Es ist weithin bekannt, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat anhören muss, bevor er einem Arbeitnehmer kündigen darf. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung wäre allein aus diesem Grund unwirksam. Aber wie sieht das eigentlich aus, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer nicht durch den Ausspruch einer Kündigung beenden will, sondern durch den Abschluss eines freiwilligen Aufhebungsvertrages? Muss der Arbeitgeber dann auch vorher den Betriebsrat informieren und dem Betriebsrat Gelegenheit zur Stellungnahme geben?
Auf diese Idee kann man ja durchaus kommen denn sowohl bei einer Kündigung als auch bei dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages geht es ja im Ergebnis um dasselbe, es geht darum, dass das Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer beendet werden soll.
Und es gibt auch tatsächlich Situationen, in denen der Arbeitgeber erst einmal den Betriebsrat informieren muss, bevor er mit einem Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag abschließen darf. Welche Situationen das sind, dazu kommen wir gleich.
Als Grundsatz gilt aber, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat nicht mit einbeziehen muss, bevor er mit einem Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag abschließt.
Im Betriebsverfassungsgesetz ist in § 102 nur für den Fall eine vorherige Anhörung des Betriebsrats ausdrücklich vorgesehen, dass der Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung beenden will. Und ein Aufhebungsvertrag ist nunmal keine Kündigung.
Und man muss auch sagen, dass ein Arbeitnehmer bei dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages nicht den gleichen Schutz braucht wie bei einer Kündigung, weil der Abschluss eines Aufhebungsvertrags für einen Arbeitnehmer ja freiwillig ist.
In den Situationen, in denen es um den Abschluss eines Aufhebungsvertrages geht, kann sich der Arbeitnehmer – wenn er das will – dadurch den Schutz des Betriebsrats holen, dass er immer ein Betriebsratsmitglied zu den entsprechenden Gesprächen mit dem Arbeitgeber bzw. mit der Personalabteilung mitnehmen kann, um bei diesen Gesprächen von dem Betriebsratsmitglied unterstützt zu werden.
Wann muss der Betriebsrat auch vor dem Abschluss von Aufhebungsverträgen beteiligt werden?
Aber was sind das jetzt für Situationen, in denen der Arbeitgeber den Betriebsrat dann doch im Vorfeld zwingend mit einbeziehen muss, bevor er mit einem Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag abschließt?
Das sind Situationen, in denen der Arbeitgeber die Arbeitsverhältnisse mit einer größeren Anzahl von Arbeitnehmern beenden will.
Im Kündigungsschutz ist geregelt, dass der Arbeitgeber erst einmal den Betriebsrat informieren und mit dem Betriebsrat beraten muss, wenn er innerhalb von 30 Kalendertagen eine bestimmte Anzahl an Arbeitnehmern entlassen will.
Je nach Betriebsgröße gibt es hier unterschiedliche Schwellenwerte, die relevant sind.
In Betrieben mit bis zu 59 Mitarbeitern liegt der Schwellenwert bei 6 Mitarbeitern, in Betrieben mit 60 bis 260 Mitarbeitern liegt der Schwellenwert bei 10% der Gesamtzahl der Mitarbeiter, in Betrieben mit 261 bis 499 Mitarbeitern liegt er bei 26 Mitarbeitern und in Betrieben ab 500 Mitarbeitern liegt er bei 30 Mitarbeitern.
Wenn der Arbeitgeber Mitarbeiter entlassen will und dabei innerhalb von 30 Kalendertagen diese Schwellenwerte erreicht werden, dann muss der Arbeitgeber vorher den Betriebsrat mit einbeziehen.
Und ganz wichtig: Als Entlassungen im Sinne der entsprechenden Vorschrift des Kündigungsschutzgesetzes zählen nicht nur betriebsbedingte Kündigungen, sondern auch Aufhebungsverträge, die der Arbeitgeber auf seine Initiative hin mit Arbeitnehmern abschließen will.
Bei der Prüfung, ob der Schwellenwert erreicht ist, kommt es deshalb darauf an, wie viele Arbeitsverhältnisse der Arbeitgeber insgesamt beenden will und es müssen alle beabsichtigten Kündigungen und Aufhebungsverträge zusammengerechnet werden.
Und wenn der maßgebliche Schwellenwert erreicht ist, dann muss der Arbeitgeber den Betriebsrat informieren und mit dem Betriebsrat beraten, bevor er auch nur einen einzigen Aufhebungsvertrag mit einem Arbeitnehmer abschließt.
Jetzt nochmal kurz zu der im Kündigungsschutzgesetz enthaltenen Vorgaben, dass die erforderliche Anzahl an Entlassungen innerhalb von 30 Kalendertagen erfolgen muss.
Für die generelle Frage, ob der Arbeitgeber den Betriebsrat vor dem Abschluss von Aufhebungsverträgen mit einbeziehen muss, kommt es auf diese Voraussetzung meistens eigentlich gar nicht an.
Denn selbst wenn die Kündigungen und Aufhebungsverträge nicht innerhalb eines Zeitfensters von 30 Tagen ausgesprochen bzw. abgeschlossen werden sollen, sondern innerhalb eines längeren Zeitraums, die Kündigungen und Aufhebungsverträge aber auf einen einheitlichen Entschluss bzw. auf eine einheitliche Planung des Arbeitgebers zurückzuführen sind, dann muss der Arbeitgeber den Betriebsrat trotzdem im Vorfeld mit einbeziehen.
Weil es sich dann nämlich um eine Betriebsänderung im Sinne von § 111 BetrVG handelt und dann der Arbeitgeber erst einmal mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich verhandeln muss, bevor der erste Aufhebungsvertrag abgeschlossen wird.
Das gilt jedenfalls für Betriebe mit bis zu 600 Mitarbeitern, hier gelten für die Frage, ob ein Personalabbau eine Betriebsänderung dieselben Schwellenwerte, die wir gerade besprochen haben.
Bei größeren Betrieben mit mehr als 600 Mitarbeitern gilt aber, dass mindestens 5% der Arbeitnehmer durch Kündigungen oder Aufhebungsverträge entlassen werden sollen, damit ein reiner Personalabbau als Betriebsänderung gilt.