Wird der Betriebsrat zu einer vom Arbeitgeber beabsichtigten Kündigung angehört, kann er unterschiedlich Stellung nehmen: durch Widerspruch, das Äußern von Bedenken, ausdrückliche Zustimmung oder Schweigen. Dieser Beitrag erläutert die rechtlichen Grundlagen dieser Optionen, ihre jeweiligen Voraussetzungen sowie die daraus resultierenden Folgen.
von Rechtsanwalt Dr. jur. Henning Kluge
Wenn der Betriebsrat vom Arbeitgeber zu einer Kündigung angehört wird, hat er die Aufgabe, sich mit dieser Kündigung auseinanderzusetzen und zu entscheiden, welche Art von Stellungnahme er dazu gegenüber dem Arbeitgeber abgeben will.
Für den Betriebsrat kommen vier verschiedene Möglichkeiten für eine Stellungnahme zu einer Kündigung in Betracht. Der Betriebsrat kann
- der Kündigung widersprechen,
- Bedenken gegen die Kündigung äußern,
- der Kündigung zustimmen oder
- keine Stellungnahme abgeben.
Den Ausspruch einer Kündigung verbieten kann der Betriebsrat dem Arbeitgeber nicht. Der Betriebsrat hat bei Kündigungen kein Veto-Recht, anders als bei den personellen Einzelmaßnahmen nach § 99 BetrVG (Einstellungen, Versetzungen, Ein- und Umgruppierungen). Das bedeutet, ganz egal wie der Betriebsrat reagiert, der Arbeitgeber darf die von ihm beabsichtigte Kündigung nach ordnungsgemäßer Durchführung des Anhörungsverfahrens aussprechen.
Eine Ausnahme gilt allerdings, wenn der Arbeitgeber einem Betriebsratsmitglied kündigen möchte. Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Betriebsratsmitglieds benötigt der Arbeitgeber die vorherige Zustimmung des Betriebsrats. Seine Zustimmung zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Betriebsratsmitglieds kann der Betriebsrat verweigern und dem Arbeitgeber den Ausspruch der Kündigung dadurch (vorerst) verbieten.
Widerspruch
Wenn ein Betriebsrat gegen die vom Arbeitgeber beabsichtigte Kündigung ist, kann er der Kündigung widersprechen. Ein Widerspruch stellt die stärkste Form des Widerstands des Betriebsrats gegen eine Kündigung dar. Er sollte in Betracht gezogen werden, wenn der Betriebsrat den Arbeitnehmer bestmöglich gegen die (drohende) Kündigung unterstützen möchte.
Mit einem Widerspruch kann der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Kündigung zwar nicht verbieten. Der Arbeitgeber darf eine Kündigung auch dann aussprechen, wenn der Betriebsrat ihr widersprochen hat. Ein ordnungsgemäßer Widerspruch des Betriebsrats gegen eine ordentliche Kündigung löst aber zwei wichtige Rechtsfolgen aus, falls der Arbeitgeber im Anschluss die Kündigung ausspricht:
- Der Arbeitnehmer kann einen vorläufigen Weiterbeschäftigungsanspruch erwerben.
- Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer zusammen mit der Kündigung eine Kopie der Stellungnahme des Betriebsrats aushändigen.
Einzelheiten zu diesen beiden Rechtsfolgen werden weiter unten näher erläutert.
Einen Widerspruch gegen eine Kündigung, der die gerade beschriebenen Rechtsfolgen auslöst, kann ein Betriebsrat allerdings nur dann einlegen, wenn es sich um eine ordentliche Kündigung handelt und in dem konkreten Fall einer der im Gesetz für den Betriebsrat vorgesehenen Widerspruchsgründe zumindest in Betracht kommt. Auf die verschiedenen Widerspruchsgründe wird weiter unten noch ausführlich eingegangen.
Die Möglichkeit eines Widerspruchs hat der Betriebsrat nach dem Gesetzeswortlaut nur bei einer ordentlichen Kündigung. Ein Widerspruch gegen eine außerordentliche Kündigung ist im Gesetz nicht vorgesehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann der Betriebsrat aber auch einer außerordentlichen Kündigung widersprechen. Ein Widerspruch gegen eine außerordentliche Kündigung löst allerdings nicht die gerade beschriebenen Rechtsfolgen aus. Etwas anderes gilt nur für den sehr seltenen Fall einer sogenannten „außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist“.
Bedenken äußern
Wenn der Betriebsrat sich gegen eine Kündigung aussprechen will, kann er statt der Kündigung zu widersprechen, auch Bedenken gegen die Kündigung äußern. Das Äußern von Bedenken ist im Vergleich zu einem Widerspruch eine etwas mildere Form der Ablehnung einer Kündigung.
Auch wenn der Betriebsrat Bedenken äußert, darf der Arbeitgeber die Kündigung dennoch aussprechen. Durch seine Bedenken kann der Betriebsrat aber gegebenenfalls erreichen, dass der Arbeitgeber seine Kündigungsabsicht noch einmal überdenkt und von der Kündigung Abstand nimmt. Realistisch betrachtet wird ein Arbeitgeber jedoch in den meisten Fällen trotz der Einwände des Betriebsrats an einer geplanten Kündigung festhalten. Wenn der Betriebsrat wirklich gute Argumente gegen die Kündigung hat, kann es ihm aber unter Umständen doch gelingen, den Arbeitgeber noch einmal umzustimmen.
Zustimmung
Es gibt Situationen, in denen ein Betriebsrat die vom Arbeitgeber beabsichtigte Kündigung eines Arbeitnehmers unterstützt. Das kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn ein Arbeitnehmer nachweislich eine schwerwiegende Straftat zu Lasten des Arbeitgebers begangen hat oder wenn ein Arbeitnehmer Kollegen beleidigt oder gemobbt hat. In derartigen Situationen sollte der Betriebsrat ernsthaft in Erwägung ziehen, die Kündigungsabsicht des Arbeitgebers zu unterstützen. Wenn ein Betriebsrat die Kündigungsabsicht des Arbeitgebers unterstützen will, hat er die Möglichkeit, der Kündigung ausdrücklich zuzustimmen.
Die einzige wirkliche Rechtsfolge einer vorbehaltlosen und ausdrücklichen Zustimmung des Betriebsrats zu einer Kündigung besteht allerdings darin, dass der Arbeitgeber anschließend die Kündigung sofort aussprechen kann und nicht erst noch die Stellungnahmefrist des Betriebsrats von einer Woche oder 3 Tagen abwarten muss, die der Betriebsrat eigentlich hat.
Die Zustimmung des Betriebsrats zu einer Kündigung führt dagegen nicht dazu, dass der gekündigte Arbeitnehmer dann schlechtere Chancen hätte, sich gegen die Kündigung zu wehren. Der Arbeitnehmer kann auch dann eine Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung beim Arbeitsgericht einreichen, wenn der Betriebsrat der Kündigung zugestimmt hat. Auf die Erfolgsaussichten dieser Kündigungsschutzklage hat die Zustimmung des Betriebsrats zu der Kündigung keinen Einfluss. Denn für die Frage der Wirksamkeit der Kündigung spielt die Zustimmung des Betriebsrats keine Rolle. Allerdings kann es sein, dass dem Arbeitnehmer beim Arbeitsgericht trotzdem vorgehalten wird, dass der Betriebsrat der Kündigung zugestimmt habe. Dies kann für manchen Arbeitnehmer unter Umständen eine etwas unangenehme Situation sein.
Keine Stellungnahme
Wenn der Betriebsrat sich zu einer Kündigung bewusst neutral positionieren will oder wenn die drei oben dargestellten Optionen einfach keine Mehrheit im Betriebsrat finden, besteht für den Betriebsrat auch die Möglichkeit, einfach gar keine Stellungnahme zu der Kündigung abzugeben.
Der Betriebsrat kann dem Arbeitgeber dazu entweder ausdrücklich mitteilen, dass er zu der Kündigung keine Stellungnahme abgibt. Er könnte aber auch einfach seine Frist zur Stellungnahme ohne eine Mitteilung an den Arbeitgeber verstreichen lassen.
Wenn der Betriebsrat dem Arbeitgeber ausdrücklich und vorbehaltlos mitteilt, keine Stellungnahme zu der Kündigung abzugeben, könnte der Arbeitgeber im Anschluss die Kündigung aussprechen, ohne noch den Ablauf der Stellungnahmefrist abwarten zu müssen, die der Betriebsrat eigentlich hat.