Bevor der Arbeitgeber eine Versetzung durchführen darf, braucht er dafür die Zustimmung des Betriebsrats. In dringenden Fällen kann der Arbeitgeber eine Versetzung aber auch ohne Zustimmung des Betriebsrats durchführen. Dieser Beitrag zeigt auf, welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen und wie der Betriebsrat hierauf reagieren kann.
von Rechtsanwalt Dr. jur. Henning Kluge
Wenn der Betriebsrat seine Zustimmung zu einer Versetzung formal ordnungsgemäß verweigert hat, darf der Arbeitgeber die Versetzung zunächst nicht vornehmen. Der Arbeitgeber kann dann zwar beim Arbeitsgericht die Ersetzung der vom Betriebsrat nicht erteilten Zustimmung beantragen. Der Arbeitgeber dürfte die Versetzung jedoch erst vornehmen, wenn das Arbeitsgericht die Zustimmung des Betriebsrats ersetzt hat und die Entscheidung des Arbeitsgerichts rechtskräftig geworden ist. Bis ein Arbeitsgerichtsverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist, kann allerdings eine geraume Zeit vergehen. Es ist mit einem Zeitraum von mindestens mehreren Monaten zu rechnen.
Es gibt Situationen, in denen die Versetzung eines Arbeitnehmers nicht so lange warten kann. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer, den er versetzen will, dringend als Arbeitskraft auf dem anderen Arbeitsplatz braucht.
Der Arbeitgeber hat deshalb die Möglichkeit, eine Versetzung auch ohne die Zustimmung des Betriebsrats oder eine rechtskräftige Ersetzung durch das Arbeitsgericht vorläufig durchzuführen. Er kann eine Versetzung praktisch sofort vornehmen, wenn er argumentieren kann, dass deren vorzeitige Umsetzung „aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist”.
Wenn der Arbeitgeber von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, wird der Arbeitnehmer aber nur vorläufig versetzt. Die Versetzung kann noch nicht endgültig erfolgen, weil für eine endgültige Versetzung erst noch geklärt werden muss, ob die Zustimmung des Betriebsrats zu der Versetzung noch erteilt oder vom Arbeitsgericht ersetzt wird.
Gesonderte Unterrichtung des Betriebsrats
Wenn der Arbeitgeber eine Versetzung umsetzen will, ohne dass die Zustimmung des Betriebsrats zu der Versetzung vorliegt oder vom Arbeitsgericht rechtskräftig ersetzt worden ist, muss der Arbeitgeber darüber noch einmal gesondert den Betriebsrat informieren. Dabei muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat auch darlegen, warum die vorläufige Versetzung „aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist”. Parallel dazu muss er den Arbeitnehmer, den er versetzen will, über die Sach- und Rechtslage aufklären.
Reaktion des Betriebsrats
Wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat über die vorläufige Durchführung der Versetzung informiert hat, muss der Betriebsrat anschließend einen Beschluss darüber fassen, wie er sich zu der vorläufigen Versetzung positionieren will. Der Betriebsrat muss entscheiden, ob er gegenüber dem Arbeitgeber bestreiten will, dass die vorläufige Versetzung tatsächlich „aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist”.
Muster:
Der Betriebsrat bestreitet, dass die vorläufige Durchführung der Versetzung von Herrn / Frau … [Name] aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist.
Abstimmungsergebnis:
Ja … / Nein … / Enthaltungen …
Wenn der Betriebsrat beschlossen hat, zu bestreiten, dass die vorläufige Versetzung aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, muss er dies dem Arbeitgeber mitteilen. Begründen muss der Betriebsrat dieses Bestreiten aber nicht.
Muster:
Vorläufige Versetzung von Herrn / Frau … [Name]
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit Schreiben vom … [Datum] hatten Sie die Zustimmung des Betriebsrats zu der Versetzung von Herrn / Frau … [Name] beantragt. Mit Schreiben vom … [Datum] haben wir Ihnen mitgeteilt, dass der Betriebsrat seine Zustimmung zu dieser personellen Einzelmaßnahme verweigert. Nunmehr haben Sie uns darüber informiert, dass Sie die Versetzung vorläufig durchführen werden.
Der Betriebsrat hat in seiner Sitzung am … [Datum] beschlossen, zu bestreiten, dass die vorläufige Durchführung der Versetzung aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist. Wir haben Sie daher aufzufordern, die vorläufige Versetzung entweder aufzuheben oder binnen drei Tagen beim Arbeitsgericht die Feststellung zu beantragen, dass die vorläufige Durchführung der Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist.
Mit freundlichen Grüßen
(Betriebsratsvorsitzende/r)
Die Mitteilung über das Bestreiten der dringenden Erforderlichkeit an den Arbeitgeber muss unverzüglich erfolgen. Am besten informiert der Betriebsratsvorsitzende den Arbeitgeber darüber direkt nach der Betriebsratssitzung, auf der der Betriebsrat den entsprechenden Beschluss gefasst hat.
Wenn der Betriebsrat die Dringlichkeit der Versetzung nicht bestreitet, kann der Arbeitgeber die Versetzung ohne Weiteres vorläufig durchführen oder, wenn sie schon erfolgt ist, die vorläufige Versetzung weiter aufrechterhalten. Gleiches gilt, wenn der Betriebsrat den Arbeitgeber nicht unverzüglich über sein Bestreiten der Dringlichkeit informiert.
Wenn der Betriebsrat die Dringlichkeit der Versetzung nicht bestreitet, sollte er den Arbeitgeber darüber kurz informieren.
Muster:
Vorläufige Versetzung von Herrn / Frau … [Name]
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit Schreiben vom … [Datum] haben Sie den Betriebsrat darüber informiert, dass Sie die Versetzung von Herrn … / Frau … vorläufig durchführen werden.
Der Betriebsrat hat in seiner Sitzung am … [Datum] beschlossen, die dringende Erforderlichkeit dieser vorläufigen Versetzung nicht zu bestreiten.
Mit freundlichen Grüßen
(Betriebsratsvorsitzende/r)
Ablauf nach Bestreiten der dringenden Erforderlichkeit
Wenn der Betriebsrat beschlossen hat, die Dringlichkeit der vorläufigen Versetzung zu bestreiten und er dies dem Arbeitgeber unverzüglich mitgeteilt hat, darf der Arbeitgeber die vorläufige Versetzung nur dann vornehmen bzw. weiter aufrechterhalten, wenn er innerhalb von 3 Tagen ab Erhalt der Mitteilung des Betriebsrats beim Arbeitsgericht beantragt:
- Die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu der Versetzung.
- Die Feststellung, dass die vorläufige Versetzung aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.
Macht der Arbeitgeber das nicht, darf er die vorläufige Versetzung nicht vornehmen bzw. er muss sie nach Ablauf der dreitägigen Frist sofort beenden. Andernfalls könnte der Betriebsrat beim Arbeitsgericht beantragen, dass der Arbeitgeber die Versetzung aufheben muss.
Wenn der Arbeitgeber ein Arbeitsgerichtsverfahren mit den beiden oben beschriebenen Anträgen eingeleitet hat, liegt die folgende Situation vor:
- Eine Person ist vorläufig versetzt worden.
- Parallel läuft ein Arbeitsgerichtsverfahren zu den Fragen, ob die Zustimmung des Betriebsrats zu der endgültigen Versetzung ersetzt wird und ob die vorläufige Versetzung dringend erforderlich war.
Für das Endergebnis kommt es entscheidend nur darauf an, ob das Arbeitsgericht die Zustimmung des Betriebsrats zu der endgültigen Versetzung ersetzt.
Wenn das Arbeitsgericht die Zustimmung des Betriebsrats zu der endgültigen Versetzung ersetzt und diese Entscheidung rechtskräftig geworden ist, darf der Arbeitgeber die vorläufig durchgeführte Versetzung auf Dauer aufrechterhalten. Die vorläufige Versetzung wandelt sich in eine endgültige Versetzung um.
Wenn das Arbeitsgericht die Zustimmung des Betriebsrats zu der endgültigen Versetzung dagegen nicht ersetzt, muss der Arbeitgeber die vorläufige Versetzung beenden. Der vorläufig versetzte Arbeitnehmer würde seinen alten Arbeitsbereich zurückbekommen.