Der Betriebsratsvorsitzende

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Der Betriebsratsvorsitzende (Abkürzung: BR-Vorsitzender oder BRV) wird vom Betriebsrat gewählt. Er ist vor allem für die Durchführung der Betriebsratssitzungen und die Vertretung des Betriebsrats gegenüber Dritten zuständig. Das Amt des Betriebsratsvorsitzenden hat deshalb eine herausragende Bedeutung.

Hier finden Sie Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Amt des Betriebsratsvorsitzenden.

Wahl des Betriebsratsvorsitzenden

Der Betriebsratsvorsitzende wird vom Betriebsrat gewählt (§ 26 Abs. 1 BetrVG).

Zeitpunkt der Wahl

Die erstmalige Wahl des Betriebsratsvorsitzenden erfolgt in der so genannten konstituierenden Sitzung des Betriebsrats. Die konstituierende Sitzung ist die erste Sitzung des Betriebsrats nach der Betriebsratswahl. Sie wird vom Wahlvorstand einberufen und vom Vorsitzenden des Wahlvorstands geleitet (§ 29 Abs. 1 BetrVG). Die Ladung der Betriebsratsmitglieder zu der konstituierenden Betriebsratssitzung hat innerhalb einer Frist von einer Woche nach dem Tag der Betriebsratswahl zu erfolgen.

Nach der erstmaligen Wahl in der konstituierenden Sitzung des Betriebsrats muss der Betriebsratsvorsitzende immer dann neu gewählt werden, wenn der alte Amtsinhaber aus irgendeinem Grund aus dem Amt ausgeschieden ist.

Durchführung der Wahl

An der Wahl des Betriebsratsvorsitzenden dürfen nur die Betriebsratsmitglieder teilnehmen (bzw. bei Verhinderung eines Betriebsratsmitglieds das jeweilige Ersatzmitglied). Auch die Betriebsratsmitglieder, die für das Amt des Betriebsratsvorsitzenden kandidieren, dürfen bei der Wahl ihre Stimme abgeben.

Zum Betriebsratsvorsitzenden kann nur ein Betriebsratsmitglied gewählt werden. Ein Ersatzmitglied kann nur dann zum Betriebsratsvorsitzenden gewählt werden, wenn es dauerhaft in den Betriebsrat nachgerückt ist. Weitere Voraussetzungen als die Mitgliedschaft im Betriebsrat bestehen für die Kandidatur zum Betriebsratsvorsitzenden nicht. Zum Betriebsratsvorsitzenden können auch Betriebsratsmitglieder gewählt werden, die lediglich in Teilzeit arbeiten.

Besondere gesetzliche Vorschriften für die Wahl gibt es nicht. Der Betriebsratsvorsitzende kann durch eine mündliche Stimmabgabe oder durch eine Stimmabgabe per Handzeichen gewählt werden. Die Wahl muss allerdings geheim durchgeführt werden, wenn ein Betriebsratsmitglied eine geheime Wahl beantragt.

Gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhält. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los.

Bei der Wahl muss der Betriebsrat beschlussfähig sein. Dies ist der Fall, wenn an der Wahl mindestens die Hälfte der Betriebsratsmitglieder teilnehmen.

Das gewählte Betriebsratsmitglied muss die Wahl zum Betriebsratsvorsitzenden nicht ausdrücklich annehmen. Es wird auch ohne Annahmeerklärung Betriebsratsvorsitzender.

Die Wahl des Betriebsratsvorsitzenden ist in ein Sitzungsprotokoll aufzunehmen, in dem die Namen der der Kandidaten und die Anzahl der Stimmen anzugeben sind, die auf die einzelnen Kandidaten entfallen sind.

Die Wahl eines Betriebsratsvorsitzenden und eines Stellvertreters ist eine gesetzliche Pflicht des Betriebsrats. Kommt der Betriebsrat dieser Pflicht nicht nach, kann er nach § 23 Abs. 1 BetrVG aufgelöst werden.

Anfechtung der Wahl

Die Wahl des Betriebsratsvorsitzenden kann beim Arbeitsgericht angefochten werden.

Jedes einzelne Betriebsratsmitglied ist berechtigt, die Wahl anzufechten. Anders als bei der Anfechtung einer Betriebsratswahl ist es also nicht erforderlich, dass mindestens drei Personen gemeinsam die Wahl anfechten. Auch eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft kann die Wahl des Betriebsratsvorsitzenden anfechten. Der Arbeitgeber ist dagegen nicht zur Anfechtung der Wahl des Betriebsratsvorsitzenden berechtigt.

Der Antrag auf Anfechtung der Wahl des Betriebsratsvorsitzenden muss innerhalb einer Frist von zwei Wochen beim Arbeitsgericht eingereicht werden, wobei die Frist in der Regel mit dem Tag der Wahl zu laufen beginnt.

Voraussetzung für eine erfolgreiche Anfechtung ist, dass bei der Wahl gegen wesentliche Wahlvorschriften verstoßen worden ist. Ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften kann z.B. in den folgenden Fällen vorliegen:

  • nicht ordnungsgemäße Ladung zu der Betriebsratssitzung
  • Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit der Betriebsratssitzung
  • fehlende Beschlussfähigkeit des Betriebsrats bei der Wahl
  • offene Abstimmung durch Handheben oder mündliche Stimmabgabe, obwohl geheime Wahl beantragt war

Aufgaben und Pflichten des Betriebsratsvorsitzenden

Der Gesetzgeber hat dem Betriebsratsvorsitzenden eine Reihe besonderer Aufgaben und Pflichten übertragen, die er zu erledigen hat.

Aufgaben

Der Betriebsratsvorsitzende hat zunächst einmal alle Aufgaben, die ein “normales” Betriebsratsmitglied auch hat. Denn er ist auch nach seiner Wahl zum Betriebsratsvorsitzenden weiterhin Betriebsratsmitglied. Daneben hat der Betriebsratsvorsitzende aber zusätzliche besondere Aufgaben, Befugnisse und Rechte, die ihm das Gesetz zuweist. Dazu gehören insbesondere die folgenden:

  • Vertretung des Betriebsrats nach Außen (insbesondere gegenüber dem Arbeitgeber)
  • Einberufung der Betriebsratssitzungen
  • Leitung der Betriebsratssitzungen
  • Hausrecht während der Betriebsratssitzungen
  • Unterzeichnung der Sitzungsprotokolle
  • Leitung der Betriebsversammlungen
  • Hausrecht in den Betriebsversammlungen

In Betriebsratsgremien mit weniger als neun Mitgliedern kann dem Vorsitzenden außerdem die Führung der laufenden Geschäfte des Betriebsrats übertragen werden. Unter den „laufenden Geschäften“ des Betriebsrats sind interne, verwaltungsmäßige, organisatorische und ggf. wiederkehrende Aufgaben des Betriebsrats zu verstehen. Dazu zählen z.B. die Erledigung des Schriftverkehrs, die Entgegennahme von Anträgen von Arbeitnehmern, die Einholung von Auskünften und die Vorbereitung von Betriebsratssitzungen sowie von Betriebs-, Teil- und Abteilungsversammlungen.

In Betriebsratsgremien mit neun oder mehr Mitgliedern werden diese laufenden Geschäfte vom Betriebsausschuss geführt. Der Betriebsratsvorsitzende ist automatisch Mitglied im Betriebsausschuss.

Pflichten

Die dem Betriebsratsvorsitzenden übertragenen Aufgaben sind gleichzeitig auch seine Pflichten. Denn der Betriebsratsvorsitzende ist dazu verpflichtet, die ihm übertragenen Aufgaben zu erledigen. Es gehört also zu den Pflichten des Betriebsratsvorsitzenden,

  • den Betriebsrat nach Außen zu vertreten (das heißt Erklärungen mit rechtlich erheblicher Bedeutung für den Betriebsrat abzugeben und entgegenzunehmen)
  • Betriebsratssitzungen einzuberufen, die Tagesordnung festzulegen, und die Betriebsratsmitglieder zu den Sitzungen einzuladen,
  • die Betriebsratssitzungen zu leiten,
  • das Hausrecht während der Betriebsratssitzungen auszuüben,
  • die Sitzungsprotokolle zu unterschreiben,
  • Betriebsversammlungen zu leiten,
  • das Hausrecht in den Betriebsversammlungen auszuüben,
  • die Mitgliedschaft im Betriebsausschuss wahrzunehmen.

In Betriebsratsgremien mit weniger als neun Mitgliedern ist der Betriebsratsvorsitzende außerdem verpflichtet, die laufenden Geschäfte des Betriebsrats zu führen, wenn ihm diese Aufgabe übertragen worden ist.

Der Betriebsratsvorsitzende ist des Weiteren dazu verpflichtet, nur im Rahmen der vom Betriebsrat gefassten Beschlüsse zu handeln. Handelt der Betriebsratsvorsitzende eigenmächtig ohne Vorliegen eines entsprechenden Betriebsratsbeschlusses, begeht er eine Pflichtverletzung.

Welche Folgen haben Pflichtverletzungen des Betriebsratsvorsitzenden?

Der Betriebsratsvorsitzende kann z.B. dadurch seine Pflichten verletzen, dass er die ihm übertragenen Aufgaben nicht erledigt oder dass er eigenmächtig ohne das Vorliegen eines entsprechenden Betriebsratsbeschlusses handelt. Wenn der Betriebsratsvorsitzende seine Pflichten verletzt, kann dies verschiedene Folgen haben.

Der Betriebsratsvorsitzende kann bei einer Pflichtverletzung vom Betriebsrat abgesetzt und aus seinem Amt abberufen werden.

Wenn dem Betriebsratsvorsitzenden eine grobe Pflichtverletzung vorgeworfen werden kann, kann dieser auf Antrag des Betriebsrats, des Arbeitgebers, einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft oder mindestens eines Viertels der wahlberechtigten Arbeitnehmer auch aus dem Betriebsrat ausgeschlossen werden.

Schließlich kann es sein, dass sich der Betriebsratsvorsitzende durch eine Pflichtverletzung (insbesondere durch die unbefugte Abgabe einer Erklärung für den Betriebsrat) schadensersatzpflichtig macht.

Was ist bei Abwesenheit des Betriebsratsvorsitzenden?

Wenn der Betriebsratsvorsitzende vorübergehend sein Amt nicht ausüben kann, weil er verhindert ist (z.B. wegen Krankheit, Urlaub, Elternzeit, Dienstreise usw.), werden seine Aufgaben vom stellvertretenden Vorsitzenden übernommen. Für die Zeit der Verhinderung des Betriebsratsvorsitzenden tritt der Stellvertreter an dessen Stelle. In dieser Zeit sind insbesondere auch die vom Arbeitgeber an den Betriebsrat gerichteten Erklärungen vom stellvertretenden Vorsitzenden entgegenzunehmen.

Der Betriebsratsvorsitzende ist dann verhindert, wenn er aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht in der Lage ist, sein Amt auszuüben. Es gelten die gleichen Grundsätze wie bei der Vertretung eines vorübergehend verhinderten Betriebsratsmitglieds durch ein Ersatzmitglied.

Noch keine Verhinderung im rechtlichen Sinne liegt vor, wenn der Betriebsratsvorsitzende nur für wenige Stunden abwesend ist. Bei einer derartig kurzen Abwesenheit tritt also der stellvertretende Vorsitzende  noch nicht an die Stelle des Betriebsratsvorsitzenden und übernimmt dessen Aufgaben. Dies kann aber anders sein, wenn der Betriebsrat eine unaufschiebbare Angelegenheit erledigen muss.

Befindet sich der Betriebsratsvorsitzende im Urlaub, liegt grundsätzlich ein Verhinderungsfall vor und der Betriebsratsvorsitzende wird durch den stellvertretenden Vorsitzenden vertreten. Wenn der Betriebsratsvorsitzende allerdings erklärt, sein Amt trotz seines Urlaubs ausüben zu wollen, ist er nicht verhindert. Er wird dann nicht durch den stellvertretenden Vorsitzenden vertreten. Gleiches gilt, wenn sich der bzw. die Betriebsratsvorsitzende in Elternzeit oder in Mutterschutz befindet.

Sind Betriebsratsvorsitzender und Stellvertreter gleichzeitig verhindert, kann/muss der Betriebsrat die Vertretung durch einen Beschluss regeln. Da der Betriebsrat Beschlüsse nur in einer Betriebsratssitzung fassen kann, die Ladung zu einer Betriebsratssitzung aber eigentlich nur durch den Betriebsratsvorsitzenden bzw. dessen Stellvertreter möglich ist, kann der Betriebsrat in diesem Fall auch ohne eine entsprechende Ladung zu einer Betriebsratssitzung zusammentreten (Selbstzusammentrittsrecht).

Der Fall der Vertretung bei gleichzeitiger Abwesenheit von Betriebsratsvorsitzendem und Stellvertreter kann aber auch schon vorsorglich in der Geschäftsordnung des Betriebsrats oder einem vorab gefassten Beschluss des Betriebsrats geregelt werden.

Hat der Betriebsrat seine Vertretung für den Fall, dass sowohl der Vorsitzende als auch der Stellvertreter verhindert sind, nicht geregelt, kann der Arbeitgeber Erklärungen grundsätzlich gegenüber jedem Betriebsratsmitglied abgeben. Jedes Betriebsratsmitglied ist dann verpflichtet, an den Betriebsrat gerichtete Erklärungen des Arbeitgebers entgegenzunehmen. Die Erklärung geht dem Betriebsrat dann im Zeitpunkt des Zugangs bei dem jeweiligen Betriebsratsmitglied zu. Folge ist, dass auch bereits in diesem Zeitpunkt etwaige Fristen zu laufen beginnen.

Wenn der Betriebsratsvorsitzende ganz aus seinem Amt ausscheidet, ist er vom Betriebsrat neu zu wählen. Es ist nicht so, dass bei einem Ausscheiden des Betriebsratsvorsitzenden der Stellvertreter nachrückt und das Amt des Betriebsratsvorsitzenden übernimmt. Zum Zweck der Neuwahl des Betriebsratsvorsitzenden hat der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende unverzüglich eine Betriebsratssitzung mit einem entsprechenden Tagesordnungspunkt einzuberufen. Wenn sowohl der Betriebsratsvorsitzende als auch der Stellvertreter aus ihren Ämtern ausgeschieden sind und für diesen Fall keine Vertretungsregelung besteht, hat der Betriebsrat ein Selbstzusammentrittsrecht, um den Betriebsratsvorsitzenden neu zu wählen.

Vertretung des Betriebsrats durch den Betriebsratsvorsitzenden

Eine wichtige Aufgabe des Betriebsratsvorsitzenden besteht darin, den Betriebsrat nach Außen (insbesondere gegenüber dem Arbeitgeber) zu vertreten. Zur Vertretung des Betriebsrats gehört die Abgabe von Erklärungen für den Betriebsrat sowie die Entgegennahme von Erklärungen, die an den Betriebsrat gerichtet sind.

Abgabe von Erklärungen

Der Betriebsratsvorsitzende vertritt den Betriebsrat „im Rahmen der von ihm gefassten Beschlüsse“ (§ 26 Abs. 2 Satz 1 BetrVG). Das heißt, der Betriebsratsvorsitzende übermittelt lediglich Erklärungen des Betriebsrats, er trifft keine eigenen Entscheidungen für den Betriebsrat. Der Betriebsratsvorsitzende ist an die Beschlüsse des Betriebsrats gebunden. Deshalb sind Erklärungen des Betriebsratsvorsitzenden für den Betriebsrat auch nur dann bindend, wenn diese durch einen ordnungsgemäßen Betriebsratsbeschluss gedeckt sind.

Beispiel

Betriebsrat und Arbeitgeber haben über eine Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit verhandelt. Der Arbeitgeber hat einen Formulierungsvorschlag für diese Betriebsvereinbarung vorgelegt. Sowohl der Arbeitgeber als auch der Betriebsratsvorsitzende unterschreiben diese Betriebsvereinbarung. Der Betriebsrat hatte aber noch keinen Beschluss darüber gefasst, ob er diesem Formulierungsvorschlag zustimmt. Da der Betriebsratsvorsitzende ohne einen Beschluss des Betriebsrats gehandelt hat, entfaltet die Betriebsvereinbarung keine rechtliche Wirkung.

Der Betriebsrat kann aber eine vom Betriebsratsvorsitzenden im Namen des Betriebsrats getroffene Vereinbarung, für die kein Betriebsratsbeschluss vorlag, durch einen Beschluss nachträglich genehmigen. Die rechtliche Unwirksamkeit der getroffenen Vereinbarung wird dadurch geheilt.

Die nachträgliche Genehmigung wirkt grundsätzlich zeitlich zurück auf den Zeitpunkt der Vornahme der Handlung durch den Betriebsratsvorsitzenden. Wenn der Betriebsratsvorsitzende ohne Betriebsratsbeschluss eine Vereinbarung abgeschlossen hat und der Betriebsrat diese Vereinbarung nachträglich genehmigt, gilt die Vereinbarung deshalb in der Regel als von Anfang an wirksam.

Die Rückerstreckung der Genehmigung auf den Zeitpunkt der Vornahme der Handlung ist allerdings in bestimmten Fällen ausgeschlossen. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn eine Erklärung innerhalb einer bestimmten Frist abgegeben werden muss. Auch wenn die Beschlussfassung des Betriebsrats über die Genehmigung des Handelns des Betriebsratsvorsitzenden erst nach dem für die Beurteilung des Sachverhalts maßgeblichen Zeitpunkt erfolgt, ist die Rückwirkung der Genehmigung ausgeschlossen. Dies betrifft insbesondere Vereinbarungen, durch die dem Arbeitgeber eine Kostentragungspflicht auferlegt wird.

Entgegennahme von Erklärungen

Der Betriebsratsvorsitzende hat des Weiteren die Aufgabe, Erklärungen entgegenzunehmen, die an den Betriebsrat gerichtet sind. Dies gilt generell für alle Arten von Erklärungen und Mitteilungen gegenüber dem Betriebsrat, z.B. vom Arbeitgeber, von Arbeitnehmern oder von anderen Gremien wie z.B. der Schwerbehindertenvertretung oder dem Wirtschaftsausschuss.

Mit der Abgabe der Erklärung gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden ist die Erklärung zugleich auch gegenüber dem Betriebsrat abgegeben. Deshalb beginnen bereits mit dem Zugang der Erklärung beim Betriebsratsvorsitzenden etwaige Fristen zu laufen (z.B. die Frist zur Zustimmungsverweigerung nach § 99 Abs. 3 BetrVG).

Wichtig!

Bereits mit dem Zugang einer Erklärung bei dem Betriebsratsvorsitzenden beginnen für den Betriebsrat etwaige Fristen zu laufen.

Wenn eine für den Betriebsrat bestimmte Erklärung nicht gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden, sondern gegenüber einem anderen Betriebsratsmitglied abgegeben wird, ist die Erklärung dem Betriebsrat damit noch nicht zugegangen. In einem solchen Fall wird das Betriebsratsmitglied lediglich als Bote des Erklärenden eingesetzt. Die Erklärung ist dem Betriebsrat erst dann zugegangen, wenn sie dem Betriebsratsvorsitzenden oder dem Betriebsrat als Gremium übermittelt worden ist. Erst in diesem Zeitpunkt beginnen dann z.B. Fristen zu laufen. Wird die Erklärung nicht an den Vorsitzenden oder den Betriebsrat weitergegeben, z.B. weil das Betriebsratsmitglied die Weitergabe vergisst, ist die Erklärung dem Betriebsrat nicht zugegangen und kann keine Rechtsfolgen auslösen.

Der Betriebsratsvorsitzende ist nicht dazu verpflichtet, Erklärungen des Arbeitgebers außerhalb der Arbeitszeit oder außerhalb des Betriebs entgegenzunehmen. Lehnt der Betriebsratsvorsitzende die Entgegennahme einer Erklärung außerhalb der Arbeitszeit oder außerhalb des Betriebs ab, gilt eine solche Erklärung als nicht zugegangen. Nimmt der Vorsitzende die Erklärung dagegen an, ist sie dem Betriebsrat mit der Entgegennahme zugegangen.

Der Betriebsrat kann beschließen, dass (auch) andere Betriebsratsmitglieder für die Entgegennahme von Erklärungen zuständig sind.

Stellung des Betriebsratsvorsitzenden

Der Betriebsratsvorsitzende ist der Vertreter des Betriebsrats. Ohne einen Betriebsratsvorsitzenden ist der Betriebsrat weitgehend handlungsunfähig. Außerdem kann der Arbeitgeber Verhandlungen mit einem Betriebsrat ohne Betriebsratsvorsitzenden grundsätzlich verweigern. Der Betriebsratsvorsitzende hat im Betriebsrat deshalb durchaus eine herausgehobene Stellung. Andererseits ist der Betriebsratsvorsitzende aber auch weiterhin normales Betriebsratsmitglied mit allen dazugehörigen Rechten und Pflichten.

Arbeitsbefreiung und Freistellung des Betriebsratsvorsitzenden

Der Betriebsratsvorsitzende hat seine Aufgaben grundsätzlich während seiner persönlichen Arbeitszeit zur erledigen. Damit er dies kann, muss er in dem erforderlichen Umfang von der Arbeit befreit werden. Für die Arbeitsbefreiung und die Freistellung des Betriebsratsvorsitzenden gelten die allgemeinen Regeln wie für alle anderen Betriebsratsmitglieder auch.

Wenn im Betrieb mindestens 200 Arbeitnehmer beschäftigt sind, kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber verlangen, dass der Betriebsratsvorsitzende nach § 38 BetrVG generell von der Arbeit freigestellt wird. Voraussetzung für eine solche generelle Freistellung des Betriebsratsvorsitzenden ist, dass dieser vom Betriebsrat als freizustellendes Betriebsratsmitglied gewählt worden ist. Die Wahl des Betriebsratsvorsitzenden als freigestelltes Betriebsratsmitglied nach § 38 BetrVG ist nicht zwingend. Der Betriebsrat muss bei der Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder nicht unbedingt (auch) den Betriebsratsvorsitzenden wählen.

Ein Betriebsratsvorsitzender ohne generelle Freistellung nach § 38 BetrVG hat einen Anspruch auf vorübergehende Arbeitsbefreiung nach § 37 Abs. 2 BetrVG (z.B. wenn er eine Betriebsratssitzung vorbereiten muss).

Kündigungsschutz des Betriebsratsvorsitzenden

Der Betriebsratsvorsitzende hat denselben besonderen Kündigungsschutz, den alle anderen Betriebsratsmitglieder auch haben. Die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Betriebsratsvorsitzenden durch den Arbeitgeber ist grundsätzlich unzulässig (§ 15 Kündigungsschutzgesetz).

Die außerordentliche (fristlose) Kündigung ist dagegen möglich. Sie setzt allerdings voraus, dass ein „wichtiger Grund“ vorliegt. Dies ist nur dann der Fall, wenn dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses – auch unter Berücksichtigung der Interessen des Betriebsratsvorsitzenden – noch nicht einmal bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zugemutet werden kann. Außerdem muss der Arbeitgeber zunächst die Zustimmung des Betriebsrats einholen, bevor er das Arbeitsverhältnis des Betriebsratsvorsitzenden fristlos kündigen kann. Ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrats ist die Kündigung unwirksam.

Gehalt des Betriebsratsvorsitzenden

Die Wahl zum Betriebsratsvorsitzenden hat keinen Einfluss auf die Vergütung des gewählten Betriebsratsmitglieds. Der Betriebsratsvorsitzende hat nach seiner Wahl weiterhin Anspruch auf dasselbe Gehalt auf das er vorher Anspruch hatte. Das Amt des Betriebsratsvorsitzenden ist wie das Amt eines normalen Betriebsratsmitglieds ein unentgeltliches Ehrenamt. Maßgeblich für die Entlohnung des Betriebsratsvorsitzenden sind die allgemeinen Regeln.

Auch wenn es sich bei dem Amt des Betriebsratsvorsitzenden um eine sehr verantwortungsvolle Position handelt, hat ein Betriebsratsmitglied allein deshalb, weil es zum Betriebsratsvorsitzenden gewählt worden ist, keinen Anspruch auf eine Gehaltserhöhung. Ein Anspruch eines Betriebsratsvorsitzenden auf mehr Gehalt kann nur aus den allgemeinen arbeitsrechtlichen Anspruchsgrundlagen (z.B. aufgrund einer Tariflohnerhöhung) oder aus § 37 Abs. 4 BetrVG folgen. Betriebsratsmitglieder haben nach 37 Abs. 4 BetrVG einen Anspruch auf Anpassung ihres Gehalts an das Gehalt “vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher Entwicklung”.

Ist der Betriebsratsvorsitzende Vorgesetzter?

Der  Betriebsratsvorsitzende ist ein Betriebsratsmitglied, das einige zusätzliche Aufgaben und Befugnisse hat. Zu diesen besonderen Befugnissen gehört aber nicht das Recht, den anderen Betriebsratsmitgliedern Weisungen zu erteilen. Der Betriebsratsvorsitzende ist gegenüber den anderen Betriebsratsmitgliedern nicht weisungsbefugt. Er ist nicht der Vorgesetzte der anderen Betriebsratsmitglieder.

Amtszeit des Betriebsratsvorsitzenden

Die Wahl des Betriebsratsvorsitzenden gilt grundsätzlich für die gesamte Amtszeit des Betriebsrats. Der Betriebsrat hat jedoch auch die Möglichkeit, die Länge der Amtszeit des Betriebsratsvorsitzenden von vornherein auf eine bestimmte Zeit zu begrenzen (z.B. auf die ersten zwei Jahre der Amtszeit des Betriebsrats).

Vorzeitige Beendigung der Amtszeit

Die Amtszeit des Betriebsratsvorsitzenden kann vorzeitig enden, etwa durch

  • die Abberufung durch den Betriebsrat,
  • die erfolgreiche Anfechtung der Wahl zum Betriebsratsvorsitzenden,
  • den Rücktritt bzw. die Amtsniederlegung durch den Betriebsratsvorsitzenden selbst oder
  • das Ausscheiden des Betriebsratsvorsitzenden aus dem Betriebsrat.

In allen Fällen, in denen der Betriebsratsvorsitzende vorzeitig aus dem Amt ausscheidet, ist so schnell wie möglich ein neuer Betriebsratsvorsitzender zu wählen.

Amtsniederlegung

Der Betriebsratsvorsitzende kann sein Amt von sich aus aufgeben und zurücktreten. Ein Grund für die Niederlegung des Amts des Betriebsratsvorsitzenden ist nicht erforderlich.

Die Amtsniederlegung erfolgt durch die Abgabe einer entsprechenden Erklärung gegenüber dem Betriebsrat. Eine besondere Form ist für diese Erklärung nicht vorgeschrieben. Der Betriebsratsvorsitzende muss die Amtsniederlegung lediglich eindeutig und unwiderruflich erklären.

Wie kann der Betriebsrat den Betriebsratsvorsitzenden „loswerden“?

Der Betriebsratsvorsitzende ist grundsätzlich für die gesamte Amtszeit des Betriebsrats gewählt. Er kann aber durch den Betriebsrat durch einen entsprechenden Beschluss auch jederzeit wieder abgewählt werden („Misstrauensvotum“). Ein besonderer Grund muss für die Abberufung nicht vorliegen.

Mit der Abberufung verliert der Betriebsratsvorsitzende sein Amt. Er bleibt aber selbstverständlich weiter Betriebsratsmitglied.

Für die Abberufung des Betriebsratsvorsitzenden ist ein Betriebsratsbeschluss erforderlich, der auf einer ordnungsgemäß einberufenen Betriebsratssitzung gefasst werden muss. Da der Betriebsratsvorsitzende nur in seltenen Fällen seine eigene Abberufung auf die Tagesordnung einer Betriebsratssitzung setzen wird, ist für die Einberufung einer Sitzung mit einem entsprechenden Tagesordnungspunkt in der Regel ein Antrag der Betriebsratsmitglieder erforderlich („Misstrauensantrag“). Dieser Antrag muss von mindestens einem Viertel der Betriebsratsmitglieder gestellt werden. Auch der Arbeitgeber kann die Einberufung einer Betriebsratssitzung zur Abwahl des Betriebsratsvorsitzenden verlangen.

Wenn der Betriebsratsvorsitzende ein Misstrauen gegen sich empfindet, durch das er sich daran gehindert sieht, sein Amt weiterhin auszuüben, kann er auch selbst die „Vertrauensfrage“ stellen, indem er eine Abstimmung über seine eigene Abberufung auf die Tagesordnung einer Betriebsratssitzung setzt.

Für die Abberufung des Betriebsratsvorsitzenden genügt die einfache Stimmenmehrheit. Der Betriebsrat muss bei der Abstimmung beschlussfähig sein, das heißt es müssen mindestens die Hälfte der Betriebsratsmitglieder an der Abstimmung teilnehmen. Der Betriebsratsvorsitzende darf an der Abstimmung selbst teilnehmen.

Nach der Abwahl ist der Betriebsratsvorsitzende schnellstmöglich neu zu wählen.

Der Betriebsratsvorsitzende tritt zurück, was nun?

Wenn der Betriebsratsvorsitzende zurücktritt oder wenn dieser aus irgendeinem anderen Grund aus dem Amt ausscheidet, muss der Betriebsrat so schnell wie möglich einen neuen Vorsitzenden wählen. Es ist nicht etwa so, dass in einem solchen Fall automatisch der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende zum neuen Betriebsratsvorsitzenden wird. Allerdings übernimmt der stellvertretende Vorsitzende als Vertreter des Betriebsratsvorsitzenden dessen Aufgaben bis zur Neuwahl.

Der Betriebsratsvorsitzende kann nur auf einer Betriebsratssitzung neu gewählt werden. Für die Neuwahl des Betriebsratsvorsitzenden muss deshalb eine Betriebsratssitzung einberufen werden. Dafür zuständig ist der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende. Dieser muss schnellstmöglich eine Betriebsratssitzung einberufen und die Neuwahl des Betriebsratsvorsitzenden auf die Tagesordnung setzen. Sind sowohl der Betriebsratsvorsitzende als auch der stellvertretende Vorsitzende aus ihrem Amt ausgeschieden, kann der Betriebsrat auch ohne ordnungsgemäße Ladung selbst zu einer Betriebsratssitzung zusammentreten, um einen neuen Betriebsratsvorsitzenden zu wählen.

Die Neuwahl des Betriebsratsvorsitzenden nach dessen Rücktritt findet nach den gleichen Grundsätzen statt wie die erstmalige Wahl.

Der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende

Der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende (Abkürzung: stellv. BR-Vorsitzender oder stellv. BRV) ist der Vertreter des Betriebsratsvorsitzenden.

Wahl und Amtszeit des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden

Auch der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende wird vom Betriebsrat gewählt. Für die Wahl gelten dieselben Grundsätze wie für die Wahl des Betriebsratsvorsitzenden. Zu beachten ist aber, dass die Wahl zum Betriebsratsvorsitzenden und die Wahl zum stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden getrennt erfolgen müssen.

Für die Amtszeit des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden gilt ebenfalls dasselbe wie für den Betriebsratsvorsitzenden. Auch der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende wird in der Regel für die gesamte Amtszeit des Betriebsrats gewählt. Die Amtszeit kann vorzeitig enden, z.B. durch Abberufung durch den Betriebsrat, erfolgreiche Anfechtung der Wahl, Amtsniederlegung oder Ausscheiden aus dem Betriebsrat.

Aufgaben des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden

Der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende vertritt den Betriebsratsvorsitzenden, wenn dieser verhindert ist. Für die Dauer der Vertretung hat der Stellvertreter die gleichen Aufgaben, Befugnisse und Rechte wie der Vorsitzende. Gründe für eine Verhinderung des Betriebsratsvorsitzenden können z.B. Urlaub oder Krankheit sein.

Der stellvertretende Vorsitzende tritt nur dann an die Stelle des Betriebsratsvorsitzenden und kann nur dann dessen Aufgaben übernehmen, wenn dieser auch wirklich verhindert ist. Der Stellvertreter des Betriebsratsvorsitzenden ist kein zweiter Vorsitzender. Der Betriebsratsvorsitzende kann dem stellvertretenden Vorsitzenden auch nicht einzelne seiner Aufgaben übertragen.

Der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende gehört – wie der Betriebsratsvorsitzende – automatisch dem Betriebsausschuss an.

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Autor: Dr. jur Henning Kluge

Dr. Henning Kluge ist Rechtsanwalt und Fachwanwalt für Arbeitsrecht. Er berät und unterstützt Betriebsräte bei rechtlichen Fragen und bei Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber.

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