Beantragt der Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrats zu einer Versetzung, stehen dem Betriebsrat mehrere Reaktionsmöglichkeiten offen – jeweils mit unterschiedlichen rechtlichen Folgen. Dieser Beitrag zeigt auf, welche Handlungsoptionen dem Betriebsrat zur Verfügung stehen und welche rechtlichen Konsequenzen sich daraus ergeben.
von Rechtsanwalt Dr. jur. Henning Kluge
Wenn der Arbeitgeber beim Betriebsrat die Zustimmung zu einer Versetzung beantragt, hat der Betriebsrat die Aufgabe, die Versetzung zu prüfen und zu entscheiden, wie er darauf reagieren will.
Für den Betriebsrat kommen vier verschiedene Möglichkeiten in Betracht, wie er einen solchen Antrag des Arbeitgebers beantworten kann. Der Betriebsrat kann
- seine Zustimmung zu der Versetzung verweigern,
- dem Arbeitgeber gegebenenfalls einen anderen Arbeitnehmer für die Versetzung vorschlagen,
- der Versetzung zustimmen oder
- keine Stellungnahme zu der Versetzung abgeben.
Die ersten beiden Möglichkeiten kann der Betriebsrat auch kombinieren. Das heißt, er kann seine Zustimmung zu der Versetzung verweigern und dem Arbeitgeber zugleich auch einen anderen Arbeitnehmer für die Versetzung vorschlagen.
Zustimmung verweigern
Der Betriebsrat kann seine Zustimmung zu einer Versetzung verweigern, wenn in der konkreten Situation einer der im Gesetz für den Betriebsrat vorgesehenen Gründe für eine Zustimmungsverweigerung in Betracht kommt.
Wenn der Betriebsrat seine Zustimmung zu einer Versetzung formal ordnungsgemäß verweigert hat, ist diese Zustimmungsverweigerung für den Arbeitgeber rechtsverbindlich. Der Arbeitgeber muss sich dann überlegen, ob er auf die Versetzung verzichten oder ob er trotz der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung daran festhalten will. Falls der Arbeitgeber auf die Versetzung verzichtet, ist die Angelegenheit damit erledigt.
Wenn der Arbeitgeber die Versetzung aber trotz der Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats durchführen will, müsste er ein Arbeitsgerichtsverfahren einleiten und beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung des Betriebsrats zu der Versetzung zu ersetzen. Falls der Arbeitgeber kein solches arbeitsgerichtliches Zustimmungsersetzungsverfahren einleitet und die Versetzung trotzdem vornimmt, könnte der Betriebsrat beim Arbeitsgericht beantragen, dass der Arbeitgeber die Versetzung wieder aufheben muss.
Wenn der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht einen Antrag auf Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung eingereicht hat und er mit diesem Antrag Erfolg hat, darf er die Versetzung trotz der Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats doch noch umsetzen. Falls er keinen Erfolg hat und sein Antrag zurückgewiesen wird, dürfte der Arbeitgeber die Versetzung nicht vornehmen.
Ob der Arbeitgeber mit seinem Antrag beim Arbeitsgericht Erfolg hat, hängt vor allem davon ab, ob der Zustimmungsverweigerungsgrund, den der Betriebsrat geltend gemacht hat, tatsächlich vorliegt.
Beispiel:
Die Express Logistik GmbH beschäftigt den Lagerarbeiter Andreas Becker im Warenausgang. Nachdem Herr Becker mehrfach Beschwerden über Sicherheitsmängel im Lager bei der Geschäftsleitung und dem Betriebsrat eingereicht hat, entscheidet der Arbeitgeber, dass Herr Becker zukünftig nur noch Reinigungsarbeiten durchführen soll.
Der Betriebsrat verweigert seine Zustimmung zu dieser Versetzung mit der Begründung, dass diese gegen das Maßregelungsverbot verstößt. Die Zuweisung der Reinigungsarbeiten sei offensichtlich nur erfolgt, um Herrn Becker wegen der eingereichten Beschwerden über Sicherheitsmängel zu bestrafen.
Das Arbeitsgericht würde in diesem Fall prüfen, ob die Zuweisung der Reinigungsarbeiten tatsächlich gegen das Maßregelungsverbot verstößt. Wenn das Arbeitsgericht zu dem Ergebnis kommt, dass der vom Betriebsrat geltend gemachte Zustimmungsverweigerungsgrund vorliegt, wird das Arbeitsgericht den Antrag des Arbeitgebers zurückweisen und die Zustimmung des Betriebsrats zu der Versetzung nicht ersetzen. Dem Arbeitgeber ist die Durchführung der von ihm eigentlich geplanten Versetzung dann verboten. Wenn das Arbeitsgericht dagegen zu dem Ergebnis kommt, dass der vom Betriebsrat geltend gemachte Zustimmungsverweigerungsgrund nicht gegeben ist, wird der Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht Erfolg haben und das Arbeitsgericht wird ihm die Zustimmung zu der Versetzung erteilen. Der Arbeitgeber dürfte die Versetzung dann vornehmen.
Der Betriebsrat könnte seine Zustimmung zu einer Versetzung auch dann verweigern, wenn keiner der im Gesetz für ihn vorgesehenen Zustimmungsverweigerungsgründe in Betracht kommt. In diesem Fall wäre die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats für den Arbeitgeber aber nicht rechtsverbindlich. Der Arbeitgeber könnte die Versetzung trotz der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung vornehmen.
Vorläufige Versetzung
Wenn der Betriebsrat seine Zustimmung zu einer Versetzung verweigert hat, hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, die Versetzung vorläufig trotzdem durchzuführen, auch wenn das Arbeitsgericht die Zustimmung zu der Versetzung noch nicht ersetzt hat. Grund dafür ist, dass ein Arbeitsgerichtsverfahren längere Zeit dauern kann und die Durchführung der Versetzung vielleicht nicht so lange warten kann, weil die zu versetzende Person dringend als Arbeitskraft auf dem anderen Arbeitsplatz gebraucht wird.
Der Arbeitgeber hat deshalb die Möglichkeit, eine Versetzung trotz der Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats sofort umzusetzen, falls dies „aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist”.
Anderen Arbeitnehmer vorschlagen
Wenn für die Versetzung mehrere Arbeitnehmer in Betracht kommen, besteht eine weitere Möglichkeit für den Betriebsrat darin, dem Arbeitgeber eine andere Person für die Versetzung vorzuschlagen als diejenige, die der Arbeitgeber versetzen will.
Beispiel:
Der Arbeitgeber möchte den Lagermitarbeiter Markus Schneider zum Schichtleiter befördern. Der Betriebsrat ist der Auffassung, dass die Lagerarbeiterin Sabine Müller aber viel besser für diese Position geeignet wäre als Herr Schneider. Der Betriebsrat schlägt dem Arbeitgeber deshalb vor, an Stelle von Herrn Schneider Frau Müller zu befördern.
Der Betriebsrat kann die Versetzung eines anderen Arbeitnehmers jedoch nicht erzwingen. Wenn der Betriebsrat dem Arbeitgeber einen anderen Arbeitnehmer für die Versetzung vorgeschlagen hat, muss der Arbeitgeber diesen Vorschlag zwar ernsthaft prüfen. Anschließend kann der Arbeitgeber aber frei entscheiden, ob er an der Versetzung des von ihm ausgewählten Arbeitnehmers festhalten will.
Allerdings kann der Betriebsrat unter Umständen erheblichen Druck auf den Arbeitgeber bei der Auswahlentscheidung ausüben, wenn er zugleich auch seine Zustimmung zu der Versetzung der vom Arbeitgeber ausgewählten Person verweigert. Denn in diesem Fall müsste der Arbeitgeber ein Arbeitsgerichtsverfahren durchführen, um sich die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung des von ihm ausgewählten Arbeitnehmers vom Arbeitsgericht ersetzen zu lassen. Die mit einem solchen Arbeitsgerichtsverfahren verbundenen Mühen und Kosten könnte sich der Arbeitgeber ersparen, wenn er auf den Vorschlag des Betriebsrats eingehen und die vom Betriebsrat vorgeschlagene Person versetzen würde.
Wenn der Betriebsrat dem Arbeitgeber nur einen anderen Arbeitnehmer für die Versetzung vorschlägt, aber nicht zusätzlich auch seine Zustimmung zu der Versetzung verweigert, gilt die Zustimmung des Betriebsrats nach Ablauf von einer Woche ab Zugang des Antrags des Arbeitgebers und Erhalt sämtlicher erforderlicher Informationen und Unterlagen als erteilt.
Zustimmung erteilen
Der Betriebsrat hat selbstverständlich auch die Möglichkeit, seine Zustimmung zu der vom Arbeitgeber beabsichtigten Versetzung zu erteilen. Diese Option ist naheliegend, wenn bei einer Versetzung keiner der gesetzlich vorgesehenen Zustimmungsverweigerungsgründe ernsthaft in Betracht kommt und es auch keinen Grund dafür gibt, einen anderen Arbeitnehmer zu versetzen als denjenigen, den der Arbeitgeber versetzen will.
Wenn der Betriebsrat seine Zustimmung zu einer Versetzung erteilt hat, kann der Arbeitgeber sie im Anschluss sofort umsetzen.
Keine Stellungnahme abgeben
Der Betriebsrat hätte auch die Möglichkeit, keine Stellungnahme zu der vom Arbeitgeber beabsichtigten Versetzung abzugeben. Dass der Betriebsrat keine Stellungnahme zu einer vom Arbeitgeber beabsichtigten Versetzung abgibt, ist allerdings eher unüblich.
Wenn der Betriebsrat keine Stellungnahme abgibt, gilt seine Zustimmung zu der Versetzung nach Ablauf von einer Woche ab Zugang des Antrags des Arbeitgebers und Erhalt sämtlicher erforderlicher Informationen und Unterlagen als erteilt. Nach Ablauf dieser Wochenfrist könnte der Arbeitgeber die Versetzung vornehmen.