmung

Der Betriebsrat muss über jeden Antrag bzw. Regelungsgenstand gesondert abstimmen.

Wie die Abstimmung durchgeführt wird, ist dem Betriebsrat selbst überlassen, sofern das Gesetz hierzu nicht ausnahmsweise besondere Vorschriften enthält. So kann z.B. mündlich, schriftlich oder durch Handheben abgestimmt werden. Ein Betriebsratsbeschluss kann auch durch ein schlüssiges Verhalten der Betriebsratsmitglieder zustande kommen (z.B. kein Widerspruch gegen einen bestimmten Antrag). Nicht möglich ist aber eine stillschweigende Beschlussfassung.

Besteht keine anderweitige Regelung in der Geschäftsordnung des Betriebsrats, wird offen abgestimmt. Geheim wird abgestimmt, wenn dies im Gesetz ausdrücklich vorgeschrieben ist (z.B. § 27 Abs. 1 Satz 5 BetrVG) oder wenn der Betriebsrat eine geheime Abstimmung beschließt.

Stimmrecht

Grundsätzlich hat jedes Betriebsratsmitglied das Recht, an allen Abstimmungen des Betriebsrats teilzunehmen. In Angelegenheiten, die überwiegend Arbeitnehmer unter 18 Jahren und Auszubildende betreffen, haben außerdem die Jugend- und Auszubildendenvertreter jeweils eine Stimme.

Ein Betriebsratsmitglied hat aber ausnahmsweise dann kein Stimmrecht, wenn es durch den zu fassende Beschluss in seiner Rechtsstellung als Arbeitnehmer oder Betriebsratsmitglied persönlich und unmittelbar betroffen ist (“Betriebsratsbeschluss in eigener Sache”).

Das Betriebsratsmitglied darf in diesen Fällen auch nicht an der der Abstimmung vorausgehenden Beratung des Betriebsrats teilnehmen. Grund dafür ist die Interessenkollision, in der sich das persönlich betroffene Betriebsratsmitglied befindet.

Beispiel

Der Arbeitgeber will dem Betriebsratsmitglied Herrn Meier fristlos kündigen, weil Herr Meier einen Vorgesetzten beleidigt haben soll. Der Arbeitgeber beantragt deshalb beim Betriebsrat dessen Zustimmung zu der Kündigung des Herrn Meier. Der Betriebsrat muss einen Beschluss darüber fassen, ob er der Kündigung zustimmt oder nicht. Das von der Entscheidung des Betriebsrats persönlich betroffene Betriebsratsmitglied Meier darf an der Beschlussfassung nicht teilnehmen.

Für das persönlich betroffene Betriebsratsmitglied nimmt das zuständige Ersatzmitglied an der Beratung und Beschlussfassung teil. Dieses ist vom Betriebsratsvorsitzenden zu der Betriebsratssitzung zu laden.

Wichtig!

Wenn ein persönlich und unmittelbar betroffenes Betriebsratsmitglied an der Beschlussfassung teilnimmt, ist der gefasste Beschluss grundsätzlich unwirksam.

Ein persönlich betroffenes Betriebsratsmitglied ist aber nur dann von der Abstimmung und der vorangehenden Beratung ausgeschlossen, wenn die Abstimmung seine Rechtsstellung als Arbeitnehmer oder Betriebsratsmitglied berührt. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn es um die eigene Beförderung, Kündigung, Eingruppierung, Versetzung oder den eigenen Ausschluss aus dem Betriebsrat geht. In diesen Fällen darf das Betriebsratsmitglied an der Abstimmung und der vorausgehenden Beratung nicht teilnehmen.

Dagegen ist ein Betriebsratsmitglied nicht daran gehindert, an Abstimmungen teilzunehmen, bei denen es um bloße Organisations- oder Geschäftsführungsfragen des Betriebsrats geht. Ein Betriebsratsmitglied darf deshalb z.B. an einer Abstimmung teilnehmen, bei der es um die eigene Wahl zum Betriebsratsvorsitzenden, zum Mitglied des Gesamtbetriebsrats oder Betriebsausschusses, um die Teilnahme an einer Schulung oder Fortbildung oder um eine Freistellung nach § 38 BetrVG geht.

Kann ein Betriebsratsmitglied seine Stimmabgabe anfechten?

In besonderen Ausnahmefällen kann in Betriebsratsmitglied die Möglichkeit haben, seine Stimmabgabe anzufechten. Voraussetzung dafür ist, dass das Mitglied durch einen Irrtum, eine Täuschung oder eine Drohung zu der Stimmabgabe veranlasst worden ist. Hat ein Betriebsratsmitglied seine Stimmabgabe wirksam angefochten und führt dies dazu, dass die für den Beschluss erforderliche Mehrheit nicht mehr erreicht wird, darf der Betriebsratsvorsitzende den Betriebsratsbeschluss grundsätzlich nicht mehr durchführen.

Unwirksamkeit eines Betriebsratsbeschlusses

Betriebsratsbeschlüsse können nichtig bzw. unwirksam sein, z.B. wenn bei der Beschlussfassung Fehler passieren. Unwirksame Betriebsratsbeschlüsse haben keine rechtliche Wirkung. Dies kann erhebliche negative Folgen haben.

Beispiel

Der Betriebsrat beschließt, 3 seiner Mitglieder auf eine Schulung zu schicken. Die Gesamtkosten belaufen sich auf 3.000,- €. Später stellt sich heraus, dass dem Betriebsrat bei der Beschlussfassung ein Fehler unterlaufen ist, der zur Unwirksamkeit des Beschlusses führt. Dies hat zur Folge, dass der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, die Schulungskosten zu tragen.

Gründe für die Unwirksamkeit eines Betriebsratsbeschlusses

Ein Betriebsratsbeschluss ist nichtig und damit unwirksam, wenn er

  • nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist,
  • einen gesetzwidrigen Inhalt hat oder
  • der Betriebsrat für den Regelungsgenstand des Beschlusses nicht zuständig ist.

Nicht ordnungsgemäße Beschlussfassung

Ein Betriebsratsbeschluss ist nichtig, wenn im Zusammenhang mit der Beschlussfassung gegen wichtige Vorschriften oder Grundsätze verstoßen worden ist, deren Beachtung bei einer Beschlussfassung unerlässlich ist. Kleine Formfehler bei der Beschlussfassung führen dagegen noch nicht zur Unwirksamkeit eines Betriebsratsbeschlusses.

Ein Betriebsratsbeschluss ist z.B. in den folgenden Fällen wegen nicht ordnungsgemäßer Beschlussfassung grundsätzlich unwirksam:

  • Beschlussfassung außerhalb einer Betriebsratssitzung
  • nicht ordnungsgemäße Ladung aller Betriebsratsmitglieder (und ggf. Ersatzmitglieder) zu der Betriebsratssitzung
  • keine rechtzeitige Mitteilung des entsprechenden Tagesordnungspunkts der Betriebsratssitzung
  • fehlende Beschlussfähigkeit
  • Nichterreichen der erforderlichen Stimmenmehrheit
  • Nichtbeachtung der Schriftform, falls diese ausnahmsweise erforderlich ist
  • die nach § 67 Abs. 2 BetrVG erforderliche Beteiligung der Jugend- und Auszubildendenvertreter ist unterblieben
  • Beteiligung eines nicht stimmberechtigten Betriebsratsmitglieds an der Beschlussfassung

Dagegen führen die folgenden Fehler grundsätzlich nicht zur Unwirksamkeit eines Betriebsratsbeschlusses:

  • fehlende Aufnahme des Beschlusses in das Sitzungsprotokoll
  • Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit einer Betriebsratssitzung

Verstoß gegen Gesetz

Ein Betriebsratsbeschluss ist auch dann ungültig, wenn er einen gesetzwidrigen Inhalt hat. Dies ist dann der Fall, wenn der Beschluss gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder einen Tarifvertrag verstößt.

Beispiele

  • Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz
  • Verstoß gegen die Diskriminierungsverbote des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG)
  • Verstoß gegen zwingende Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes

Fehlende Zuständigkeit des Betriebsrats

Ein Betriebsratsbeschluss ist schließlich dann unwirksam, wenn der Betriebsrat für den Regelungsgenstand des Beschlusses gar nicht zuständig war. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn der Betriebsrat einen Beschluss in einer Angelegenheit fasst, für die eigentlich der Gesamtbetriebsrat zuständig ist.

Nachträgliche Heilung eines ungültigen Betriebsratsbeschlusses

Ein wegen fehlerhafter Beschlussfassung unwirksamer Betriebsratsbeschlusses kann durch einen späteren ordnungsgemäßen Beschluss geheilt werden.

Problematisch ist aber, inwieweit die nachträgliche Heilung zeitlich zurückwirkt. Die zeitliche Rückwirkung der Heilung eines Betriebsratsbeschlusses kann in bestimmten Fällen ausgeschlossen sein. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn eine Erklärung des Betriebsrats innerhalb einer bestimmten Frist abgegeben werden muss.

Auch wenn die neue, den unwirksamen Beschluss heilende Beschlussfassung des Betriebsrats erst nach dem für die Beurteilung des Sachverhalts maßgeblichen Zeitpunkt erfolgt, ist die Rückwirkung der Heilung nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ausgeschlossen. Dies betrifft insbesondere Fälle, in denen dem Arbeitgeber durch einen Betriebsratsbeschluss eine Kostentragungspflicht auferlegt wird.

Beispiel

Das Betriebsratsmitglied Herr Meier nimmt an einer erforderlichen Betriebsratsschulung teil. Der Beschluss des Betriebsrats über die Entsendung des Herrn Meier zu der Schulung war jedoch unwirksam Dies fällt allerdings erst nach der Schulung auf. Auch wenn der Betriebsrat jetzt nachträglich einen wirksamen Beschluss über die Schulungsteilnahme fassen würde, müsste der Arbeitgeber die Schulungskosten nicht mehr tragen. Denn eine solche nachträgliche Genehmigung wirkt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht zurück und stellt damit keine Grundlage für eine Kostentragungspflicht des Arbeitgebers dar.

Anfechtung und gerichtliche Überprüfung eines Betriebsratsbeschlusses

Ein Betriebsratsbeschluss kann im rechtlichen Sinne nicht angefochten werden. Nur die Organisationsentscheidungen des Betriebsrats, die nicht durch einen Betriebsratsbeschluss, sondern durch Wahlen getroffen werden, sind anfechtbar (z.B. die Wahl des Betriebsratsvorsitzenden, die Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder).

Allerdings besteht in bestimmten Fällen die Möglichkeit, die Wirksamkeit eines Betriebsratsbeschlusses gerichtlich überprüfen zu lassen. Dazu muss ein entsprechender Antrag beim Arbeitsgericht eingereicht werden. Einen solchen Antrag kann jedes Betriebsratsmitglied stellen, wenn es geltend machen kann, dass es durch den Beschluss in eigenen Rechten verletzt ist.

Änderung oder Aufhebung eines Betriebsratsbeschlusses

So lange ein Betriebsratsbeschluss noch nicht durchgeführt worden ist und keine Außenwirkung entfaltet hat, kann der Betriebsrat den Beschluss jederzeit ändern oder aufheben. Für die Änderung bzw. Aufhebung muss der Betriebsrat lediglich einen weiteren Betriebsratsbeschluss fassen, mit dem er den alten Beschluss ändert oder aufhebt.

Beispiel

Der Betriebsrat fasst den Beschluss, zu der Kündigung eines Arbeitnehmers keine Stellungnahme abzugeben. Noch bevor dem Arbeitgeber dieser Beschluss mitgeteilt worden ist, wollen die Betriebsratsmitglieder der Kündigung aufgrund neuer Informationen widersprechen. Da der Beschluss ohne Mitteilung an den Arbeitgeber noch nicht durchgeführt worden ist, kann der Betriebsrat einfach einen neuen Beschluss mit dem Inhalt fassen, der Kündigung zu widersprechen.

Wenn ein Betriebsratsbeschluss aber bereits durchgeführt worden ist und Außenwirkung entfaltet hat, ist eine Änderung oder Aufhebung des Beschlusses nicht mehr möglich. Der Betriebsrat kann in einem solchen Fall nur prüfen, ob und wie er die Folgen des Beschlusses wieder rückgängig machen kann. Ist es durch den Beschluss z.B. zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung gekommen, kann der Betriebsrat beschließen, die Betriebsvereinbarung wieder zu kündigen.

Spezielle Fragen zum Thema Betriebsratsbeschluss

Die folgenden speziellen Fragen werden häufig zum Thema Betriebsratsbeschluss gestellt.

Kann gegen einen Betriebsratsbeschluss Widerspruch eingelegt werden?

Das Gesetz sieht keine Widerspruchsmöglichkeit gegen einen Betriebsratsbeschluss vor. Dies führt jedoch nicht dazu, dass z.B. Arbeitnehmer, einzelne Betriebsratsmitglieder oder auch der Arbeitgeber einem Betriebsratsbeschluss nicht widersprechen könnten. Ein solcher “Widerspruch” gegen einen Betriebsratsbeschluss hat allerdings keine besonderen rechtlichen Folgen. Wenn gegen einen Betriebsratsbeschluss – von wem auch immer – Widerspruch erhoben wird, sollte der Betriebsrat seinen Beschluss aber überprüfen und gegebenenfalls aufheben oder ändern.

Eine Art Widerspruchsrecht gegen Betriebsratsbeschlüsse haben die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) und die Schwerbehindertenvertretung. Diese Gremien haben die Möglichkeit, beim Betriebsrat die Aussetzung eines Betriebsratsbeschlusses für die Dauer von einer Woche zu beantragen (§ 35 BetrVG). Nach der Aussetzung muss der Betriebsrat einen Beschluss zu der Frage fassen, ob der ausgesetzte Beschluss aufgehoben, geändert oder aufrechterhalten werden soll.

Wo lassen sich die Betriebsratsbeschlüsse einsehen?

Betriebsratsbeschlüsse sind nach § 34 Abs. 1 BetrVG in die Sitzungsprotokolle der Betriebsratssitzungen aufzunehmen. Sie können daher durch Einsichtnahme der Sitzungsprotokolle angesehen werden. Ein Recht zur Einsicht der Sitzungsprotokolle des Betriebsrats steht allen Betriebsratsmitgliedern zu. Betriebsratsmitglieder haben das Recht, die Unterlagen des Betriebsrats jederzeit einzusehen (§ 34 Abs. 3 BetrVG).

Andere Personen haben grundsätzlich keinen Anspruch darauf, die Betriebsratsbeschlüsse einzusehen.

Muster und Vorlagen für Betriebsratsbeschlüsse

Video: Betriebsratsbeschluss

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Autor: Dr. jur Henning Kluge

Dr. Henning Kluge ist Rechtsanwalt und Fachwanwalt für Arbeitsrecht. Er berät und unterstützt Betriebsräte bei rechtlichen Fragen und bei Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber.

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